Unheiliger Engel (German Edition)
bald würde er i m Vollbesitz seiner Kräfte sein, die er g e gen Anna wenden konnte. E r konnte es nicht abwarten, sie sterben zu sehen. Die Be s tie in ihm schrie nach Vergeltung, Blut und Tod. Doch noch musste er sie bezähmen und sich zwingen, Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewa h ren.
Ein Blick auf seinen mittlerweile übersichtlichen Schreibtisch erinnerte ihn an einen let z ten Wunsch , der nicht zu seiner Mordlust passte. Diesen wollte er trotz aller Umstände in einem Brief aus feinstem Papier mit Wasserze i chen, formuliert mit Füllfederhalter und ve r siegelt, angehen. Bevor er gehen musste, wollte er einen Abend mit Elaine verbringen, auch wenn das weder klug war noch Au s sicht auf Zukunft hatte. Er schrieb den Brief, e r hob sich mit steifen Knochen, reckte sich und humpelte ein paar Schritte auf das Panoramafen s ter zu. I n der Einfahrt stand der vermaledeite Polizeiwagen mit seinen beiden Wac h hunden. Schade, dass er sie nicht mit einem Knochen weglocken oder ihren Wagen in Flammen aufgehen lassen konnte. Das wäre ein Schauspiel.
So klingelte er lediglich nach Frau Wienke, überreichte ihr den Brief mit der Bitte, ihn umgehend zustellen zu lassen und zog sich in s Schlafzimmer z u rück. Schlaf bedeutete Genesung und Kraft für das, was unweigerlich ko m men würde.
*
*
Der leichte Schneefall des Tages hatte sich in wenigen Stunden zu einem Schne e tre i ben gemausert. Wie ein Mantel aus Zucker und in weißer , reiner Unschuld hatte er sich über das Land, die Wälder und Wiesen gelegt. B e schauliche Stille herrschte und die Nacht war silbrig glänzend erhellt. Elaine mochte diese winte r liche Stimmung, den Anblick des unberührten Schnees und betrachte te ihn, wä h rend der hochgewachsene Chauffeur sie zu ihrem Besti m mungsort brachte und im Wagen wohlige Wärme herrschte. Sie war unr u hig und nervös und las erneut das Schreiben, das ihr am Vortag mit einer kleinen, silbernen Schachtel zug e stellt worden war . Das Schreiben und der silberne Schuh, der in der Schachtel verbo r gen gewesen war, hatte ihre kleine Welt erneut in ein hei l loses Chaos gestürzt .
Für Cinderella …
Sie geht in Schönheit gleich der Nacht, mit wolkenlosem Sternenschein.
Geschmückt allein mit ihrer Pracht, geschmückt mit ihrem Reiz allein.
Seht, welch ’ ein Zauber sie umlacht!
So herrlich kann die Nacht nie sein!
Teure Elaine, wenn Du herausfinden willst, wer ich bin und was mich anziehend für Dich macht, so e r laube mir, Dich morgen Abend zum Dinner zu mir zu bitten. Mein Fahrer wird Dich abholen und sicher und diskret zu mir bringen.
Mit Hochachtung, S. N. Kasamarov
Nie zuvor hatte ein Mann etwas derart Romantisches für sie gemacht. Nie z u vor hatte sie eine ähnlich schmerzende und pulsierende Sehnsucht nach einem Mann verspürt. Auch wenn sie ganz bestimmt nicht Cinderella war, verstand es Sergej, sie wie ein dunkler Prinz zu verzaubern und in eine Märchenwelt zu en t führen.
Als der Benz schließlich das letzte Waldstück passiert hatte und eine verschne i te, Fackel n gesäumte Auffahrt hinaufrollte, meinte sie , Sergejs Nähe bereits sp ü ren zu können. Sie schloss ihren Wollmantel, stieg aus und lief zum Haus, wä h rend ihre Stiefel tiefe Abd rücke im Schnee hinterließen. Ho f fentlich hatte Sergej Wort gehalten und sie würden unbehelligt sein, denn sie konnte sich nicht erla u ben, dass ihr Chef von dieser Sache Wind bekam.
Sergej erwartete sie bereits an der Tür, hauchte einen galant en Kuss auf ihre Hand , verbeug t e sich und reichte ihr das silbrig glänzende Gegenstück zu dem Schuh.
„Hallo Cinderella. Danke, dass du gekommen bist. Ich darf doch heute au s nahmsweise Du sagen?“
„ Okay. “ In ihrer Kehle steckte e in Kloß.
Sergej kniete sich vor ihr auf den Boden, nahm die beiden Schuhe aus ihrer Hand und half ihr, aus d en Stiefeln zu steigen. Elaines Herz pochte, als er ihr langsam und mit Seelenruhe die sündhaft teuren Peep-Toe-High-Heels von Ji m my Choo anzog und dabei ihre Waden streifte. Die filigranen silbernen Sch u he passten wie angegossen.
„Perfekt.“ Stolz schwang in seiner Stimme und er erhob sich.
„Viel en Dank, die sind bezaubernd.“
„Sie unterstreichen nur den Zauber einer Frau“, korrigierte er und gab ihr einen flücht i gen Kuss. „Es ist schon angerichtet, wenn du mir bitte folgen möchtest?“ F röhlich überspielte er ihre Befangenheit und nahm ihr den mit Kunstp elz b e setzten Mantel ab. „Wie spe i sen im
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