Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
zu einem mehr als günstigen Preis an den jungen Dr. L., der – wohl aus Dankbarkeit – zu ihrem willfährigen Werkzeug wurde. Den Verkaufserlös brachte die spielsüchtige Witwe in den Spielbanken Bayerns durch.
Nachdem Therese O. alles verspielt hatte, arbeitete sie tatsächlich zwei Jahre als OP -Schwester in einem großen Klinikum, schaffte aber nicht den erhofften Karrieresprung. Den angestrebten Posten einer Pflegedienstleiterin bekam sie nicht. Daraufhin kündigte sie. Da sie unfähig war, sich unterzuordnen, und generell mit Vorgesetzten Probleme hatte, machte sie sich mit einem Altenpflegedienst selbstständig, wobei zu ihren Kunden auch Dr. von W. gehörte. Er brauchte nur einmal täglich Hilfe, vorwiegend im Haushalt. Die medizinische Betreuung war durch seinen langjährigen Hausarzt Dr. H. gewährleistet.
Therese O. musste Schulden machen, um die für ihren Pflegedienst notwendigen Investitionen aufbringen zu können. Allein der Gründungskredit betrug 100 000 Euro. Da es aber an einem tragfähigen unternehmerischen Konzept fehlte und sie immer wieder Geld für ihre Spielsucht abzweigte, ließ sich das finanzielle Fiasko nicht abwenden. Die Verbindlichkeiten waren auf 250 000 Euro angewachsen – sie stand kurz vor dem Offenbarungseid.
Gut ein Jahr zuvor hatte sie erstmals die Betreuung Dr. von W.s übernommen, der vorher von wech selnden Mitarbeiterinnen versorgt worden war. Das markierte einen Wendepunkt in ihrem Leben.
Therese O. sah den alten Mann, sah die große, teure Eigentumswohnung mit ihren Wertgegenständen und erfuhr, dass Dr. von W. keine Ver wandten mehr hatte. Sie entschloss sich daher, ab sofort persönlich die Betreuung dieses Patienten zu übernehmen, der in praktischen Dingen hilflos, gutgläubig und vertrauensselig zu sein schien.
Vor dem Amtsgericht München gab sie eine eidesstattliche Versicherung ab und konnte dadurch drohende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verhindern. Dass sie die erbrachten Pflegedienstleistungen nicht mehr über die Pflegekassen abrechnete, sondern ihren Patienten privat und an der Steuer vorbei in Rechnung stellte, verschwieg sie. Dann begann sie ihr teuflisches Werk …
Bis zum Auftauchen von Schwester Therese waren die 70 -jährige Marianne und ihr 74 Jahre alter Ehemann Dr. Peter K. engste Vertraute des Dr. von W. Jahrzehntelang verwalteten sie sein Vermögen zuverlässig und korrekt, weshalb er sie auch als seine Alleinerben einsetzte.
Therese O. gelang es – vermutlich durch eine Art Gehirnwäsche –, das vollständige Vertrauen ihres einzigen Patienten zu erwerben. »Alte Menschen geraten gegenüber denjenigen, von denen sie Hilfe und Zuwendung brauchen und erfahren, ganz schnell in ein Abhängigkeitsverhältnis und werden ihnen unter Umständen sogar hörig«, drückte es eine Psychologin später aus.
Auch die Isolierung vom Umfeld gelingt in den meisten Fällen, in dem Misstrauen und Zwietracht gesät werden. Wie auch hier: Therese O. redete ihrem Patienten wohl sukzessive ein, Marianne und Peter K. hätten es nur auf sein Vermögen abgesehen und würden versuchen, ihn in ein Altenheim abzuschieben und entmündigen zu lassen. Zufälligerweise war kurz zuvor eine völlig korrekte Umbuchung von 90 000 Euro von einem Konto auf ein anderes getätigt worden, von der Therese O., die es geschafft hatte, nach wenigen Wochen eine Kontovollmacht zu erhalten, Kenntnis erlangte. Sie unterstellte dem Ehepaar betrügerische Absichten und erreichte damit, dass Dr. von W. sämtliche Vollmachten der Freunde aufhob. Nun war Therese O. Alleinherrscherin über die Geldmittel ihres Patienten, die sich auf etwa 200 000 Euro beliefen. Schließlich gelang ihr das Unfassbare: Dr. Roland von W. änderte sein Testament und setzte seine liebe Pflegerin Therese als Alleinerbin ein.
Das Ehepaar K. war ausgeschaltet. Marianne und Peter K. nahmen es kampflos hin, fühlten sich tief gekränkt und zogen sich zurück, da sie mit ihrem »alten, bösartig gewordenen Freund« nichts mehr zu tun haben wollten. Dass er unter fremdem Einfluss stand, ahnten sie zwar, dass er aber nicht mehr Herr seiner Sinne war, hätten sie allenfalls erkannt, wenn sie auf einem Besuch bestanden hätten. Therese O. jedenfalls wähnte sich am Ziel: Sie war Alleinerbin, besaß eine Vollmacht für alle Konten und konnte mit ihrem perfiden Plan beginnen, musste nur noch die neugierige, hartnäckige Nachbarin fernhalten. Das allerdings erwies sich als schwierig.
In den nächsten sechs Monaten
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