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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Gehirnfunktionen beeinträchtigt, dann aber an Wirkung verloren. Ich könne mich glücklich schätzen, denn das kleine Mädchen sei gestorben.« Er starrte auf den Boden, und der Kummer zeichnete scharfe Linien um seinen Mund.
    Sie drückte ihm die Hand. »Bist du ganz sicher, daß es dir nicht schaden kann, so früh das Krankenhaus zu verlassen?«
    »Ach, sie wollten natürlich, daß ich bleibe. Wollten weitere Untersuchungen vornehmen und herausbringen, ob Dauerschäden eingetreten sind. Aber ich habe genug. Ich mag kein Versuchskaninchen sein. Und dann die Reporter — die ganze Zeit sitzen sie den Überlebenden, denen es besser geht, im Nacken, und du kannst dir denken, daß ich ein lohnendes Ziel für sie bin. Gestern kam sogar Spiers hier- her, um mich zu vernehmen.«
    Spiers war Holmans direkter Vorgesetzter im Ministerium, ein Mann, den er zugleich bewunderte und haßte. Ihre vielen Streitigkeiten entzündeten sich meistens nach dem Abschluß einer Ermittlungsaktion, wenn Holman alle Beweise beigebracht hatte, die er in mühsamer und gefahrvoller Arbeit hatte zusammentragen können, und Spiers dann nichts gegen die Verursacher unternahm. »Wir nehmen es zu den Akten«, pflegte er in solchen Fällen zu sagen. Was Holman verborgen blieb, waren die Kämpfe, die sein Vorgesetzter ausfocht, um behördliche Maßnahmen durchzusetzen. Aber auch sein Einfluß war begrenzt gegenüber der Macht von Kapital und Politik.
    »Was wollte er wissen?« fragte Casey.
    »Ob ich meinen Wochenendauftrag ausgeführt habe.« Er konnte ihr nicht sagen, daß Spiers gekommen war, um zu erfahren, ob er irgendwelche Hinweise gefunden habe, die das Erdbeben mit Experimenten in Verbindung bringen konnten, welche draußen im militärischen Sperrgebiet durchgeführt wurden. Holman hielt es für unwahrscheinlich und hatte auch keinerlei Beweise, die eine solche Vermutung stützen konnten.
    »Diese fette kleine Kröte! Ich mag ihn nicht«, sagte Casey.
    »Er ist im Grunde nicht schlecht. Ein bißchen kalt, ein bißchen hart — aber sonst ganz in Ordnung. Ich muß ihm morgen sowieso Meldung machen — « Er kam ihrem Protest mit erhobener Hand zuvor. »Nur, um die Ergebnisse meiner Wochenendarbeit zu erläutern, dann nehme ich eine Woche Urlaub.«
    »Das will ich meinen, nach allem, was du durchgemacht hast.«
    »Ja, aber ehrlich gesagt, fühle ich mich jetzt gut. Die Kehle ist noch ein bißchen wund, aber ich hatte Glück, daß der Schnitt nicht zu tief ging, und ich habe hier weiß Gott genug Ruhe gehabt. Komm mit, laß uns gehen, bevor ich wieder den Verstand verliere.«
    Er lachte über ihr Stirnrunzeln.
    Kurz vor Weyhill kamen sie wieder in den Nebel. Die Straßen waren verhältnismäßig leer gewesen, das Wetter schön. Sie benutzten absichtlich die kleineren Landstraßen, weil sie es nicht eilig hatten, nach London zu kommen, sondern die Landschaft und die friedliche Wärme des Sommermorgens genießen wollten.
    Als sie vor sich die dichte Wolke sahen, war sie ungefähr achthundert Meter entfernt, eine bedrückende, unheilvoll aussehende Nebelwand. Die äußeren Ränder waren ziemlich scharf begrenzt, aber die Oberseite hatte mehr das zerfließend wattige Aussehen einer gewöhnlichen Nebelbank.
    »Seltsam«, sagte Holman und hielt an. »Ist das Rauch oder bloß Dunst?«
    »Für Dunst ist es zu dicht«, erwiderte Casey. »Es muß Bodennebel sein. Laß uns umkehren, John, es ist unheimlich.«
    »Wenn wir umkehren, müssen wir einen weiten Umweg machen. Außerdem scheint es kein ausgedehntes Nebelfeld zu sein; wir werden es bald hinter uns haben. Komisch, es ist wie eine Wand, so gerade sind die Seiten.«
    Sie fuhren beide zusammen, als eine Fanfare ertönte, und ein Bus in ihrer Fahrtrichtung vorbeibrauste. Aus dem Heckfenster schauten sechs kleine Jungen, schnitten Grimassen und streckten ihnen die Zungen heraus.
    »Verdammter Dummkopf«, murmelte Holman. »Mit welchem Tempo der in den Nebel hineinfährt!« Sie sahen dem Bus nach, wie er mit kaum verringerter Geschwindigkeit auf die Nebelwand zufuhr und darin verschwand. »Er muß wie ein Blinder sein, wenn er in den Nebel kommt.«
    Plötzlich bemerkten sie, daß die Nebelwand ihnen viel näher war als zuvor. »Kommt schnell näher«, bemerkte Holm- an. »Also los, fahren wir durch. Es wird schon gehen, wenn wir uns Zeit lassen.«
    Er legte den ersten Gang ein und fuhr weiter, ohne zu bemerken, daß das Mädchen an seiner Seite plötzlich sehr nervös wurde. Sie konnte ihre Bangigkeit

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