Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI
als ich ganz trocken sagte: Das hatten wir schon auf der Erde, aber wir haben es dann gelassen.
Sie hatten auch nicht diese Erscheinungsformen im Nacken, sagte er wütend. Es war nicht diplomatisch, uns anzubrüllen, aber der an sich sanfte Mensch konnte sich manchmal nicht beherrschen. Er war mit den Nerven fertig, das sah man.
Trotzdem dachte ich nicht daran, Entsetzen zu äußern oder ihm den Kopf zu streicheln und ihn zu bedauern. Ich verstand nämlich übe r haupt nicht, wozu die paar Lumen ein so gewaltiges Industriegebiet brauchten. So etwas hatte ich weder in alten Erdfilmen noch auf der heutigen Erde gesehen.
Alles war gigantisch verschlungen, Rohrsalat und Schornsteinbündel und Produktionshochhäuser wie Felswände, die alles verdunkelten, und dann wurde auch noch angebaut; überall, wohin wir kamen, lag Baug e rümpel umher und standen Stahlgerüste, deren oberes Stockwerk im Nebel verschwamm.
Das kann man doch nicht wild vor sich hin wuchern lassen, sagte ich, so was muß man in den Griff nehmen.
Nehmen Sie mal, sagte Sonnenblume bitter. Diese Verbrecher, en t schuldigen Sie, ich muß sie so nennen, haben doch keinerlei Einsicht. Wir haben es ihnen so oft vorgestellt, aber sie sind nicht zu überzeugen. Es ist alles ihr Werk, der Untergang unserer Wälder, der Modderwind, das Absterben jeglichen lebenswerten Lebens, aber sie fahren in ihrem Zerstörungswerk fort.
Aber sie selber sind Ihr Werk?
Das Werk meiner Vorfahren, ja. Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, daß wir uns davon distanzieren, obwohl ich sagen möchte, daß meine Vorfahren sich natürlich etwas dabei gedacht haben, als sie diese Ung e heuer schufen. Sie hatten den Wohlstand und das Glück des Volkes der Lumen im Auge. Hier sollte ein wahres Paradies des Überflusses sein, wo nichts unmöglich wäre und jeder nur auftauchende Wunsch erfüllt werden könnte. Leider aber entstand dabei ein Geschöpf, dessen Pr o dukte wir jetzt sehen und mit dem wir nicht mehr fertig werden.
12
Ich gelte eigentlich als taktvoller Mensch. Auch Elektra dichtete mir, und das besonders, als wir noch in der Kapsel hausten und unsere Li e be noch in den Anfängen steckte, ein feines Gefühl für die Empfin d lichkeiten der Mitmenschen an. Aber wenn ich hinter etwas her bin, zum Beispiel hinter einer Entdeckung, vielleicht auch einer raffinierten Kassette, die nur klein aufgelegt ist oder schon antiquarisch, vergesse ich das feinfühlige Benehmen. Dann schlängle ich mich nicht dreimal von hinten um mich selbst, dann werde ich direkt und manchmal sogar unverschämt.
Ich mußte schon Elektras nicht gerade erfreuten Blicke einstecken, als ich zu Sonnenblume von dem irdischen Recht auf ein eigenes Urteil sprach, aber richtig unzufrieden sah sie mich an und schüttelte hinter Sonnenblumes Rücken sogar den Kopf und winkte mit der Hand ab, als ich sagte, Freund Sonnenblume, jetzt möchte ich mit den Ersche i nungsformen mal selber reden. Vielleicht komme ich mit ihnen ganz gut zurecht. Das letzte sagte ich natürlich im Spaß.
Sonnenblume schauderte. Mit denen kommt keiner zurecht, schon gar nicht jemand, der aus gesicherten irdischen Verhältnissen stammt.
Trotzdem möchte ich mit ihnen reden, sagte ich. Ich mag das nicht, wenn mir über jemanden nur berichtet wird. Traurig genug, daß wir uns auf die Berichte über unsere Vorväter verlassen müssen. Ich würde die Altchen gerne selbst mal reden hören, vielleicht würde da manches a n ders klingen. Denn wer berichtet über die Vorväter? Natürlich deren Kinder. Kann man von denen einen einigermaßen objektiven Bericht verlangen? Ihre ungeheuerlichen Erscheinungen aber leben zum Glück.
Sonnenblume sagte, nur ist es so, daß wir den Umgang mit diesen Existenzen meiden. Wir verkehren mit ihnen im äußersten Falle schrif t lich oder televisionistisch. Er entwischte, um einen Televisionskasten herbeizuschaffen.
Ich war froh, ein paar Minuten mit Elektra allein zu sein. Ich merkte schon, daß sie sich aussprechen wollte.
Ich würde nicht so in ihn dringen, Merkur, sagte sie. Du trittst hier auf wie ein Untersuchungsrichter, du verhörst ihn ja schon fast. Wir sind hierhergeflogen, um den bedrängten Lumen zu helfen.
Und um rauszukriegen, was der Erde zustoßen könnte, sagte ich.
Ja, sagte sie, aber meinst du, das findest du heraus, wenn du zu So n nenblume so bist?
Wie bin ich denn? Ich war nun schon ein bißchen ärgerlich.
Du mußt das diplomatischer anfangen, ihn erzählen lassen und nicht
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