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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Menschenmenge zuhielt. Sie hörten das Krachen, denn obwohl ihr Fahrzeug
    schalldicht war, hatte es Empfänger auf der Oberfläche, die
    von draußen kommende Geräusche auffingen, eine Funktion, die wegen der schlechten Sichtverhältnisse notwendig
    war.
    »O Gott«, schnaufte Mason. »Das ist furchtbar.«
    »Es geht erst los«, erwiderte Holman mit einem Gefühl
    grausamer Befriedigung. »Es wird noch schlimmer werden.«
    Und es wurde schlimmer. Sie kamen an vielen brennenden Häusern und Wagen vorbei; Dutzende von Menschen
    durchstreiften jede Straße und verrieten durch ihren Ausdruck und ihre Bewegungen, daß sie den Verstand verloren
    hatten; verwirrte Menschen saßen zusammengekauert in
    Winkeln und starrten aus aufgerissenen, angstvollen Augen
    umher. Sie passierten Leichen, die offensichtlich aus den
    umstehenden hohen Gebäuden gefallen oder gesprungen
    waren; sie hörten Schreie, Gelächter, Gesang; sie sahen
    Menschen auf den Knien beten. Und der seltsamste Anblick
    war der von Menschen, die sich scheinbar normal verhielten, an Bushaltestellen anstellten, munter und zielbewußt
    einherschritten, als wären sie auf dem Weg zur Arbeit,
    Schirme und Aktentaschen in den Händen, die in offene Bürohäuser gingen oder geduldig vor anderen warteten, deren
    Türen noch verschlossen waren, die miteinander plauderten, als ob es ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag wäre, die
    keinen Blick für das Chaos hatten, das sich um sie her ausbreitete. Aber das war ihre Geistesverwirrung.
    Langsam fuhren sie die Fleet Street zum Ludgate Circus
    hinunter, stählten sich gegen die Bilder, widerstanden dem
    manchmal überwältigenden Drang, anzuhalten und jenen
    zu helfen, die sich in einer besonders gefährlichen Lage befanden. Holman war dankbar, daß sie keine Kinder sahen.
    Vermutlich würde sich das ändern, sobald sie durch die
    Wohnviertel kämen, aber er hoffte, sie würden durch den
    verhüllenden Nebel seinem Blick verborgen bleiben, denn
    er bezweifelte, daß er es über sich bringen würde, einem
    Kind in Not nicht zu helfen.
    Am unteren Ende der Fleet Street sahen sie sich plötzlich
    von einer Menge umgeben. Die Männer schlugen an die gepanzerten Flanken des Fahrzeugs und versuchten, durch
    die kleinen Schlitzfenster hereinzuspähen. Sie schlugen gegen das Panzerglas, als wollten sie es zerbrechen. Holman
    und Mason hörten schwere Tritte über ihnen, als die ersten
    das Dach erklettert hatten und darauf herumliefen.
    »Gott, das müssen die verdammten Drucker sein, die hier
    arbeiten!« sagte Mason.
    »Ja, wahrscheinlich die Nachtschicht«, sagte Holman.
    »Aber sicherlich wird man sie gewarnt haben?«
    Mason zuckte die Achseln. »Wir müssen durchfahren!« Im nächsten Augenblick begann das schwere Fahrzeug
    von einer Seite zur anderen zu schaukeln.
    »Die wollen uns umwerfen!« rief Holman durch den
    Lärm.
    »Fahren Sie zu, Mann!« befahl Mason, beugte sich vor
    und schaltete die Tonübertragung aus. Er wollte nicht, daß
    Holman die Schreie hörte, wenn sie sich durch die Menge
    Bahn brachen.
    Holman trat aufs Gaspedal; so sehr er bedauerte, was er
    zu tun hatte, wußte er doch, daß es sein mußte. Er erinnerte
    sich an Winchester und hatte weniger Mitgefühl für die
    Menschen und mehr Interesse an seinem eigenen Überleben.
    Der Wagen fuhr mit einem heftigen Ruck an, und die erschrockenen Männer sprangen zurück. Andere waren langsamer und verschwanden unter den Rädern. Holman fühlte
    das Rumpeln, als das schwere Fahrzeug ihre Körper überfuhr, aber er ließ den Fuß auf dem Gaspedal und beschleunigte, bis die Männer auf dem Dach herunterflogen. Er
    pflügte durch die wogende Masse und schüttete sich ab gegen das Schicksal seiner unglücklichen Opfer. Vielleicht
    konnte er es tun, weil er sie als eine Bedrohung und nicht als menschliche Wesen betrachtete. Vielleicht dachte er, daß sie wegen ihres Wahnsinns weniger menschlich seien. Oder vielleicht war es der Umstand, daß er überhaupt keine Zeit
    zum Nachdenken hatte.
    Endlich hatten sie vor sich freie Bahn und fuhren die Steigung zur St. Paul's Cathedral hinauf. Jetzt erst begannen
    Holmans Hände zu zittern.
    Mason bemerkte es. »Hier, lassen Sie mich ans Steuer. Sie
    haben genug.«
    »Nein, es geht schon«, sagte Holman. »Ich fahre lieber,
    statt dazusitzen und nachzudenken. Überprüfen Sie Ihre Instrumente; vergewissern Sie sich, daß wir noch in die richtige Richtung fahren.«
    Mason klopfte ihm beruhigend auf die Schulter und
    wandte sich

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