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Unheilvolle Minuten (German Edition)

Unheilvolle Minuten (German Edition)

Titel: Unheilvolle Minuten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Cormier
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Revolver in die linke Hand zu drücken – der Rächer hatte in der Schule bemerkt, dass er Linkshänder war – und Vaughns Zeigefinger um den Abzug zu krümmen. Dann ließ er den Revolver aus Vaughns Hand fallen, dass er klirrend auf dem Boden landete. Genau so, wie er es im Fernsehen beobachtet hatte.
    Mit zusammengekniffenen Augen sah er auf die blutige, zu Boden gestürzte Gestalt. In gespenstischer Stille lag Vaughn Masterson da. Mit einem Mal zu einem Ding geworden. Er würde niemanden mehr quälen, und die Schüler der fünften Klasse der Lucy-Pearl-Grundschule konnten jetzt in Frieden leben.
    Der Rächer lächelte sein Lächeln der Vergeltung, als er seine Büchertasche aufhob und über die Schulter hängte. Dann ging er nach Hause. Er kam rechtzeitig heim, um mit seiner Mutter den üblichen Nachmittags-Imbiss einzunehmen. Eisgekühlte Milch und Sirupkekse.
    Pink. Ein leuchtendes Rosa, so kühl wie ein Eislutscher. Das war die Farbe des Jahres. Die Farbe, die Patti, Leslie und sie zu ihrem Motto erhoben hatten. Außerdem hatten sie beschlossen, subtil vorzugehen. Nicht zu übertreiben, sondern Pink im Zubehör zu verwenden, immer abwechselnd mal bei den Halsketten, Armbändern oder Ohrringen. Rosafarbene Blusen, ein Hauch von Pink in ihrem Schmuck. Und rosa Gedanken. Was bedeutete, dass sie nicht in Hitze gerieten. Es mit den Typen ganz cool angingen. Außerdem benutzten sie pink als Geheimwort. Die Bedeutung änderte sich je nach Situation. Zum Beispiel bei Johnny Taylor. Leslie war ganz pink nach ihm. Dann kicherte Patti. Sie war eine Kichererbse; beim geringsten Anlass quoll das Gekicher wie Seifenblasen aus ihrem Mund. Manche Leute trieb das zum Wahnsinn, aber nicht Jane und Leslie. Unter Freundinnen nimmt man so etwas hin.
    Pink verband sie zu einer geheimen Allianz. Wie sie das Wort benutzten, war für andere verwirrend, brachte sie untereinander aber noch näher. Leslie zum Beispiel war die große Dame an der Burnside Highschool, immer so herausgeputzt, als wäre Sonntag, und sehr pingelig, was ihr Haar und Make-up anbetraf. Und doch war auch ein verrückter Zug an ihr, von dem nur Patti und Jane etwas wussten. »Pink auf ihn«, pflegte Leslie auszurufen, wenn sie auf einen Jungen gerade böse war. Und dann lachten sie alle und kicherten, denn sie wussten, welches Wort Leslie durch pink ersetzt hatte.
    Janes Lieblingsfarbe war zwar Blau, aber sie machte dennoch bei diesem Pink-Wahn mit. Das tat sie gern, denn sie liebte Patti und Leslie und hätte alles für sie getan, wirklich alles. Und die beiden empfanden ihr gegenüber genauso.
    Bis zu der Verwüstung.
    In ihren Gedanken bezeichnete sie es als »die Verwüstung«, aber es war natürlich noch mehr. Dazu gehörte auch das, was Karen widerfahren war, und das Koma, das sie auf der Intensivstation im Krankenhaus in einen sonderbaren Schlaf hüllte. Jane versuchte, nicht daran zu denken. Im Geiste ordnete sie alles diesem einen Wort unter: Verwüstung . Das schloss ihr Haus und Heim mit ein, mit allem, was darin war. Auch Karen war verwüstet worden, zerstört. Weggeworfen, die Kellertreppe hinunter, wie eine Lumpenpuppe, wenn man nicht mehr mit ihr spielen wollte.
    Die Folgen der Verwüstung hatten sich jedoch ausgebreitet, über das Haus und die Intensivstation hinaus. Hatten Veränderungen bewirkt. Hatten die Arbor Lane verändert und auch Patti und Leslie. Oh, natürlich waren sie voller Mitgefühl. Wie vor den Kopf gestoßen von dem, was passiert war. Am Tag nach der Verwüstung waren sie zu Besuch gekommen und Jane hatte sie widerstrebend durch das Haus geführt. Jetzt tat es ihr leid, dass sie die beiden eingeladen hatte, den Schaden zu besichtigen. Das heißt, eine richtige Einladung war es nicht gewesen; sie hatte nur auf die Neugier der beiden reagiert, als sie auf der hinteren Veranda saßen. »Ist es wirklich so schlimm, wie alle sagen?«, hatte Patti gefragt. Wer ist »alle«?, hatte Jane gedacht. Doch dann hatte sie die beiden durchs Haus geführt, weil sie den Schaden durch ihre Augen sehen wollte. Angesichts der Schäden und des Durcheinanders war ihr jedoch zunehmend unbehaglich zu Mute geworden. Und mehr als das. Mit einem Mal hatte sie sich geschämt , und sie hätte sich am liebsten verkrochen, so als hätte sie etwas Schlimmes getan und nicht die Täter, die Eindringlinge.
    Leslie, ganz Dame wie eh und je, war mit leicht gerümpfter Nase durchs Haus geschritten, die Arme unbehaglich am Körper angewinkelt, wieso angewinkelt? Und

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