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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Wilfling
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Arbeit aufnahmen, stellte sich heraus, dass die polnischen Bauarbeiter just zum Zeitpunkt des Vor falls allesamt gerade weggeschaut haben mussten oder mit anderen Dingen beschäftigt waren, obwohl der Polier anfänglich lauthals geschrien hatte. Zuerst kam von jedem Einzelnen der Satz: »Ich nix gesehen.«, dann folgte der zweite Satz: »Ich nix wissen.«
    Die Aufklärung des Falles verhinderte das nicht. Sobald die unter einem halben Kubikmeter Kies begrabene, kaum noch identifizierbare Leiche des Poliers geborgen war, stellte sich logischerweise die Frage nach dem Verbleib des Baggerführers. Auch ohne Mithilfe der Arbeiter war kaum zu übersehen, was mit dem Körper passiert war.
    Beim Baggerführer handelte es sich um den völlig unbescholtenen 52 -jährigen Hubert G., einen gebürtigen Münchner, der mit seiner Frau und zwei erwachsenen Kindern, die beide studierten, in einem kleinen Einfamilienhäuschen mit großem Garten in München-Waldperlach lebte. Wegen seiner Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit war er allseits beliebt. Hubert G. saß auf seiner Terrasse, trank Kaffee und wartete bereits auf die Polizei. Er wirkte gefasst und äußerlich völlig ruhig. Er stand nicht unter Alkoholeinfluss, auch nicht unter Schock, und legte sofort ein Geständnis ab. Nur seine Frau weinte.
    Bei dem Toten handelte es sich um Herbert R. Beliebt war der ständig polternde, rechthaberische und ruppige Polier bei keinem der vielen Bauarbeiter gewesen, die wir vernahmen. Besonders die Polen hatten ihn gefürchtet. Er sei ein Schinder gewesen, lautete die einhellige Meinung, ein Choleriker und Eiferer, der schon beim geringsten Anlass aus der Haut fuhr. Nur bei seinen Vorgesetzten galt der 51 -jährige Mann aus der bayerischen Provinz als fleißig, zuverlässig, loyal und durchsetzungsfähig. Dass er über Jahre hinweg den bestimmt nicht weniger fleißigen und zuverlässigen, aber wesentlich ruhigeren Baggerfahrer gemobbt und ständig schikaniert hatte, wussten die Firmenchefs allerdings nicht.
    Auslöser für die Tat war übrigens die Beschädigung eines Kabels im Erdreich, von dessen Existenz der Baggerführer nichts wissen konnte und das der Polier schlichtweg übersehen hatte. Was diesen aber nicht hinderte, einen Tobsuchtsanfall zu bekommen und Hubert G. aufs Übelste zu beschimpfen. Als er am Rande der Grube hin und her rannte, wild gestikulierte und brüllte, konnte es der Bag gerführer nicht mehr ertragen und stampfte ihn ein. Ein für alle Mal.
    H ubert G., zur Tatzeit voll zurechnungsfähig, bekam sechs Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags. Das Mordmotiv der Heimtücke wurde nicht unterstellt , weil der tobende Polier nicht arglos gewesen sein könne. Wehrlos allerdings schon …

Der Todesengel
    D a ss es in der 150 Qua dratmeter großen Wohnung ihres Nachbarn Dr. Ro land von W. nicht mit rechten Dingen zuging, davon war Maria Z. endgültig überzeugt, als die Altenpflegerin dort vor einigen Monaten einzog.
    Bis zum Auftauchen dieser Schwester Therese, wie sich die korpulente Pflegerin nannte, hatten die 78 -jährige Maria Z. und der 84 Jahre alte Dr. von W. drei- bis viermal wöchentlich gemeinsam die Nachmittage verbracht, Kaffee getrunken, Schach gespielt, klassische Musik gehört oder sich unterhalten. Beide waren seit mehr als zehn Jahren verwitwet, wodurch sich der Kontakt intensivierte. Sie verstanden sich blendend, halfen sich gegenseitig aus ihrer Einsamkeit, blieben aber stets beim förmlichen »Sie«.
    Roland von W. war viel in der Welt herumgekommen und verfügte deshalb über einen unerschöpflichen Fundus an vielseitigen, interessanten Erlebnissen und Begegnungen, die er auch spannend wiederzugeben verstand. Er war der geborene Erzähler und Maria Z. die geborene Zuhörerin, obwohl das für Lehrerinnen nicht gerade typisch ist. Deutsch, Englisch und Geschichte waren ihre Fächer, die sie an einem Münchner Gymnasium 40 Jahre lang unterrichtet hatte. Beide waren ohne Angehörige. Sie war kinderlos geblieben, er hatte in Indien den einzigen Sohn infolge einer schweren Infektionskrankheit verloren. Ein Verlust, den seine Frau und er nie ganz überwanden. Sowohl die ehemalige Lehrerin als auch der adelige Diplomat, ein Freiherr mit Wurzeln im preußischen Bildungs bürgertum, fühlten sich emotional noch immer stark mit ihren verstorbenen Ehepartnern verbunden. Sie konnten oder wollten eine engere Bindung zu einem anderen Menschen nicht mehr eingehen, selbst nach so vielen Jahren nicht. So begnügten sie

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