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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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viel weniger als über der Erdoberfläche, so daß seine Sicht nicht ernstlich behindert war, und seine Augen hatten sich mittlerweile der Dunkelheit angepaßt. Er war überzeugt, daß es weiter vorn, hinter einer Krümmung des Tunnels, eine Lichtquelle geben müsse, doch konnte es nicht das Tageslicht sein, denn die Tunnelausfahrt war mindestens fünfhundert Meter entfernt auf der anderen Seite des Flußes, und die Krümmung des Tunnels verhinderte ein tieferes Eindringen von Tageslicht in die Röhre. Die einzige Möglichkeit war, daß es dort ein anderes Fahrzeug mit eingeschalteten Scheinwerfern gab. Bevor er weiterfuhr, würde er der Sache nachgehen müssen; er hatte keine Lust, neuerlich in Bedrängnis zu geraten. Wachsam und still begann er, durch den Tunnel auf die unheimliche Lichterscheinung zuzugehen.
    Mit seiner Annäherung nahm ihre Helligkeit zu und erwies sich als ein seltsames gelbliches Licht, dessen Beschaffenheit ihn an das Licht erinnerte, das er schon einmal gesehen hatte, in der Kathedrale von Winchester. Das vertraute Grauen kroch wieder durch seine Adern; er glaubte zu wissen, was es mit dieser Lichtquelle auf sich hatte. Das Herz pochte ihm beinahe schmerzhaft in der Brust, als er sich der Biegung näherte, und er mußte kurze, flache Atemzüge tun, um den bitter stechenden Geruch zu ertragen, der zusehends stärker wurde. Er hielt sich nahe an der Wand, deren rauhe Oberfläche er bei jedem Schritt mit einer Hand berührte. Und dann hatte er die Biegung hinter sich gelassen, so daß er ganz hineinsehen konnte.
    Sie war nicht scharf, und es war unnötig, tiefer in den Tunnel einzudringen, um zu sehen, was weiter vorn lag. Der gesamte Tunnel war von dem Lichtschein erfüllt, dem sonderbaren Leuchten, das dem mutierten Mykoplasma eigentümlich war. Er hatte das Zentrum gefunden! Nun war ihm klar, warum die Instrumente des Hubschraubers es nicht mehr aufgezeichnet hatten: Es war unter die Erde gegangen, hatte sich in ein Loch verzogen, als ob es sich des Loches erinnerte, in welchem es viele Jahre vergraben gewesen war. Konnte das möglich sein? Hatte es tatsächlich Obdach gesucht, wie ein Tier, das einen Schlupfwinkel sucht? Nein, die Vorstellung war lächerlich. Und doch ließ sich nicht leugnen, daß er das Mykoplasma im Inneren der Kathedrale gefunden hatte, und daß sie es schon einmal verloren hatten. Konnte es wirklich rein zufällig in diese Röhren gezogen sein?
    Mehrere Minuten lang blickte er in das hypnotische Licht, an die Tunnelwand gelehnt, und wurde sich seines Widerstrebens bewußt, weiter darauf zuzugehen, obwohl es ihn anzuziehen schien. Ein kleiner Teil seines Wesens drängte ihn, seinen Körper in den Lichtschein einzuhüllen, aber das Wissen, einem hypnotischen Einfluß ausgesetzt zu sein, ließ ihn zurückweichen. Er fühlte deutlich, daß es mit seiner Immunität vorbei sein würde, wenn er in die stärkste Konzentration der Mykoplasmen eindränge.
    Sobald er das Leuchten nicht mehr sah, hatte es seine magnetische Anziehungskraft verloren und gleich darauf war er nicht mehr sicher, ob er sich das Ganze vielleicht nur eingebildet hatte. Er eilte zurück zum Wagen, während ihm neue Gedanken durch den Kopf schössen, und als er das Fahrzeug erreichte, hatte er eine Idee.
    Er sprang in den Anglia, ließ den Motor an und fuhr, ohne die Scheinwerfer einzuschalten, rückwärts zum Eingang hinauf. Über die Schulter durch das Heckfenster blickend, sah er eine schemenhafte Gestalt im wolkigen Tunneleingang, und als er näherkam, erkannte er den Mann, den er aus dem Wagen geworfen hatte. Er hielt den Kopf seiner toten Frau mit beiden Armen umfangen.

21

    Holman kauerte im finsteren Inneren des Ladens, ungesehen von den Gruppen gefährlicher Irrer, welche die Straßen durchstreiften, aber in einer Position, die ihm erlaubte, das umgeworfene Katastrophenfahrzeug in der Mitte der Straße zu beobachten. Der Nebel hatte sich sehr gelichtet, doch trieben noch immer dichtere Schwaden durch die Straßen, und sogar die Luft schien die gelbliche Färbung angenommen zu haben. Holman war mit äußerster Vorsicht zurückgefahren, denn alles hing jetzt davon ab, daß er das Funkgerät erreichte. Er benötigte Hilfe vom Hauptquartier, wenn er sein Vorhaben ausführen sollte. Und bestimmte Materialien.
    Er war langsam gefahren, und jedesmal, wenn er auf eine bedrohlich wirkende Menge oder einzelne Angreifer gestoßen war, hatte er beschleunigt, bis ihn eine sichere Distanz von ihnen trennte.

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