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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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andere. »Leider kann ich durch diese Visierscheibe nicht allzugut sehen, aber ich denke, wir müssen dem Hauptkörper der Mykoplasmen sehr nahe sein.«
    »Die stärkste Konzentration scheint jetzt dort zu sein, wo die Biegung wieder in eine Gerade übergeht; dort ist die größte Helligkeit. Warten Sie hier; ich werde in Sichtweite bleiben, wenn es sich irgend machen läßt.«
    Wieder spürte er die sonderbare Anziehungskraft, gab ihr aber nur nach, weil er mußte. Die Dichte des Nebels nahm wieder zu, aber das mochte daran liegen, daß der Lichtschein von den Nebeltröpfchen reflektiert wurde und die milchige Trübung undurchsichtiger machte. Im Weitergehen wandte Holman einige Male den Kopf, um sich zu vergewissern, daß Ryker noch in Sichtweite war; er wollte vermeiden, daß der Professor ihn aus den Augen verlor. Er näherte sich dem Ende der Biegung und hielt sich auf der von Ryker eingesehenen Tunnelseite. Von hier aus, so hoffte er, würde er den Kern erreichen können. Die Helligkeit blendete ihn. Entweder war es nur der beengte Raum, der die Illusion hervorrief, oder der Kern wuchs weiter. Holman glaubte, daß er in Winchester nicht annähernd so hell gewesen war. Freilich war er dort nicht so nahe herangekommen wie jetzt, und das durch die hohen Fenster der alten Kathedrale einfallende Tageslicht mochte den Effekt gedämpft haben, aber der Eindruck intensivierten Wachstums und weiterer Ausdehnung war nicht von der Hand zu weisen. Er brachte den Karren in Aufstellung und zog den Metallschlauch von der Trommel. Bevor er sich dran machte, ihn zu seinem Ziel zu schieben, setzte er die Atemmaske vor Mund und Nase, denn der beißende Geruch wurde stärker. Dann schob er den flexiblen und doch steifen Schlauch in der Mitte des Tunnels am Boden vorwärts. Nach einer gewissen Strecke begann er vom geraden Kurs abzuweichen, aber das machte nichts die Seitenwand würde ihn weiter in die leuchtende Materie vorn führen. Schweißtropfen bildeten sich auf Holmans Stirn; er hatte den Eindruck einer feuchten Hitze in dem höhlenartigen Tunnel, doch mochte das an der Spannung liegen, die von ihm Besitz ergriffen hatte.
    Endlich begann das Schlauchende im dunstigen Licht zu verschwinden, ohne auf Widerstand zu stoßen, was Holman einigermaßen überraschte; er hatte beinahe erwartet, daß der Kern von einer greifbaren Substanz sein würde, einer irgendwie elastischen, federnden Materie, obwohl er sich sagte, daß das Phänomen, in das er seine Sonde schob, aus Milliarden winziger Mikroben bestand. Er schob den Metallschlauch in voller Länge aus, dann drückte er den Elektroschalter auf dem Behälter, der die Saugpumpe einschaltete. Die Maschine begann wie ein Staubsauger zu summen und sog die tödliche Mutation in den verstärkten Behälter. Vor seinem Einsatz in Winchester hatte man ihn angewiesen, die Maschine wenigstens zwei Minuten eingeschaltet zu lassen, damit der Behälter sich füllen könne, doch weil dieser Behälter größer war, beschloß er, ihn mindestens drei Minuten vollzupumpen. Er ließ sich auf ein Knie nieder, angestrahlt vom diffusen gelben Lichtschein, und nutzte die Zeit zum Studium der Erscheinung vor ihm.
    Er hatte die Gewohnheit angenommen, das Licht beinahe als ein denkendes Lebewesen zu betrachten. Ryker hatte es ein Ungeheuer genannt. Die Bezeichnung erschien ihm passend. Das Gefühl, daß es in irgendeiner Weise gegen diese Verletzung protestierte, wollte sich nicht abschütteln lassen, obwohl es natürlich nur das hohe Summen der elektrischen Saugpumpe war, der leise zitternde Metallschlauch, verbunden mit seiner Einbildungskraft, die diesen Effekt erzeugte und verstärkte. Wenigstens redete er sich das ein.
    Der Drang, näher an die Lichtquelle heranzugehen, war wieder sehr groß, und während dieser langen drei Minuten ertappte er sich mehrmals dabei, daß er wie gedankenverloren in den leuchtenden Nebel starrte. Zuletzt schaltete er das Gerät mit einem Seufzer der Erleichterung aus, drückte einen anderen Knopf, um den Behälter wirksam zu versiegeln, dann löste er den Anschluß des Metallschlauches und ließ ihn am Boden liegen. Er stand auf und blickte noch einmal in die Helligkeit. Vielleicht sollte er sich das Phänomen doch noch einmal aus der Nähe ansehen. Vielleicht würde er hinter den verhüllenden Nebeln, die davor wogten, einen Hinweis auf seinen Ursprung finden, eine Vorstellung von seiner Struktur und Beschaffenheit gewinnen, über die er Ryker unterrichten könnte. Eine

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