Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
größeren Krise unterbrochen worden. Aber sie mußte weitermachen; ungezählte Menschenleben hingen von der Arbeit ab, die sie und ihre Kollegen zu bewältigen hatten. Professor Ryker und seine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern, Mikrobiologen und Virologen waren der Antwort nahe, und man fragte sich bereits, ob es wirklich notwendig gewesen sei, Holman noch einmal in den Nebel hinauszuschicken. Sie seufzte müde. War es nur ihre Sorge um den Mann selbst, welche diese Gedanken verursachte? Sie hatte ihn in einer mütterlichen Weise liebgewonnen, und es machte sie unglücklich zu sehen, daß er von den Mächtigen als eine Schachfigur, ein bloßes Instrument, gebraucht wurde.
    Schließlich hatten sie den Fehler gemacht, die großen
    Herren, die sich hinter dem gesichtslosen Begriff der Regierung versteckten, und nun nutzten sie wieder einen völlig
    Unbeteiligen aus, der unter Einsatz seines Lebens helfen
    sollte, die Folgen zu bekämpfen.
    Aber es war wohl notwendig. Es bestand die Möglichkeit
    einer wertvollen Zeitersparnis, seien es Stunden oder Tage,
    und deshalb war der Einsatz seines Lebens gerechtfertigt. Sie versuchte, sich auf den Bericht vor ihr zu konzentrieren: Der letzte Patient, den sie behandelt hatten, reagierte
    auf Bluttransfusion und Strahlenbehandlung rasch und sehr
    zufriedenstellend. Glücklicherweise war die Behandlung
    frühzeitig erfolgt; bei anderen würde sie weniger Erfolg versprechen. Und dies war nur der Anfang, die ersten von Tausenden, vielleicht Hunderttausenden, die noch folgen sollten. Viele Staaten der Welt hielten sich bereit, Hilfe zu leisten, denn wenn solches Unheil in Großbritannien geschehen konnte, dann konnte es überall geschehen, auf jedem
    Kontinent, in jedem Land.
    Und diese Hilfe, dachte Janet Halstead, aus welcher Quelle und aus welchen Gründen sie auch gewährt werden
    mochte, würde in den nächsten Wochen bitter nötig sein. Stan Reynolds, der Wachmann für das Hochhaus der Ölgesellschaft am Ufer der Themse, saß wieder im Ledersessel des
    Vorstandsvorsitzenden, hatte die Füße — diesmal mit
    den Stiefeln — auf den eichenen Konferenztisch gelegt,
    rauchte eine Zigarre und schlürfte vom Scotch einer teuren
    Marke.
    »Ist er gut genug für den Vorsitzenden, so ist er auch gut
    für mich«, schmunzelte er und paffte an der Zigarre, während die Flammen aus dem Stockwerk unter ihm den Fußboden aufheizten.
    Während der vergangenen Stunden hatte er viele Büros in
    dem riesigen Gebäude besucht und den Inhalt der Schreibtische und Ablageschränke auf den Boden geschüttet. Er
    haßte das Gebäude, weil es einen Lebensstil verkörperte, an
    dem er selbst nie teilgehabt hatte, noch jemals teilhaben
    würde. Von ihm erwartete man, daß er die Direktoren und
    ihre Büros bewachte und wenn nötig, unter Einsatz seines
    Lebens schützte, und wofür? Für ein lächerliches Gehalt
    und das Vorrecht, daß hochnäsige Direktoren und Vorstandsmitglieder ihm >Guten Morgen< oder >Guten Abend<
    sagten, wenn ihnen danach war. Deshalb hatte er ihre Akten und ihre >vertraulichen< und >streng vertraulichem Papiere angezündet. Außerdem mochte er Brände; sie erinnerten ihn an den Krieg. Damals war er jemand gewesen; ein
    Sergeant im Heer, respektiert von Soldaten und eingebildeten jungen Offizieren in gleicher Weise. Und als er während
    der schwersten Bombenangriffe des Krieges auf Heimaturlaub in London gewesen war, waren seine Nachbarn zu ihm
    gekommen, um Rat und Hilfe zu suchen. Damals war er ein
    geachteter Mann gewesen.
    Mittlerweile war die Flasche Scotch zur Hälfte geleert,
    und er tat einen langen, kräftigen Zug vom Rest. Als die
    schweren Türflügel zum Konferenzraum Feuer fingen,
    stand er wankend auf.
    »Meine Herren«, lallte er und blickte über den Tisch zu
    den beiden leeren Stuhlreihen, »ich möchte einen Toast vorschlagen.« Er stieg auf den schwarzen Ledersessel und von
    dort auf den Tisch. Seine Stiefel hinterließen auf der polierten Oberfläche häßliche Kratzer. Er hob die Flasche in die
    Höhe. »Scheiß auf den Vorsitzenden!« rief er und nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche, verschluckte sich beinahe, als er gackernd zu lachen begann.
    Er blickte auf den Tisch unter seinen Füßen, sah die Kratzer im polierten Eichenholz und krümmte sich vor Lachen.
    Er stieß einen Absatz kraftvoll aufstampfend in das Holz
    und war erfreut über das Ergebnis. Er tat das gleiche mit
    dem anderen Absatz, dann stampfte er den ganzen Tisch
    entlang, blieb

Weitere Kostenlose Bücher