Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
hatten in dem urwaldähnlichen Dickicht keine Chance. Also ließen wir den Täter einfliegen. Weil Timo T. aber noch unter ärztlicher Aufsicht stand, musste er während des Fluges im Polizeihubschrauber entsprechend betreut werden. Das übernahm eine junge, äußerst attraktive Rechtsmedizinerin, die aufgrund der Hitze wie wir alle luftig und locker gekleidet war.
Timo T. wurde in Handschellen durch das Waldgebiet geführt und zeigte uns die Stelle, an der er Ingrids Leiche abgelegt hatte. Es handelte sich um eine dicht wuchernde Fichtenschonung, in der der Körper unter einem Haufen Reisig und Laub nicht aufgefallen wäre.
Dann folgte etwas, das ich kaum zu glauben vermochte, als ich es hörte und sah. Ich hatte zwar schon viele kaltblütige Menschen erlebt, aber das, was Timo T. sagte und tat, war doch sehr außergewöhnlich.
Timo T. saß auf einem Holzstoß, keine 100 Meter von der Stelle entfernt, an der gerade die Leiche seiner Lebensgefährtin geborgen wurde, der Frau, die ein Kind von ihm erwartete, die er zu heiraten gedachte und die er umbrachte, weil sie ihm irgendwie hinderlich war. Der sachbearbeitende Kriminalbeamte stand unmittelbar bei ihm, ich fünf Meter abseits. Den Satz, den Timo T. in diesem Moment aussprach und der sich auf die junge Rechtsmedizinerin bezog, die ihm beim Flug im Hubschrauber gegenübergesessen und sich wohl mehrmals über ihn gebeugt hatte, um irgendwelche Kontrollen durchzuführen, werde ich nie vergessen, so konsterniert war ich. Sagte er doch mit einem süffisanten, breiten Lächeln: »Die Ärztin hat ganz schöne Äpfelchen.« Dabei hob Timo T. seine mit Handschellen vorne gefesselten Hände und formte die Handflächen zu einem runden Gebilde. Wahrscheinlich wunderte er sich, warum mein Kollege und ich nicht lachten.
T imo T. wurde wegen besonderer Schwere der Schuld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Seine geschmacklose Bemerkung bezüglich der jungen Medizinerin war unter dem Aspekt »besondere Kaltblütigkeit« berücksichtigt worden.
Das Inzestopfer
J eden Morgen ging er mit seiner vierjährigen Tochter Klara schon um 5.00 Uhr aus dem Haus und wartete an der Haltestelle auf den ersten Bus. Fast immer waren sie alleine. Er setzte die Kleine auf seinen Schoß und umschloss sie mit seinem weiten Mantel, sodass nur noch ihr Köpfchen herausschaute. Für Außenstehende sah es aus, als würde ein liebevoller Vater seine kleine Tochter vor der Morgenkälte schützen wollen. Dann aber holte er seinen erigierten Penis aus der Hose und rieb ihn minutenlang an der vorher schon entblößten Vagina des Kindes, bis er einen Samenerguss hatte, was meist nicht lange auf sich warten ließ. Tief eingedrungen sei er aber nicht, glaubte sich das Opfer selbst nach 30 Jahren noch zu erinnern. Dass ihr jedoch das Spiel »Hoppe-Hoppe-Reiter« nicht gefallen habe und dass sie jeden Tag Angst davor hatte und oft weinte, das meinte sie noch zu wissen. Weil es der Anfang war von dem, was der Vater auch in den nächsten zwölf Jahren täglich mit ihr machen würde – täglich wohlgemerkt. Nur die Variationen änderten sich. Und an den Sonntagen dauerten sie besonders lang und erfolgten nach festgelegten Regeln.
Alfred K. war 45 Jahre alt und Ingenieur. Er arbeitete bei einer großen Firma, verdiente gut, hatte eine sichere Stellung und keinerlei Existenzsorgen. Er war beliebt bei seinen Kolleginnen und Kolle gen, weil er sehr bescheiden auftrat und sich an zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen, die in jeder Firma vorkommen, nie beteiligte. So galt er zwar als Sonderling, der an keinerlei geselligen Zusammenkünften teilnahm und jeden Tag schon um 6.00 Uhr im Büro war, aber er trat niemanden auf die Füße, mobbte nicht, tratschte nicht, nahm keinem den Posten weg und hielt sich aus allem raus. Zudem war er stets gut gekleidet, nie sah man ihn ohne Sakko und Krawatte. Seine Arbeit erledigte er zuverlässig und verließ pünktlich um 14.00 Uhr die Firma, weil er seine kleine Tochter vom Hort abholen musste. Was für ein vorbildlicher Vater, fanden alle.
Zu Hause aber veränderte er sich völlig. Es war, als ob er in eine andere Welt eingetreten wäre – in seine Welt, in der er das Sagen hatte, in der er derjenige war, der bestimmte, dominierte und regierte. Seine Frau hatte zu gehorchen. Seit zehn Jahren unterwarf sie sich seinen Befehlen, ohne ihm jemals zu widersprechen. Denn Widerworte duldete er nicht, andernfalls wurde er gewalttätig. Dann schlug er brutal zu, fast
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