Unheimliche Begegnungen (German Edition)
einige Skelette. Die Gefangenen mussten wohl verhungert sein, als die Burg vernichtet wurde. Nur wundert es Vinc, dass nur welche in den Zellen lagen. Wo aber waren die Skelette der Bewohner der Feste? Waren sie geflüchtet?
Er zählte mindestens zehn Arrestzellen. In eine setzte er sich auf einen Holzklotz. Er war wohl als Sitzgelegenheit für die Gefangenen gedacht. Doch in einer Ecke sah er ein Beil liegen. Es war stark verrostet, aber Vinc konnte erkennen, das dies einem Scharfrichter gehört haben musste. Und nun ahnte er, auf was er saß. Es war ein Fallklotz. Vinc aber war zu ermattet, um aufzuspringen und diesen schrecklichen Ort zu verlassen.
Ihm ging einiges durch den Kopf.
Wie sollte er hier wieder herauskommen? Er dachte an sein Handy. Ein Ruf nach draußen könnte die Rettung sein. Vielleicht Vanessa und Tom um Hilfe bitten. Doch wie er ja erfahren hatte, waren sie gespiegelt worden.
Die Eltern? Das wäre wohl die einzige Lösung. So wollte er denn ihre Nummer wählen. Doch auf dem Display des Handys stand nur: kein Empfang.
Vinc leuchtete mit der Taschenlampe weiter den Gang entlang, der soweit nach hinten ging, dass sich der Kegel des Lichts im Nichts verlor. Er folgte dem Gang. An den schroffen Felswänden bemerkte er, dass er schon längst die Kerker der Burg verlassen haben musste. Er ahnte, dass dies womöglich ein unterirdischer Fluchtweg der Burgherren gewesen sein könnte. Aber wo führte er hin?
Es dauerte nicht lange, bis sich der Gang weitete und in einer kleinen Höhle endete.
Er leuchtete sie ringsum ab, aber er sah nur links und rechts schroffe Felswände. Gegenüber dem Gang, aus dem er gekommen war, sah er die Andeutung eines Ausgangs, in dem lockeres Erdreich lag, so als wäre die Höhle vor kurzem erst verschüttet worden. Und nun ahnte er, wo er war. Genau in der Felsengrotte, die sie im Sommer aufgesucht hatten. Vinc leuchtete den Boden ab. Er sah Gegenstände liegen. Ein Glasauge, einen Dolch und einen Siegelring. Genau diese Dinge, die sie damals fanden. Es kam ihm wieder vor, als sei in ihnen die Zukunft gezeigt worden.
Er steckte die Sachen ein, denn wichtiger war im Moment, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien.
Er versuchte noch einmal sein Handy zu benutzen, doch wie erwartet, befand er sich noch immer in einem Funkloch. Er wusste, dass es sowieso unmöglich war, in der Nähe der Felsengruppe zu telefonieren.
Da es heutzutage gang und gäbe war und fast schon zum Muss gehörte Scheiße zu sagen, denn im Fernsehen bedient man sich des Öfteren dieses Schimpfwortes, so benutzte er auch dieses Wort, um seine verfahrene Situation etwas zu erleichtern.
„Scheiße, da sitze ich ja ganz schön in der Scheiße.“ Unbewusst sah er sich nach Vanessa um, die dieses Wort überhaupt nicht mochte. Natürlich war dies unsinnig, denn sie konnte ja unmöglich hier unten sein.
Er musste einen Weg finden, um diese unfreiwillige Gefangenschaft zu beenden. Da ihm diese Höhle nichts weiter brachte, entschloss er sich wieder zurück zu den Gefängniszellen zu gehen. Er musste das Buch finden, das Xexarus versteckt hatte.
Er suchte Zelle für Zelle ab, aber er konnte keine Nische entdecken, in der das Buch getan wurde. Aufgrund der Nähe der Stimmen, die Vinc von den beiden vernommen hatte, schloss er daraus, dass es auch ziemlich weit vorne versteckt worden sein musste.
Er untersuchte noch einmal gewissenhaft die ersten Zellen. Er konnte einfach nicht das Versteck finden.
Da fiel ihm bei den ersten gegenüberliegenden Kerkern etwas auf. Warum war der rechte kleiner als der Linke. Er verglich die weiteren Verliese und ging sie mit seinen Schritten ab. Die rechte hatte im Maß einen Schritt weniger. Er fotografierte die Wand, denn seine Taschenlampe wurde immer schwächer. Er hätte die Batterien erneuern sollen, bevor er sich in dieses Abenteuer wagte. Der Sinn, die Wand abzulichten, bestand darin, dass er ja die Bilder auf seiner Digitalkamera betrachten und sie hell einstellen konnte. Wenn auch die Bilder klein waren, so konnte er aber vielleicht eine Stelle finden, die nicht so recht ins Bild passte.
Als er gespannt auf das Foto schaute, war er sehr verwundert. Es gab gar keine Wand. Diese, vor der er stand, musste aus Magie sein und nur eine vortäuschen. Vinc ahnte etwas. Grenzen oder Wände aus Magie wurden von den Kameras nicht erfasst. Er wusste, dass er mit seiner Kamera jedes magische Hindernis durchschauen konnte. Er machte die Probe an der Eingangstür zum Gang.
Weitere Kostenlose Bücher