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Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI

Titel: Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Sonnenblume. Die Sonnenblume ist nämlich das Symbol der Rückkehr zur Erde. Sie ist uns sozusagen heilig. Als ich Verbindung mit der Erde aufnahm, nannte ich mich aus symbolischen Gründen gleichfalls So n nenblume. Eigentlich heiße ich Valentin Fuks.
    Ich würde Sie gerne weiter Sonnenblume nennen, sagte Elektra, der Name steht Ihnen.
    Sonnenblume alias Fuks bog und wand sich, rieb verlegen die Hände und grinste. Zuviel Ehre, Frau Elektra.
    Die beiden konnten ja glänzend.
    Ich fragte, was gibt es zu futtern. Bei feierlichen Anlässen werde ich leider gern ordinär.
    Da marschierten schon die Lumen ein. Keiner so schön wie Sonne n blume, griesgraue, bärtige Opas, Glatzenkönige, bebrillt, jüngere Leute in schlechter Haltung, und die Frauen alle zu dick; sogar die Teenager hatten schon Speckbäuche. Sie bepatschten uns alle die Hände. Wie schön, daß Sie gekommen sind. Sie sind unsere Retter. Sie sind wahre Engel. Wir sind von ewigem Dank erfüllt. Nie werden wir Ihnen die Tat vergessen.
    Wir haben noch gar nichts getan, sagte Elektra.
    Schon, daß Sie gekommen sind. Und Ihre Bereitschaft zur Hilfe. Wenn das keine Tat ist. Wir sind Ihnen unerschütterlich auf ewig ve r bunden.
    Auch Sonnenblume erging sich leider in solchen Redensarten, und solche Worte wie Lorbeer, Ruhm, unvergängliches Heldentum prasse l ten auf uns nieder.
    Ich legte Sonnenblume schließlich begütigend die Hand auf die Schu l ter. Ich hab das sehr gern, Sonnenblume, mir geht das ein wie Öl, und das ist schlecht für meinen Charakter. Mein Charakter muß was Festes zu beißen und zu verdauen haben.
    Da kam zum Glück das Essen, Fleischplatten und Braten in unhei m lichen Erscheinungsformen. Ich glaube, es waren insgesamt fünf- bis sechshundert Stück. Man konnte sich herunterschneiden, worauf man gerade Appetit hatte. Gemüse- und Salatschüsseln waren es mindestens ebenso viele. Und das waren Salate, mit denen der raffinierteste Alge n salat nicht mitkam. Da waren Früchte drin, die wir überhaupt nicht kannten, und es gab Cremes, die wir nie gegessen, und Suppen, die wir nie geschlürft, und Weine, an denen wir noch nicht mal im Traum zu riechen gewagt hätten.
    So leben die hier, dachte ich dauernd und schlauchte mich ordentlich voll. Sie leben hier aber, Sonnenblume.
    Ach, sagte er traurig, das ist alles nichts mehr. Sie hätten früher he r kommen müssen, da gab es noch Nahrung, die als solche bezeichnet zu werden verdiente. Das ist hier nur ein armseliger Abglanz unserer ei n stigen Eßkultur.
    Da werden Sie sich auf der Erde ein bißchen umstellen müssen.
    Das tun wir gerne, sagte er, wir geben gerne alles hin.
    Dann erschienen automatische Tischabräumer und rissen uns, weil wir gerade mal nicht zulangten, die restlichen Speisen weg, auch Teller, Schüsseln und das Besteck.
    Es kommt gleich wieder neu, sagte Sonnenblume.
    Und so geschah es nun immer, wenn wir eine Pause einlegten. Es müssen während dieser Feier mindestens zehntausend Teller hin und her bewegt worden sein.
    Keine Angst, daß Sie noch einmal dasselbe bekommen, das G e brauchte fliegt gleich in den Müll.
    Sie leben hier, sagte ich.
    Und er nickte traurig.
    Die Feier danach war stinklangweilig. Ich mußte mit den dicken L u minnen tanzen!
    Elektra hatte wenigstens Sonnenblume, die Männer waren überhaupt nicht so schlimm wie die Frauen, die mich mütterlich ansahen und mich heimlich befühlten. Die Luft hatte sich inzwischen verbraucht.
    Ich fand auch, daß der Himmel, der durch das Saalfenster geleuchtet hatte, nicht mehr so frisch war. Ganz plötzlich hatte sich ein Gra u schleier davorgehängt.
    Bald kam es mir so vor, als ob es von draußen stank.
    Das Wetter schlägt um, sagte Sonnenblume, wir müssen dicht m a chen. Ich ersuche zwecks Sauerstoffersparnis die Feier jetzt stiller for t zusetzen. Die Musik brach ab, Fenster und Türen wurden fest verra m melt. Ein dünnes Notlicht brannte.
     
     
    11
    Was kommt jetzt? fragte ich.
    Jetzt, sagte Sonnenblume, kommt der Modderwind.
    Und wo kommt der her?
    Von den Abfallbergen und Schutthalden, die außerhalb der von L u men bewohnten Zone hemmungslos aufgetürmt werden. Gebirge, um Ihnen ein Vergleichsmaß zu geben, von der Höhe etwa Ihres Mount Everest, und sie wachsen noch. Manchmal kippen sie allerdings über, und es kommt zur Lawinenbildung. Nun, das geschieht außerhalb uns e res Wohngebietes. Das könnte uns noch gleichgültig sein, aber der Modderwind kommt bis hierher. In ihm atmen zu wollen ist Selbs

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