Unheiliger Engel (German Edition)
gespannt, wie er sich nun aus der Affäre ziehen würde . Er dre h te sein Glas in der Hand, schwenkte es und das Kristall funkelte im Kerze n licht. Natürlich ahnte er, dass es in ihrer Natur lag, sein Innerstes ergründen zu wollen und er würde sich eine passende An t wort zurechtlegen.
„Ich bin ein einfacher Mensch, mit ein paar guten und ein paar schlechten E i genscha f ten, wie jeder andere auch.“
„Du neigst doch sonst nicht zum Un derstatement.“
„Nicht?“ E r grinste .
„Nein, diese Zurückhaltung steht dir irgendwie nicht.“
„Es ist schwer, sich selb st zu beschreiben . “ Sergej seufzte gespielt.
„Du weichst mir aus.“
Vier Worte, die eine Herausforderung für ihn sein mussten , mit passende r M i mik und Gestik gespickt. Sie ahnte, dass sie ihn damit kriegen konnte, denn ein Typ wie er schät z te Herausforderungen und intelligente Wortduelle.
„Na schön, ich bin ein Mann, der gern diskutiert und kommuniziert, der seinen Kopf nie ausschalten kann und will, der neugierig ist, gern reist, die Kunst, M u sik und Oper liebt, der viel arbeitet . “
„Ich weiß, dass du ein gebildeter Mann bist, dich für Kultur, Musik und Kunst interessierst . Aber was macht dich wirklich aus? Wie ist dein Innerstes aufg e stellt?“
„Was willst du hören, Elaine?“
„Die Wahrheit über dich . Warum hast du mich sonst zu dir gebeten?“
Se r gej antwortete nicht sofort und blickte tief in ihre Augen. Zu gern hätte sie gewusst, welche Gedanken durch seinen Kopf spukten und sie hatte einen M o ment das Gefühl, dass er sich ihr öffnen würde. Doch dieser M o ment verstrich und seine Miene verschloss sich wieder. „ O der dachtest du, dass ich nach dem Abendessen deinem Charme erlegen wäre und in dein Bett …“
„Nein“ , unterbrach er.
„ Nein ?“
„Es hätte mich natürlich nicht gestört“, gab er zu. „Im Gegenteil.“
„Lassen wir das . “ S ie schüttelte ihr Haar. „Also warum?“
„Weil ich dich gern wieder sehen wollte. Mich mit dir unterhalten unter a n deren Umstä n den, nicht als Polizistin und Verdächtigter und auch nicht als profanes Bett-Häschen.“
„Das weiß ich . “ I hre Stimme war sanft . „Deshalb bin ich hier, aber ich kann die Umstä n de nicht komplett ausblenden.“
„ I ch habe das Mädchen nicht getötet . “
Sergej hoffte anscheinend , dass sie die Wahrheit dieser Worte in seine m Blick l e sen konnte, d er sie bat, ihm zu glauben. Dennoch wollte sie heute Abend nicht darüber reden. Allein die Erinnerung an die Szenerie in de r blutverschmierten Wohnung ließ sie frösteln.
„ Entschuldige, w ir wollten nicht darüber reden, nicht heute . “ Elaine ve r mied für Seku n den den Blickkontakt.
„Ich wollte es nur sagen.“
Elaine seufzte innerlich. Sie wollte ihm gern glauben, dennoch war der he u tige Abend nicht der passende Rahmen für dieses Gespräch. Dieser Abend hätte eigentlich nicht stattfinden dürfen und bislang hatte sie erfolgreich au s blenden können, dass es so war.
Es entstand eine kleine Pause, die er glücklicherweise schnell füllte. „Also z u rück zu de i nen Fragen.“
„Das ist eine gute Idee und ich lausche andächtig.“
„Natürlich halte ich mich für einmalig und einzigartig. Das tun andere zwar auch, aber ich denke, dass ich dazu aufgrund meines bisherigen Lebens mehr Berechtigung habe. So bin ich beispielsweise sicher, dass ich in puncto Allg e meinbildung, Vielseitigkeit der beruflichen Erfahrungen, Interessen und Beg a bungen den meisten überlegen bin. Das klingt vie l leicht arrogant, aber ich gehöre auch nicht zu den ganz Bescheidenen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen, wie du bereits vorhin festgestellt hast.“
„Wohl kaum, dein Licht scheint strahlend und ist für viele vielleicht zu hell. Damit machst du dir nicht nur Freunde . “
„Wie meinst du das?“
„Ich denke, du weißt genau , wie du auf andere Menschen wirkst. “
„Mag sein“, gab er zu. „Vielleicht grenze ich mich manchmal ab. Es en t spricht nicht me i nem Naturell, mich schnell zu öffnen und meine Gefühle nach außen zu posaunen. Das können andere besser als ich.“
„Ich wollte dich nicht angreifen“, beschwichtigte Elaine und nippte an i h rem Glas. Das gab ihr Zeit, ihn unter gesenkten Wimpern zu betrachten und seine Regungen zu studi e ren.
„Das weiß ich. In meinem Beruf muss ich dominant, zielstrebig und fo r dernd sein, das fällt mir keinesfalls schwer. Dennoch spiele ich meine
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