Unirdische Visionen
andere Nummer.«
»Ist doch nicht meine Schuld, wenn sie bei jemand anderem kauft.«
»Sie hat das Neut hier gekauft. Ich habe die Quittung gesehen.«
»Dann hat sie mit einem meiner anderen Kunden getauscht«, schnappte der alte Mann.
»Zwei Ihrer Kundinnen haben denselben Namen. Adele Schultz. Wir nehmen uns noch einmal die Bücher vor.«
O’Reilleys runzliges Gnomengesicht wurde eigensinnig.
»Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt noch habe …«
Norris fuhr ihn ungeduldig an: »Jetzt hören Sie aber einmal zu. Ich könnte hier einiges beanstanden. Den schlechten Zustand der sanitären Anlagen und so weiter. Gar nicht zu reden von dem Ladenschild: ›Dumme Blondchen.‹ Das wurde gesetzlich verboten, als dieser gerissene Hund von Doktor Wachstumshormone in K-188iger schoß und versuchte, sich einen Harem aufzuziehen und zu verkaufen. Abgesehen davon, sind Sie verpflichtet, Geschäftsunterlagen aufzuheben, bis sie mikrogefilmt sind. Seit Juli ist aber nichts auf Mikrofilme aufgenommen worden.«
O’Reilley zog widerstrebend einen dicken Band unterm Ladentisch vor und steuerte damit auf die Treppe zu.
»Wohin gehen Sie?«
»Meine alten Gläser holen«, murrte er. »Kann nichts sehen mit den neuen.«
»Lassen Sie das Buch hier.«
*
Es vergingen ungefähr fünf Minuten, bis der alte Mann wiederkam. Norris sah, daß seine Hände zitterten, als er die Seiten umblätterte.
Mrs. Adele Schultz … Schimpanse-K-99~LJZ-351. Es war die Nummer des Tieres, das er wollte, aber sie stimmte nicht mit der Nummer von Mrs. Schultz’ Neutroid und der Nummer ihrer Quittung überein.
Er hielt die Seite gegen das Licht. O’Reilley atmete hörbar. Norris legte das Buch wieder hin, faltete ein zweimal zusammengelegtes Taschentuch um die Schneide seines Taschenmessers und trennte fein säuberlich die gewünschte Seite ab.
Er sah den alten Mann kalt an. »Saubere Arbeit, die Sie da geleistet haben. Wir sehen uns vor Gericht wieder.«
»So warten Sie doch!«
Norris drehte sich um.
O’Reilley sank in sich zusammen. »Lassen Sie es uns bereden«, sagte er schwach.
Norris folgte ihm die Treppe hinauf in ein schmuddeliges Zimmer. Der winzige Raum roch nach Kohl und Schweiß. Ein orangeschopfiges Neutroid schlief auf einem Teppich in der Ecke. Norris kniete sich hin und las auf dem tätowierten Fuß: K-99-LJZ-351. Er war nicht überrascht.
»Sie haben wahrscheinlich eine Menge Erklärungen auf Lager«, erkundigte sich Norris ruhig.
»Eigentlich gar keine«, seufzte O’Reilley. »Als letztes Jahr die Bermudasendung kam, hab ich die meisten hübsch schnell verkauft … bis auf Peony hier. Sie war so winzig; sah aus, als ob sie niemand wollte. Ich hatte sie so lange im Laden, daß ich mich an sie gewöhnte und schließlich so an ihr hing, daß ich aus Angst, es könnte sie jemand kaufen, die Quittung fälschte und …«
»Haben Sie das schon vorher getan?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ihre Lizenz würde Ihnen entzogen.«
Norris kämpfte mit sich. »Ich nehme die Bücher mit nach Hause. Wenn es wirklich Ihre einzige Fälschung ist, werde ich Sie nicht anzeigen. Wir bringen eine Korrektur an und Sie stellen das Neut wieder zum Verkauf frei.« Er zögerte. »Vorausgesetzt, daß sie nicht anormal ist. Ich muß sie erst testen.«
Der alte Mann stieß einen unterdrückten Laut aus. Norris schaute ihn neugierig an. Seine Augen waren feucht.
»Sie ist anomal«, sagte O’Reilley verzweifelt. Er hoppelte zu dem schlafenden Neutroid.
»Peony«, atmete er mühsam, »Peony, Mädi, wach auf!«
Sie zuckte mit ihrem Schwanz. Dann setzte sie sich auf, rieb sich die Augen und gähnte. Sie zog einen Schmollmund, weil O’Reilley sie aufgeweckt hatte. Sie sah Norris und ignorierte ihn, offensichtlich zu schläfrig, um sich zu fürchten.
»Wie geht’s denn meinem Peonymädi?«
Sie leckte sich die Lippen. »Möcht ein Glas Wasser, Pappi«, sagte sie schlaftrunken.
Norris hielt den Atem an. Der alte Mann nickte ihm langsam zu und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen. Sie trank es hastig aus und beäugte ihren Pflegevater.
»Pappi weint?«
O’Reilley putzte sich die Nase. »Sei nicht albern, Kind! Zieh deinen Mantel an und geh mit Mr. Norris! Du darfst mit ihm Auto fahren. Ist das nicht fein?«
»Will nicht. Möcht hier bleiben.«
»Peony! Keine Widerrede!«
Sie brachte ihren Mantel und maß Norris mißbilligend von oben bis unten. »Darf Pappi auch mit?«
»Jetzt aber marsch. Ich habe zu tun.«
Sie
Weitere Kostenlose Bücher