Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)
lange!“
Während Seth fieberhaft nach dem richtigen Text suchte und Daniel den arg mitgenommenen Marius verprügelte, waren Kyra und Amelie schon auf halbem Wege die Treppe hinauf und kratzen und bissen sich wie wildes Getier. Kyra blutete stark und hatte große Schmerzen, doch die Wut in ihrem Innersten ließ sie diese ignorieren und blindlings auf jeden Zentimeter von Amelies Körper eindreschen, den sie erwischen konnte. Zum ersten Mal in ihrem Leben wurde ihr bewusst, welche Stärke ein Vampir wirklich besaß, denn Amelie wich ihren Attacken geschickt aus und riss ihr mit nur einem einzigen Schlag den kompletten Rücken auf. Sie war unglaublich schnell und zielsicher und Kyra war sich nicht sicher, ob sie diesen Kampf gewinnen konnte. Außer gegen den Wendigo hatte sie noch nie einen so ernsthaften Kampf geführt. Schnell wurde ihr klar, dass dieser Kampf wohl ihren Tod bedeuten könnte, wenn sie sich nicht wirklich anstrengte und mit aller Macht gegen Amelie vorging.
Kyra packte sie an den Armen, wirbelte sie einmal um sich herum und schleuderte sie die Treppe nach oben in die Katakomben. Amelie fiel krachend auf den Boden und noch bevor sie sich wieder aufrichten konnte, war Kyra schon zu ihr gehechtet, drehte sich nach hinten und stieß ihr die Füße ins Gesicht. Kyras Stiefel trafen Amelie hart an der Nase, sie knallte rücklings gegen eine Wand und kam rutschend auf dem staubigen Boden auf. Obwohl eine dünne Blutfontäne aus ihren Nasenlöchern schoss, stürzte sie sofort wieder auf Kyra zu. Die beiden schlossen ihre Hände um die Gurgel der jeweils anderen und drückten zu. Keiner wollte nachgeben, obwohl sie beide keuchend nach Luft schnappten und ihre Augen in den Höhlen rollten. Kyra war knallrot im Gesicht, während Amelie Rot ausließ und gleich kastanienbraun anlief. Schließlich, als beide es kaum noch aushielten, stoben sie auseinander, zogen sich jeweils in eine Ecke zurück und funkelten sich wütend an. Kyra konnte spüren, wie ihre Kleidung durch das viele Blut an ihrem Körper klebte und ihre Glieder unter den unzähligen Hieben Amelies schmerzten, doch es kümmerte sie nicht. Wutschnaubend fuhr sie mit dem Handrücken über einen Riss an ihrer Augenbraue und leckte das Blut auf. Ihre Wunden heilten nur langsam, denn der hohe Blutverlust verzögerte die Wundheilung enorm. Amelies Wunden jedoch waren blitzschnell verschwunden. Als sie von Kyras Blut getrunken hatte, verleibte sie sich gleichzeitig eine große Menge neuer Energie ein, die ihr zusätzliche Stärke verlieh. Somit war Kyra in diesem Moment klar im Nachteil und nicht nur sie wusste das, sondern auch Amelie.
„Tapferes Mädchen“, höhnte Amelie schneidend. „Du hast dich wacker geschlagen. Aber du kannst nicht gewinnen. Du bist noch viel zu jung, deine Kräfte sind noch nicht vollständig ausgereift. Ich dagegen lebe schon viele hundert Jahre lang. Meine Macht übersteigt die von Marius bei weitem.“
„Halt die Klappe!“, sagte Kyra und klopfte sich den Schmutz von den Kleidern. „Mich interessiert nicht, für wie mächtig du dich hältst. Du wolltest, dass ich einen unschuldigen Jungen töte, den ich zu meinen Freunden zähle. Du bezeichnest Menschen als Nahrung und als minderwertig. Für mich ist das nichts anderes als „Blutsaugerabschaum“ , nur aus einer anderen Perspektive. Das, was du an den Menschen so hasst, gibst du ihnen auf dieselbe Weise zurück. Wo ist da der Unterschied?“
Sie begannen sich zu umkreisen und beobachteten dabei jede kleinste Bewegung ihres Gegenübers. Amelie fletschte die Zähne, ihre Augen glühten in einem feurigen Rot, doch Kyra versuchte, ihre Wut zu zügeln und diese Gelegenheit zu nutzen, um wieder Kräfte zu sammeln.
„Unterschied?“, keifte Amelie wutentbrannt. „Wir sind viel mächtiger als die Menschen! Wir können nicht sterben, außer durch Feuer und Enthauptung und im Falle der Ältesten und deren direkte Nachkommen durch die Vergiftung mit totem Menschenblut. Wir sind unbesiegbar! Wir sind stärker, schneller, intelligenter, sensibler und aufmerksamer, wir haben ausgereiftere Sinne und bessere Instinkte, wir sind der Gipfel der Schöpfung, die Spitze des Eisbergs! Wir stehen ganz oben in der Nahrungskette! Ist es nicht natürlich, dass die mächtigsten Kreaturen der Welt die anderen dominieren und sie beherrschen? Es ist unser gutes Recht! Wir sollten diese Welt beherrschen, nicht die Menschen, die so
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