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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Eine
    Straßenorgie!«
    »Wahrscheinlich fing sie mit einem Paar an, und andere
    folgten einfach ihrem Beispiel.«
    »Aber da sind einige darunter, die an die siebzig sein
    müssen.«
    »Und andere scheinen noch Kinder zu sein.«
    »Was tun wir?« fragte Mason und riß seinen Blick von
    dem Schauspiel los, um Holman anzusehen.
    Holman lächelte dünn, befriedigt über die plötzliche Verblüffung seines Begleiters. Masons Ruhe während der ganzen Unternehmung hatte ihn schon lange gestört.
    »Nun, wir folgen nicht ihrem Beispiel«, sagte er. »Natürlich fahren wir einen Umweg.«
    Er wendete das Fahrzeug und fand eine schmale Seitenstraße. Als er davonfuhr, reckte Mason den Kopf, um das
    Schauspiel so lange wie möglich betrachten zu können und
    verfluchte den Nebel, der bald alles verhüllte.
    »Unglaublich«, sagte er.
    Holman fuhr weiter in eine breitere Straße, um wieder die
    ursprüngliche Richtung einzuschlagen. Sie waren auf dieser
    Straße kaum fünfzig Meter gefahren, als er auf die Bremse
    trat und das Fahrzeug mit einem Ruck anhielt.
    »Was ist los?« fragte Mason, der seine Instrumente überprüft hatte, erschrocken.
    »Da«, sagte Holman und zeigte nach vorn.
    Mason spähte mit zusammengekniffenen Augen in den
    Nebel. Er hörte ihre Schreie, bevor er das Mädchen sehen
    konnte. Es sah nicht älter als achtzehn aus und stand mit
    dem Rücken an einer Haustür. Selbst aus der Distanz konnten sie sehen, daß ihre Augen schreckgeweitet waren, und
    ihre Schreie gellten aus den Lautsprechern ins Innere des
    Fahrzeugs.
    Zwei stämmige Kerle rückten gegen das Mädchen vor,
    beide in zerlumpten Kleidern und grinsend. Ihre Gesichter waren dunkel von Schmutz, was ihnen ein noch bedrohlicheres Aussehen verlieh. Am erschreckendsten aber war, daß beide ihre Hosen geöffnet hatten, während sie dem schreienden Mädchen Obszönitäten zuriefen und ihr klarmachten, was sie gleich mit ihr tun wollten. Sie stand an der Tür — ob sie auch den Verstand verloren hatte, war nicht zu erkennen —, schrie und wimmerte und hatte die Hände vors Gesicht geschlagen, wie um sich vor dem Anblick zu
    schützen.
    »Großer Gott«, sagte Holman.
    »Hören Sie, wir können nicht aussteigen. In diesem Anzug würde ich Ihnen keine Hilfe sein. Und Sie sind zu wertvoll, um Ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Und wenn wir jedesmal anhielten, wenn wir Leute in Bedrängnis sehen,
    werden wir nie zum Ziel kommen.«
    »Seien Sie still«, sagte Holman, ohne die Stimme zu erheben. Er trat das Gaspedal durch, und das Fahrzeug beschleunigte mit einem Ruck. Holpernd überfuhr es die
    Bordsteinkante und jagte auf die beiden Männer zu, zwei
    Räder auf dem Gehsteig, zwei auf der Straße. Die beiden
    hatten noch Zeit, den Wagen kommen zu sehen, und ihre
    grinsenden Gesichter verzogen sich gerade erst in jäher
    Angst, als der Wagen sie traf. Einer geriet unter die Räder,
    der andere wurde durch die Luft geschleudert und gegen
    den erbarmungslosen Beton eines Gebäudes geschmettert.
    Ihre kurzen Schreie und der längere, schrillere Schrei des
    Mädchens hallten noch in Holmans Kopf nach, als sie schon
    verstummt waren. Er brachte das Fahrzeug kreischend so
    abrupt zum Stillstand, daß der verblüffte Mason vorwärts
    auf seine Instrumente geworfen wurde. Holman wandte
    sich um, spähte durch die rückwärtigen Sehschlitze und sah
    gerade noch, wie das Mädchen in den Nebel davonlief, die
    Hände in dem Bemühen, das Grauen fernzuhalten, noch
    immer vor dem Gesicht.
    Der zermalmte Körper eines Mannes lag leblos auf dem
    Gehsteig, der andere am Fuß der Hauswand, gegen die er
    geschleudert worden war, den Hals verrenkt, so daß die offenen Augen dem Wagen, der ihm solch einen schrecklichen Tod zugefügt hatte, nachzustarren schienen.
    Holman wandte sich wieder nach vorn, beugte sich über
    das Lenkrad und rieb sich die Augen, dann starrte er erschöpft vor sich hin.
    Mason richtete sich auf und legte Holman tröstend eine
    Hand auf die Schulter. Holman blickte auf, schaltete den
    Gang ein und fuhr wortlos weiter die Straße hinunter. Allmählich wurden sie abgestumpft gegen neue Schreckensbilder und Zwischenfälle, gleich welcher Art. Der Anblick einer älteren Frau, die den quer über einem Kinderwagen hängenden Leichnam eines Mannes die Straße entlangschob, eine aus dem Kinderwagen rinnende Blutspur zurücklassend, regte sie kaum mehr auf. Drei Männer, die am
    Straßenrand saßen und aus einem Gefäß tranken, das wie
    ein Paraffinkanister

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