Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
nicht rational erklären, aber es schien ihr, daß die dichte Wolke irgendwie unheilschwanger sei, wie die schweren dunklen Wolken kurz vor dem Ausbruch eines Gewitters. Sie sagte Holman nichts, aber ihre Hände verkrampften sich in den Seiten ihres Sitzes.
    Holman schaltete das Abblendlicht ein, und sie fuhren in den Nebel.
    Er war viel dichter als Holman erwartet hatte. Die Straße war kaum zu erkennen. Er fuhr vorsichtig im zweiten Gang, beugte sich unwillkürlich zur Windschutzscheibe vor, um besser zu sehen, und schaltete wiederholt die Scheibenwischer ein, um das Glas freizuhalten. Zusätzlich kurbelte er das Fenster auf seiner Seite herunter, um besser hinaussehen zu können. Der Nebel schien gelblich eingefärbt, oder waren es nur die Reflexe der Scheinwerfer? Der etwas bittere säuerliche Geruch weckte den Schatten einer Erinnerung in ihm. Er hatte etwas mit dem Erdbeben von vergangener Woche zu tun. Holman konnte sich nicht sehr deutlich an Einzelheiten erinnern — die Ärzte meinten, das sei völlig normal, ein bestimmter Teil seines Bewußtseins befinde sich noch im Zustand des Schocks —, aber irgendwie weckten der Geruch, die gelbliche Tönung und die dichte, drücken- de Atmosphäre etwas in ihm. Er merkte, daß ihm kalter Schweiß auf die Stirn trat und hielt den Wagen an.
    »Was ist los, John?« fragte Casey. Ihre Stimme klang ängstlich.
    »Ich weiß nicht. Es ist bloß ein Gefühl. Der Nebel — es kommt mir bekannt vor.«
    »John, in den Zeitungen stand, daß eine Wolke Staub oder Rauch aus der Erdspalte kam; manche halten es für die Folge einer unterirdischen Sprengung. Das ist kein normaler Nebel. Könnte es dieselbe Wolke sein?«
    »Nein, sicherlich nicht. Der Wind müßte sie längst aufgelöst haben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie in einem großen Klumpen am Boden bleiben würde.«
    »Woher willst du das wissen? Wenn sie aus unterirdischen Tiefen gekommen ist, können wir nicht wissen, wie sie sich verhält.«
    »Gut, vielleicht ist es diese Wolke. Aber laß uns nicht hier sitzen und diskutieren; je eher wir weiterfahren, desto früher kommen wir wieder hinaus.« Er kurbelte das Seitenfenster hoch und hoffte, daß er sie damit nicht zusätzlich ängstigte. »Die Wolke zieht so schnell, daß es einfacher sein wird, weiter durch sie zu fahren, als umzukehren.«
    »Richtig«, antwortete sie, »aber bitte sei vorsichtig.«
    Er fuhr im Schrittempo weiter und spähte angestrengt in das trübe milchige Nichts. Auf diese Weise hatten sie ungefähr hundert Meter zurückgelegt, als sie auf den Bus stießen, der halb auf der Seite im Straßengraben lag. Beinahe wären sie in eine kleine Gruppe von Jungen hineingefahren, die beim Heck des Busses auf der Straße standen. Holman trat sofort auf die Bremse, und glücklicherweise waren sie so langsam gefahren, daß der Wagen fast augenblicklich zum Stillstand kam.
    »Hierher, Jungs, ich habe euch gesagt, ihr sollt neben der Straße bleiben!« hörten sie eine Stimme brüllen.
    Holman öffnete die Tür und stieg aus, nachdem er Casey gesagt hatte, sie solle im Wagen bleiben. Wieder störte ihn der leichte, aber unverkennbare Geruch des Nebels, als er die Tür hinter sich schloß.
    »Ist jemand verletzt?« fragte er den geisterhaften Umriß des Mannes, den er für den Lehrer oder die Aufsichtsperson der Jungen hielt.
    »Ein paar Prellungen da und dort«, antwortete der Mann im Näherkommen, »aber ich fürchte, unser Fahrer hat sich bös den Kopf gestoßen.«
    Als der andere auf zwei Schritte herangekommen war, sah Holman sich einem langen, hageren Mann mit einer Hakennase und tiefliegenden Augen gegenüber. Er hatte nur einen Arm, der rechte endete unter dem Ellbogen. Mit gedämpfter Stimme fuhr der Lehrer fort: »Wohlgemerkt, es war allein seine Schuld, der Idiot. Scherzte mit den Jungen und achtete kaum auf den Nebel, bis wir drinnen waren, und auch dann verlangsamte er kaum, obwohl ich ihn warnte.« Er warf einen Blick zu den Schülern, die ihn um- drängten. »Ich sagte euch, daß ihr am Straßenrand bleiben sollt, Jungs! Auf der Straße ist es im Nebel zu gefährlich. Der nächste, den ich auf der Fahrbahn erwische, bekommt eine Tracht Prügel. Los, bewegt euch!«
    Sie liefen vergnügt davon. Inzwischen hatten sie den anfänglichen Schock überwunden und fanden ihren Spaß an der Sache.
    »Sehen wir uns den Fahrer an«, sagte Holman. »Vielleicht kann ich helfen.«
    Sie gingen um den Bus zum vorderen Ende, wo der Fahrer im Gras neben dem

Weitere Kostenlose Bücher