Unheimlicher Horror: d. übernatürl. Grauen in d. Literatur ; Essay
- sogar zurück bis in vormenschliche Tage in den dampfenden Sümpfen des Karbons und weiter in noch unvorstellbarere Tiefen der Urzeit und des Daseins. Er verlangt nach wahnsinnigerer Musik und nimmt stärkere Drogen, und schließlich bekommt sein großer Hund seltsame Angst vor ihm. Ein ungesunder tierischer Gestank umgibt ihn, und sein Gesicht wird ausdruckslos, während er selbst nichtmenschliche Züge annimmt. Am Ende flüchtet er sich in den Wald, und nachts heult er unter den Fenstern. Schließlich findet man ihn tödlich zerfetzt in einem Dickicht. Neben ihm liegt der zerfetzte Kadaver seines Hundes. Sie haben sich gegenseitig umgebracht. Die Atmosphäre dieses Romans ist von unheilvoller Eindringlichkeit, wobei den finsteren Haus und den häuslichen Umständen der Hauptfigur besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Ein weniger subtiles und ausgeglichenes, aber dennoch höchst wirkungsvolles Werk ist Herbert S. Gormans Roman THE PLACE CALLED DAGON, der die düstere Geschichte eines abgelegenen Winkels in West-Massachusetts erzählt, wo die Nachfahren der vor den Salemer Hexenprozessen Geflüchteten immer noch ihre morbiden und entarteten Schrecken des Hexensabbats am Leben erhalten.
»Sinister House« von Leland Hall weist durchaus atmosphärisch großartige Stellen auf, leidet aber unter dem etwas billig romantisierenden Ton.
Sehr bemerkenswert in ihrer Art sind einige unheimliche Schöpfungen des Romanciers und Kurzgeschichtenverfassers Edward Lucas White, deren Themen zumeist tatsächlichen Träumen entstammen. »The Song of the Siren« verbreitet ein sehr überzeugendes Gefühl des Sonderbaren, während »Lukundoo« und »The Snout« dunklere Ahnungen aufkommen lassen. Mr. White verleiht seinen Geschichten eine sehr eigentümliche Qualität - einen verhaltenen Zauber, der eine spezifische Überzeugungskraft ganz eigener Art besitzt.
Von den jüngeren Amerikanern trifft keiner den Ton kosmischen Grauens so gut wie der kalifornische Dichter, Künstler und Erzähler Clark Ashton Smith, dessen bizarre Schriften, Zeichnungen, Gemälde und Gedichte das Entzücken eines kleinen Kreises feinfühliger Geister sind. Als Hintergrund dient Mr. Smith ein Universum fernen und lähmenden Entsetzens - Dschungel von giftigen und irisierenden Blüten auf den Monden des Saturn, böse und groteske Tempel in Atlantis, Lemuria und vergessenen älteren
Welten, und klamme Moraste von gesprenkelten Todespilzen in gespenstischen Ländern jenseits der Erde. Sein längstes und ambitioniertestes Gedicht, »The Hashish-Eater«, ist im fünffüßigen Blankvers verfasst und eröffnet chaotische und unglaubliche Horizonte eines kaleidoskopischen Alptraums im weiten Raum zwischen den Sternen. An schier dämonischer Seltsamkeit und Fruchtbarkeit seiner Vorstellungen wird Clark Ashton Smith womöglich von keinem anderen lebenden oder toten Schriftsteller übertroffen. Wer sonst hat solche glänzenden, blühenden und fieberverzerrten Visionen unendlicher Sphären und mannigfacher Dimensionen erlebt und war imstande, davon zu erzählen? Seine Kurzgeschichten handeln eindringlich von anderen Galaxien, Welten und Dimensionen, aber auch von fremden Gefilden und sonderbaren Äonen der Erde. Er erzählt vom urzeitlichen Hyperborea und seinem amorphen schwarzen Gott Tsathoggua, dem verlorenen Kontinent Zothique und dem sagenhaften, von Vampiren heimgesuchten Land Averoigne im mittelalterlichen Frankreich. Einige der besten Werke Smiths finden sich in dem Bändchen THE DOUBLE SHADOW AND OTHER FANTASIES (1933).
8. DIE TRADITION DES UNHEIMLICHEN AUF DEN BRITISCHEN INSELN
Die neuere britische Literatur hat nicht nur drei oder vier der größten Phantasten der Gegenwart zu bieten; sie hat sich vielmehr erfreulich fruchtbar auf dem Gebiet des Unheimlichen erwiesen. Rudyard Kipling hat sich auf diesem Gebiet oft betätigt, und trotz seiner allgegenwärtigen Manierismen hat er derartige Themen mit unbezweifelbarer Meisterschaft in Erzählungen wie »The Phantom Rickshaw«, »The Finest Story in the World«, »The Recrudescence of Imray« und »The Mark of the Beast« behandelt. Gerade die letzte Geschichte ist hier von besonderem Interesse: der nackte, leprakranke Priester, der wie ein Otter fiepst; die Flecken, die sich auf dem Brustkorb jenes Mannes zeigen, den der Priester verflucht hat; das wachsende Verlangen nach Fleisch, das das Opfer des Fluchs zeigt, und die Angst, die Pferde ihm gegenüber zu zeigen beginnen; und schließlich die
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