Unheiliger Engel (German Edition)
werden. Eine retrograde Amnesie liegt vor, wenn sich der Gedäch t nisverlust auf einen zumeist kurzen Zeitraum vor einem bestimmten Ereignis bezieht, ein Patient sich also beispielsweise nicht mehr an einen Unfallhergang erinnern kann. Seltener ist die anterograde Amnesie, bei der Patienten neue Erlebnisse jeweils rasch vergessen, sich aber häufig ihrer Verges s lichkeit nicht bewusst sind. Eine kongrade Amnesie liegt vor, wenn sich der G e dächtnisverlust ausschließlich auf ein bestimmtes E r lebnis bezieht. Handelt es sich in diesem Fall um ein Trauma, spricht man zugleich von einer psychogenen Amnesie bzw. Verdrängung.“ Er unterbrach seinen Monolog. „Wollen wir uns nicht besser draußen weiter unterhalten, Frau Kommissarin?“
In diesem Moment meinte Elaine, eine leise Stimme zu hören und w andte sich abrupt Sergej zu. Geh bitte nicht.
„Haben S ie das gerade gehört, Dr. Schenk?“ , fragte sie irritiert .
„Was meinen S ie?“
„Hat Herr Kasamarov nicht gerade geflüstert, ich bin beinahe sicher, etwas g e hört zu h a ben.“
„Nein, ich habe nichts gehört . “ Er trat an d en Patienten heran und prü f te die Geräte. „Aber intubiert wäre das auch kaum möglich. Wir haben ihn in ein küns t liches Koma g e legt.“
„Verstehe, wie seltsam, ich muss mich geirrt haben. Kann ich noch einen M o ment beim Patienten bleiben?“ Sie schenkte dem Arzt ein hinreißendes Lächeln, das seine Wi r kung nicht verfehlte.
„Sicher, wenn S ie mögen. Aber bitte nicht länger als fünfzehn Minuten. Der Patient braucht Ruhe und hier geht es manchmal zu wie in einem Taube n schlag.“
Ich brauche keine Ruhe, ich brauche dich!
Da war sie wieder, die leise Stimme und Elaine zuckte wie elektrisiert zusa m men. Doch als der Arzt sie nur fragend anschaute beeilte sie sich, ihm zu antwo r ten. A nscheinend hatte er wieder nichts gehört und sie wollte ihm keinen Grund geben, an ihrem Verstand zu zweifeln. „Danke, ich schaue dann nachher in I h rem Büro vorbei, okay?“
„ Ich freue mich “ , antwortete er mit einem charmant en Grinsen . „Wir könnten in der C a feteria einen Kaffee trinken, ich bin schon seit fünf Uhr auf den Beinen. Dann komme ich wenig s tens einmal zu einer Mittagspause.“
Er flirtete mit ihr und v ielleicht war es gut, einen Verbündeten unter den b e handelnden Ärzten zu haben. Ein starker Kaffee würde ihr guttun, denn sie has s te die abgestandene Luft und sterile Atmosphäre von Krankenhäusern.
Sie waren allein, endlich allein und Elaine spürte Sergejs Herzschlag wie i h ren eigenen. Vorsichtig trat sie näher an ihn heran und ihre Augen glitten über seinen verletzten Kö r per.
Berühre mich, Elaine!
Schon wieder die se Stimme ! Elaine zitterte und überlegte, ob sie kurz vor e i nem Nervenzusammenbruch stand . Als N ächstes würde vielleicht das Wel t raummonster Alf vom Plan e ten Melmak hereinspazieren und sie nach dem Weg in die nächste Galaxis fr a gen.
Hab keine Angst vor mir, Elaine!
Sie zuckt e zusammen und beobachtete Sergej, doch er hatte seine Lippen nicht bewegt und lag vollkommen ruhig. Wurde sie jetzt wahnsinnig?
Beruhige dich. Es ist nur Telepathie.
Elaine stand kurz davor, aus dem Zimmer zu fliehen . Da verstummte die Stimme und es dauerte Minuten, bis sich ihre Nerven beruhigten. Vielleicht war es nur der Hall einer Stimme aus einem anderen Patientenzimmer gew e sen , ein Radio oder was auch immer. Sie nahm einen Stuhl , schob ihn zum Bett, nahm Platz und griff se i ne warme Hand. Es war still im Raum, bis auf die Geräusche der Maschinen, sie hörte seine leisen Atemzüge und spürte selbst jetzt die inte n sive Ener gie zwischen ihren Körpern. Die Minuten vergingen wie im Flug.
„Warum bist du nur so anziehend, Sergej Nikolaj Kasamarov?“ I hre Sti m me war ein Wi s pern und sie hauchte einen sanften Kuss auf seine Lippen. „Wer oder was bist du wir k lich?“
Finde es heraus!
E laine schreckte zurück und stand ruckartig auf. Es würde besser sein, nach Hause zu fa h ren und etwas zu schlafen . Ihre Nerven spielten ihr Streiche und vielleicht würden aus ei n gebildeten Worten bald rosa Elefanten werden . Gut, dass n iemand sie beobachtet hatte. Mit einem letzten Blick auf Sergej verließ sie gehetzt und mit klopfendem Herzen das Kranke n haus . Erst draußen fiel ihr der Arzt mit der Kaffee-Einladung wieder ein.
*
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Die Weihnachtstage vergingen quälend langsam und kurz vor S i lvester riefen die Quacksalber in weißen
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