Unheiliger Engel (German Edition)
Amulett, welches sie dir entrissen hat, als der Dämon der ersten Stunde sich an dem Fleisch ihrer unsel i gen Jünger labte. Es hat einen Teil deiner gottgegebenen Energie in sich aufg e nommen und dich somit nachha l tig geschwächt.“
„Das werde ich“, versprach Sergej.
„Das Dämonenweib muss aufgehalten und vernichtet werden.“
„Ich werde alles versuchen, diese Aufgabe zu erfüllen. Aber …“
„Ja?“
„Warum hast du sie nicht längst getötet? Mit deiner Macht wäre es einfach g e wesen . “
„Und falsch . Wir Himmlischen dürfen nicht g ravierend in die Mensche n welt eingre i fen, damit das Gleichgewicht der Dinge erhalten bleibt. Nur in wenigen, besonderen Fällen dürfen wir auf Erden unsere Kräfte gebra u chen.“
Sergej blickte unschlüssig in sein Licht.
„Das verstehst du nicht, oder?“ , fragte ihn Michael.
„Nicht ganz.“
„Gott gab den Menschen die Erde, nur wenige Gebote und ansonsten die Möglichkeit, frei zu handeln und zu entscheiden. Sie können seinen Worten fo l gen, den richtigen Pfad gehen oder sie entscheiden sich für die andere Seite. D a rauf haben wir keinen Einfluss.“
A ls Sergej schwieg, fuhr Michael fort.
„Er hat zum Beispiel gesagt, macht euch die Erde u ntertan , aber nicht, beutet sie aus und zerstört sie, vernichtet eure Mitgeschöpfe und raubt euch selbst die Luft zum Atmen. Er hat gesagt, liebet einander , aber nicht, hortet das Geld auf euren Konten und vergesst die A r men. Passieren schlimme Dinge in der Welt , ruft ihr, wo war Gott? Aber als er da war, habt ihr ihn gesehen? Ha t tet ihr Zeit für ihn, als es euch gut ging? Und klopft ein Bettler an eure Tür, lasst ihr ihn herein oder ruft ihr die Polizei oder hetzt die Hunde auf ihn?“
„Ich beginne zu verstehen . “ B eschämt blickte Sergej zu Boden. Wir haben es uns zu ei n fach gemacht.“
„Das habt ihr, obwohl es viele Zeichen gibt, die euch aufrütteln sollen.“
„Zeichen?“
„Zeichen, die ihr nur lernen müsst zu lesen. Zeichen, die warnen und ankünd i gen. Ze i chen, die aufrütteln und zur Umkehr bewegen sollen.“
„Du meinst Sintfluten, Erbeben, Dürren, Überschwemmungen oder Vögel, die urplötzlich tot vom Himmel fallen?“
„Können Zeichen deutlicher sein?“
„Eigentlich nicht.“
„Gott kann nicht alles für die Menschen tun, wenn sie sich selbst nicht auf ihn zubew e gen mögen. Änderung und Umkehr sind dennoch immer möglich, sogar Vergebung. Und ein vermeintliches Ende kann ein Neuanfang sein.“
„Du hast sicher recht, Michael.“
„Behalte in Erinnerung und in deinem Herzen, was du mir eben offen und eh r lich gestanden hast, denn mich kannst du nicht anlügen. Dass die Me n schen dir wichtiger sind als dein eigenes, unsterbliches Leben.“
„Und wenn ich es nicht schaffe?“ Sergej war bewusst, dass seine Chancen denkbar schlecht standen, mit einem Dämon in der Brust und einem Teil seiner guten Kräfte b e raubt.
„Dann musst du sterben, so l eid es mir tut. Denn dann wirst du nicht mehr du, sondern nur noch das Böse sein. Wir können nicht erlauben, dass weitere Siegel gebrochen werden und das Untier ungeschützt auf die Menschen lo s geht und sich vermehrt.“
Sergej nickte und seine Wangenknochen mahlten. „Verstehe.“ Der Dämon musste ste r ben, wie auch immer. „Dann töte mich“, forderte er Michael auf. „Bevor dieses Untier Schlimmeres anric h tet.“
„Bist du sicher?“
„Ja . “ Sergej nickte. In seinem Zustand war er nutzlos und eine Gefahr für seine Freunde , eine tickende Zeitbombe . Er besann sich auf seine Tugenden, die ihm schon früher als Kämpfer zugutegekommen waren. Pflichterfüllung , Mut und Ehre. „ I ch will kein Monster sein . “
„Du überraschst mich erneut, mein Freund. Ich fand in dir heute nicht nur die Liebe zu den Menschen, sondern auch Selbstlosigkeit. Das sind wahrlich noble Tugenden, besonders , da du so lange die Saat des Bösen in dir trägst.“
„Ich habe zu lange gelebt, zu viel getan und gesehen, als dass ich mich an mein Leben hängen würde. Aber wenn ich abtreten muss, dann bitte nicht als diese hässliche Kre a tur, deren Anblick mich bis in meine Träume verfolgen wird.“
Die Stimme schwieg eine scheinbare Ewigkeit, in der sich Sergej auf den Tod vorbereitete.
Er bettete Elaines Kopf vorsichtig auf den Boden, küsste sie sanft und e r hob sich dann. Sergej stand aufrecht und war bereit für den Tod, bereit , Michaels Entscheidung anzunehmen. Als ob er sich gegen
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