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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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habe er ohne zu zögern von der Waffe Gebrauch zu machen.
    Er hatte grimmig gelächelt. Er verspürte kaum noch Hemmungen, jemand zu töten, denn er betrachtete die Leute dort draußen nicht mehr als Menschen, und ihre Feindseligkeit half ihm, Anwandlungen von Mitgefühl zu unterdrücken. Er erinnerte sich des Verrückten, der den abgesägten Kopf seiner Frau im Tunneleingang in den Armen gewiegt hatte; er hatte den rückwärtsfahrenden Wagen direkt auf den Mann zugesteuert, und sein Abscheu war so stark gewesen, daß er ihn mit Haß erfüllt hatte — unvernünftigem Haß, das wußte er, denn der Mann war schuldlos an den Handlungen eines kranken Geistes gewesen. Der Anprall des Wagens hatte ihn getötet, Holman war davon überzeugt, und er verspürte kein Bedauern. Vielleicht später, wenn er Zeit zum Nachdenken hätte, würde er Mitleid empfinden, aber jetzt war er rücksichtslos geworden; teils aus Furcht vor der Krankheit, vor allem aber, weil er eine Mission hatte, die er nicht gefährden durfte.
    Zwei Stunden vergingen, bis er das andere Fahrzeug aus dem Nebel hervorkommen und neben seinem verunglückten Zwilling halten sah. Holman erhob sich aus seinem Versteck hinter der Ladentheke, zwischen Regalen voller Süßwaren, und ging zur Tür, entriegelte sie und trat hinaus auf die neblige Straße. Bei seiner Ankunft hatte er die Ladentür weit offen gefunden und angenommen, daß der Besitzer sie beim Verlassen des Geschäfts so zurückgelassen hatte. Er ging zu dem zweiten Fahrzeug und langte dort an, als eine der Seitentüren geöffnet wurde. Eine plumpe Gestalt im Schutzanzug kletterte heraus, bewaffnet mit einem Ding, das wie ein gewöhnliches Gewehr aussah, nur war der Abzug mindestens neun Zentimeter lang und hatte einen entsprechend weit geschwungenen Schutzbügel. Der Mann trug einen Helm mit einer getönten schmalen Visierscheibe und mußte sich mit dem ganzen Körper bewegen, wenn er umherblicken wollte. Die schwärzliche Visierscheibe kam in Holmans Richtung, als er auf den Mann zuging, und den zum Gruß erhobenen Arm schnell zu beschwichtigenden Gebärden gebrauchte, als der Gewehrlauf hochkam und sich auf ihn richtete. Die vier Finger des plumpen Handschuhs schlossen sich um den langen Abzug, und eine scharfe Stimme sagte im vertrauten metallischen Ton: »Halt!«
    »Alles in Ordnung«, sagte Holman. »Ich bin's, Holman.« Aber er folgte der Aufforderung.
    Eine zweite Gestalt in grauem Schutzanzug kletterte aus dem Fahrzeug. »Ja, Hauptmann, es ist Holman. Tun Sie die Waffe weg.«
    »Verzeihung, Sir«, sagte der Mann mit dem Gewehr. »Ich bin nach allem, was wir auf der Herfahrt gesehen haben, ein bißchen nervös.«
    »Ist schon gut«, sagte Holman. »Ich weiß, was Sie meinen.«
    Die zweite Gestalt kam an dem Hauptmann vorbei und auf Holman zu. »Gut gemacht, Mr. Holman«, sagte eine vertraute, doch durch den Lautsprecher verzerrte Stimme. »Hoffen wir, daß wir rechtzeitig kommen, Ihren Plan auszuführen, nicht wahr?«
    Er erkannte den leichten deutschen Akzent. »Professor Ryker?«
    »Ja«, kam die Antwort. »Ich habe beschlossen, die Mutation selbst in Augenschein zu nehmen, bevor wir sie einschließen. Sobald sie gefangen ist, sollte es nicht schwierig sein, den Nebel aufzulösen. Später werden wir dann Löcher bohren und Mykoplasmen in Behälter absaugen können. Das sollte uns genug Impfstoff liefern, um eine große Zahl der Menschen zu heilen, die wir noch erreichen können, ehe es zu spät ist. Aber zuerst muß ich die Probe haben, denn ich fürchte, wir wissen noch immer nicht genau, was die Mutation ist.«
    »Aber Sie müssen sicher inzwischen eine Vorstellung haben«, sagte Holman.
    »Gehirnzellen vielleicht, isoliert und kristallisiert, mit dem Mykoplasma infiziert, zur Vermehrung angeregt, sich auf eine noch unklare Art und Weise von Unreinheiten und dem Kohlendioxyd der Luft nährend. Ja, wir haben eine Vorstellung«, sagte Ryker, »aber das ist nicht genug. Wir benötigen nach wie vor das Ding selbst. Und bald, wenn es uns noch von Nutzen sein soll.« Er zeigte mit dem Daumen zu dem Fahrzeug, mit dem er gerade eingetroffen war. »Nun lassen Sie uns bitte gleich zum Tunnel fahren. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.«
    Er ging zurück zum Katastrophenfahrzeug und zog Holman behutsam am Arm mit sich. »Dies ist Hauptmann Peters, unser Sprengstoffexperte«, sagte er, als sie an der Gestalt mit dem Gewehr vorbeigingen.
    »Sir«, sagte der Hauptmann zu Holman, »Sie sagten nicht,

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