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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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ein Baby.«
    »Anne, weißt du überhaupt, von was du redest?«
    »Ich weiß, was ich sage. Wir sind Klasse C, wegen einer Neigung zu Herzfehlern auf beiden Seiten. Aber das ist mir ganz egal, Terry. Ich verschwende mein Herz nicht an eines dieser rührenden, künstlichen Geschöpfe. Wir bekommen ein richtiges Baby.«
    »Weißt du, was uns dann blüht?«
    »Wenn sie uns erwischen, ja … Zwangsscheidung, Sterilisation. Aber sie kriegen uns nicht. Ich bekomm’s zu Hause, Terry. Ohne Arzt. Wir verstecken es. Oh, Terry!«
    »Das lasse ich niemals zu«, sagte er mühsam.
    Sie sah ihn verzweifelt an. »Oh, diese verfluchte, unselige Welt!« stieß sie hervor. Sie drehte sich um und rannte schluchzend aus dem Schuppen.
     
    *
     
    Als Norris ins Haus kam, fand er Anne weder in der Küche noch im Wohnzimmer. Die Tür zum Schlafzimmer war verschlossen. Er zuckte mit den Schultern und setzte sich vor den Fernseher.
    »… es war uns unmöglich, ein Bild von der Leiche aufzunehmen«, sagte der Ansager, »aber wir werden Ihnen Georges’ Wohnhaus zeigen. Ich schalte um auf unsere Bildzentrale in Shermann II; James Duncan übernimmt die Ansage.«
    Norris sah mit Bestürzung, wie die Szene wechselte und ein zweistöckiges Plastizoidhaus zwischen Ulmenbäumen auftauchte. Es war schon dunkel, aber das Haus, der Hof und die herumstehenden Polizisten wurden von Flutlampen grell angestrahlt. Ein Ambulanzwagen parkte in der Straße.
    »Hier spricht James Duncan, meine Damen und Herren. Wir warten auf die Bahre. Polizeichef Erskine Miler steht neben mir und möchte ein paar Worte an Sie richten.«
    Eine tiefe, brummige Stimme drang aus dem Audio.
    »Hier spricht Chief Miler, Leute. Ich wollte nur sagen, daß, wenn irgend jemand etwas über den Verbleib einer Mrs. Sarah Glubbes weiß, er mich sofort benachrichtigen solle.«
    »Vielen Dank, Chief. Jetzt spricht wieder James Duncan. Ich wiederhole kurz die Fakten. Um sieben Uhr, vor einer Stunde, drang eine Frau – vermutlich Mrs. Glubbes – in Dr. Georges’ Eßzimmer, während die Familie beim Abendessen saß. Sie fuchtelte mit einem Revolver herum und schrie: ›Sie haben mein Baby gestohlen. Sie haben mir das falsche Baby zurückgegeben. Wo ist mein Baby?‹
    Norris schaltete den Fernseher aus und rief die Polizei an.
     
    *
     
    Endlich war Anne eingeschlafen. Er lag in der Dunkelheit neben ihr und horchte auf ihre Atemzüge. Vorsichtig schlüpfte er aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen in die Küche, Schuhe und Hosen in der Hand. Er zog sie an und ging zum Schuppen. Schlaftrunkenes Gebrabbel empfing ihn, als er das Licht anmachte.
    Er weckte dreiundzwanzig der älteren Puppendinger auf und führte sie zu einem großen, glasverkleideten Behälter. Sie liefen bereitwillig neben ihm her – wie Kinder hinter dem Rattenfänger von Hameln. Als er sie in dem Glasbehälter hatte, verriegelte er die Tür und öffnete den Gashahn.
    Nun hatte er genügend Käfige für die Bermuda-K-99!
    Er floh aus dem Schuppen und setzte sich auf die Hintertreppe. Seine Augen brannten, aber der Gedanke an Tränen machte ihn noch elender. Wie ein Meuchelmörder, der sein Opfer beweint, nachdem er es erstochen hat.
    Als er sich ins Haus zurückstehlen wollte, sah er Annes zierliche Silhouette am Schlafzimmerfenster. Sie sah auf die trübrote Zunge des Krematoriumschornsteins.
    Norris ging ums Haus herum, betrat es durch die Vordertür und legte sich aufs Wohnzimmersofa.
     
    *
     
    Anne schlief noch, als er das Haus verließ. Das ungute Gefühl der Nacht lastete immer noch auf ihm. Warum mußte er die Dinger töten? Die Antwort war klar. Sie durften hergestellt werden, da sie auch getötet werden durften. Richtiger Babys konnte man sich nicht so einfach entledigen, wenn der Markt übersättigt war. Die Neutroide trösteten kinderlose Frauen und halfen ihnen, sich mit einer eingeschränkten Geburtenrate abzufinden. Und warum die strikte Geburtenkontrolle? Weil die Föderation nur, wenn die Weltbevölkerung auf fünf Milliarden gehalten wurde, jedem einen angemessenen Lebensstandard sichern konnte.
    Der Mensch hatte sich immer geschmeichelt, daß er etwas »erschuf«, aber in Wirklichkeit erschuf er nichts. Er machte sich vor, daß er dank der medizinischen Wissenschaft und weil er den Kriegen ein Ende gesetzt hatte, dem einzelnen ein längeres Leben geschaffen hatte. Aber er hatte nur die Leben der Ungeborenen dem der Alten hinzugefügt Heute konnte er mit einer Lebenserwartung von achtzig Jahren

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