Universum der Doppelgänger
in meinem Beruf; ich bin glücklich mit meiner Arbeit.«
»Das Foltern macht dir Spaß?«
»Das ist ein Wort, das wir nicht schätzen«, sagte der Mann in verletztem Ton. »Wir sind Spezialisten für physische Überredung. Du darfst uns nicht mit diesen unlizensierten Pfuschern verwechseln, die den guten Namen des Berufs in Mißkredit bringen.«
»Du meinst, es bedürfe einer besonderen Ausbildung, um mit einem glühenden Eisen Blasen auf die Haut zu bringen?«
»So einfach ist das nicht. Nehmen wir zum Beispiel deinen Fall. Ich habe strikte Anweisung, dich bis zur Rückkehr der Gräfin im Zustand eines Nichtgraduierten zu erhalten, wie wir es nennen. Und weil sie vierzehn Tage ausbleiben will, siehst du selber, daß ich zwei schwierige Wochen vor mir habe, die viele Kenntnisse und viel Fingerspitzengefühl erfordern. Das kann nicht jeder amateurhafte Pfuscher.«
»Hör mal, ich habe eine gute Idee«, sagte Lafayette eifrig. »Warum vergißt du nicht einfach, daß ich hier bin? Kurz vor dem Termin könntest du mich dann mit ein paar Streifen bemalen und Wachsschwielen auf meinen Rücken kleben und –«
»Was redest du da?« unterbrach ihn der Spezialist streng. »Ich werde so tun, als ob ich es nicht gehört hätte. Wenn ich mich auf solche faulen Tricks einließe, würde ich sofort aus der Gilde fliegen.« Er stocherte mit der Linken in den Kohlen, während er mit der rechten Hand das Eisen drehte, um eine gleichmäßige, rote Glut zu erzielen. »Ich muß an die Tradition denken«, fuhr er fort. »An das Berufsethos, all das Zeug.« Er hob das glühende Eisen, betrachtete kritisch den Grad der Verfärbung und nickte zufrieden.
»Wir können anfangen. Wenn du freiwillig deinen Oberkörper freimachst, ersparst du mir Arbeit und schonst deine Kleider.«
»Oh, nicht so eilig«, murmelte Lafayette schwächlich und zog sich zur Zellenrückwand zurück, wo seine Hände vergeblich an den Tuffsteinquadern herumkrallen. Nur ein lockerer Stein, bettelte er stumm, nur ein kleiner, alter Geheimtunnel…
»Schnell jetzt, wir sind bereits im Rückstand«, mahnte der Folterknecht ungeduldig. »Zuerst wärmen wir uns mit leichter Hautarbeit auf, und dann machen wir ein paar Druckversuche, bevor wir eine Essenspause einlegen. Übrigens, wenn dir die Gefängniskost nicht zusagt, kannst du für zwei Taler pro Tag Sonderverpflegung haben. Heute wäre das Hühnersalat mit Weißbrot und als Nachspeise Pudding.«
»Nein, danke, ich darf nichts essen. Sagte ich schon, daß ich in ärztlicher Behandlung bin? Keine plötzlichen Schocks, vor allem keine elektrischen, und …«
»Wenn ich zu bestimmen hätte, würde ich den Gefangenen kostenlos anständiges Essen geben, aber dafür ist der Fürst zu knickerig, und …«
»Ich habe das gehört, Schindhart«, erklang eine volltönende Baritonstimme. Ein großer, muskulöser aber etwas dicklicher Mann mit zurückgekämmtem grauem Haar und randloser Brille war durch eine Tür auf der anderen Seite der Folterkammer getreten. Er trug enge gelbe Kniehosen, rotlederne Schnabelschuhe, ein gefälteltes Hemd und einen kurzen, mit Hermelin eingefaßten Umhang. Juwelen funkelten an seinen Fingern. Lafayette starrte ihn sprachlos an.
»Oh, Euer Gnaden«, sagte der Folterknecht ohne sonderliche Ehrfurcht. »Ihr wißt, daß ich nie etwas hinter Eurem Rücken sage, das ich Euch nicht auch ins Gesicht sagen würde.«
»Eines Tages wirst du zu weit gehen«, schnappte der Neuankömmling. »Laß uns jetzt allein. Ich will mit dem Gefangenen reden.«
Schindhart stieß das Eisen zurück in die Kohlen und warf O’Leary einen bedauernden Blick zu. »Tut mir leid, Freund. Aber du siehst, wie es ist.«
Der Grauhaarige musterte O’Leary mit unfreundlichen Blicken. Sobald die Tür hinter dem Folterspezialisten zugefallen war, trat er vor die Gitterstäbe.
»Sie sind es also wirklich«, sagte er und brach stirnrunzelnd ab. »Was ist los mit Ihnen?« fragte er scharf. »Sie machen ein Gesicht, als ob Sie ein Gespenst gesehen hätten.«
»N-N-Nikodemus?« flüsterte O’Leary.
»Wenn das eine Art Losungswort sein soll, erkenne ich es nicht«, bellte Fürst Rodolfo.
»Sie sind … nicht Nikodemus? Sie sind nicht Unterinspektor für Kontinua? Sie können nicht ein Ferngespräch machen und mich nach Artesia zurückbringen lassen?«
Der Fürst starrte O’Leary wütend an.
»Genug von diesen Verdunkelungen, Lancelot. Zuerst stürmen Sie in meinen Audienzsaal und brüllen Unsinn; dann fliehen Sie unter den
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