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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groff Conklin
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schniefte geringschätzig. Dann hopste sie auf das Treppengeländer und rutschte hinunter. Ihre Bewegungen waren typisch neutroid; eine Mischung von Affe und Eichhörnchen. Ansonsten sah sie wie ein zweijähriges kleines Mädchen aus mit sanften braunen Augen.
    Irgendwie wagte er es nicht, sie in einen Käfig zu sperren. Sie saß neben ihm auf dem Sitz. Mit erhobenem Kopf betrachtete sie die Landschaft und fragte von Zeit zu Zeit: »Fahren wir jetzt zurück?«
    Er brachte keinen Ton heraus.
     
    *
     
    Zu Hause angekommen, führte er sie ins Wohnzimmer und ging dann zum Telefon, um Chief Franklin anzurufen. Die mechanische Stimme sagte: »Er ist nicht im Büro, Sir. Soll ich an den Roboterlokator weiterleiten?«
    Norris überlegte einen Augenblick. Seine Frau kam ins Zimmer. Sie lächelte Peony an, und Peony sagte: »Wohnst du auch hier?« Anne setzte sich entgeistert neben sie auf den Boden.
    »Nein, lassen Sie das! Ich rufe morgen noch einmal an.«
    »Was für eine Serie ist es?« fragte Anne aufgeregt.
    »Es ist eine Sie, und sie ist eine Serie für sich. Delmonts Werk.«
    Seine Frau sah ihn an. Plötzlich nahm sie Peony an der Hand und verschwand mit ihr in der Küche.
    Norris wollte zur Haustür, aber im Nu war Anne zurück und hielt ihn fest. »Nur nicht so schnell. Was hast du mit dem Kind vor?«
    »Du weißt genau, was ich vorzuhaben habe.«
    Er konnte ihr am Gesicht ablesen, daß sie sich mit keinen Ausflüchten zufriedengeben würde. »Du hast deinen Boß am Telefon verlangt.«
    »Ich habe ja eingehängt.«
    »Bis morgen?«
    Er rieb sich nervös die Hände. »Ich weiß wirklich nicht, Liebling, ich weiß wirklich nicht…«
    »Im Zentrallaboratorium bringen sie sie um, nicht wahr?«
    »Erst mal benötigen sie Peony als Beweismittel im Prozeß.«
    »Sie töten sie, nicht?«
    »Wenn die Gerichtsverhandlung vorbei ist – schwierig zu sagen. Den gesetzlichen Vorschriften nach müssen von der Norm abweichende Tiere vernichtet werden, aber …«
    »Nun!«
    »Wir haben noch ein paar Tage Zeit. Ich muß erst Ende der Woche meinen Bericht abschicken«, sagte er kläglich.
     
    *
     
    Das Abendessen verlief sehr eintönig. Nur Peony plapperte. Sie saß, zwei Kissen unter sich, am Tisch und ging mit bemerkenswerter Geschicklichkeit mit Messer und Gabel um.
    Norris wunderte sich über ihre Intelligenz. Sie war zehn Monate alt; ihrem Aussehen nach zwei Jahre, aber verstandesmäßig war sie so weit wie ein drei- bis vierjähriges Kind.
    Einmal langte er über den Tisch und berührte ihre Stirn. Sie war heiß, aber nicht zu heiß für die normalerweise höhere Körpertemperatur der Neutroide.
    »Du hast einen guten Appetit, Peony«, bemerkte Anne.
    »Mag Pappis Essen lieber«, antwortete sie mit unschuldiger Direktheit. »Wann darf ich nach Hause?«
    Anne blickte auf Norris und wartete auf die Antwort. Er brachte ein Lächeln zustande. »Dein Pappi möchte, daß du heute nacht bei uns schläfst. Aber ich sage dir was. Wir rufen ihn an, und du kannst ihm Gute Nacht wünschen. Wäre das nichts!«
    Sie kicherte und nickte. »Wann, jetzt gleich?«
    »Nein, später,«
    Anne klapperte gedankenvoll mit ihrer Gabel auf dem Teller.
    »Ich glaube, wir müssen uns heute abend mal ganz gründlich unterhalten, Terry.«
    »Worüber denn!« Er schob seinen Teller weg. »Ich habe keinen Hunger mehr.«
     
    *
     
    Er stand auf und setzte sich in der Dunkelheit vors Fenster, während seine Frau das Geschirr abwusch und Peony mit einer Handvoll Walnüsse auf dem Küchenfußboden spielte.
    Die verstreuten Lichter der Siedlungen schimmerten friedlich, und er versuchte, an nichts zu denken.
    Einst hatte es hier keine Lichter gegeben, nur die Lagerfeuer der Jäger. Damals war die Erde jung und leer. Jetzt war sie von Lichtern infiziert; vom Lärm der Maschinen und dem Donnern der Raketen. Der Mensch hatte die Erde geerbt und hatte sie überfüllt.
    Es gab kein Entrinnen. Seine Raumschiffe waren auf zwei Planeten gelandet, aber auch die neuen Welten boten keine Freistätte für die Ungeborenen. Kinder würden – wenn erlaubt – schneller geboren, als man Schiffe bauen konnte, um sie zu transportieren. Er konnte nur zwischen einer höheren Rate an Todesfällen und einer geringeren Geburtenrate wählen.
    Seine Wahl hatte seine Frau einer biologischen Notwendigkeit beraubt, und so hatte er ein Ersatzbaby fabriziert. Er hatte ihm einen Schwanz gegeben und nur ein Viertel Verstand, damit er es nicht mit seinen eigenen gelegentlichen Kindern

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