Universum der Doppelgänger
wir an!« Die Gläser klangen, und sie tranken. Rodolfo wischte sich die Lippen mit dem Ärmel. »Du darfst du zu mir sagen, Brüderchen! Für den Tip will ich dir ewig dankbar sein. Ich werde gleich damit anfangen – heute abend noch!« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser tanzten. »Aber Teufel noch mal – ich kann nicht! Sie ist weggefahren, wird erst in zwei Wochen zurückkommen!«
»Frauen sind seltsame Wesen«, meditierte O’Leary. »Man kann nie wissen, was sie denken. Ich war mal mit einer Prinzessin verlobt … ein phantastisch aussehendes Weib! Aber kaum hatte ich ihr den Rücken gedreht, da …«
Rodolfo schlug O’Leary plötzlich auf die Schulter und blickte ihn triumphierend an. »Wozu bin ich eigentlich Fürst, wenn ich meinen Willen nicht haben kann?« röhrte er. »Ich werde sie zurückbringen lassen! Eine Kavallerieabteilung kann sie in ein paar Stunden einholen, und ich werde unterdessen den Sekt kaltstellen lassen und …«
»A-aber Rodolfo!« sagte O’Leary tadelnd. »Schmeichelei und Überredung, nicht Gewalt.«
»Aber das ist so umständlich und zeitraubend! Mit Gewalt geht es viel schneller.«
»Willst du eine geprügelte Sklavin, die widerspenstig und mürrisch deine Wünsche erfüllt – oder eine willige kleine Freundin, bezaubert und angelockt von deiner Freigebigkeit und Rücksichtnahme?«
»Hmm. Das mit der Sklavin ist wahrscheinlich praktischer, wenn ich es recht bedenke.«
»Unsinn, Rodolfo. Du möchtest, daß diese liebliche, reife Frucht dir in den Schoß fällt, nicht? Statt sie also von einem Haufen schwitzender Soldaten zappelnd und kratzend vor dein Angesicht schleppen zu lassen, solltest du lieber einen Abgesandten zu ihr schicken, der deine Wünsche mit der nötigen Feinfühligkeit und Überredungskunst übermitteln kann.« Lafayette stieß geräuschvoll auf und hielt die Karaffe mit dem Hals nach unten über sein Glas.
»Bei Gott, Junge, du hast recht, wie gewöhnlich.« Rodolfos Miene verfinsterte sich nachdenklich. »Aber wem unter dieser Sammlung von Kretinen und Schwachköpfen, die mich umgibt, könnte ich diese Mission anvertrauen?«
»Du brauchst einen Mann von erwiesenem Einfallsreichtum und Mut. Jemanden, der nicht das Pferd verkauft und deinen Brief als Autograph versteigert, sobald er aus den Mauern des Schlosses ist. Einen edlen Abenteurer, findig, zuverlässig, unbestechlich …«
»Was für einen Brief?«
»Denjenigen, den du ihr schreiben wirst, um ihr zu sagen, wie du sie verehrst«, sagte O’Leary.
»Großartige Idee!« rief Rodolfo und schlug wieder auf den Tisch. »Aber was werde ich sagen?« Er benagte den Knöchel seines linken Ringfingers. »Offen gestanden, Junge, ich war nie einer, der sich auf blumenreiche Sprache versteht …«
»Du kannst ruhig Lafayette zu mir sagen, Rudi.«
»Ich dachte, es wäre Lancelot«, sagte der Fürst. »Aber egal. Wie ich sagte, ich verstehe mich nicht so auf das Schreiben feuriger Liebesbriefe.«
»Wie bist du auf die Idee gekommen?«
»Wieso, du hattest es vorgeschlagen.«
»Das meinte ich nicht. Ich meinte die Idee, mich Lancelot zu nennen.«
»Lancelot – wie ist es damit?« Rodolfo schaute ihn leer an, dann hellte sich seine Miene auf. »Natürlich!« rief er aus. »Du bist der richtige Mann dafür. Du bist einfallsreich, unerschrocken und ein kluger Kopf. Trinkst du?« fragte er in einem plötzlich herausfordernden Ton.
»Nicht, wenn die Flasche leer ist.«
»Ausgezeichnet. Vertraue nie einem Mann, der seinen Schnaps nicht verträgt. Übrigens, die Karaffe ist leer.« Rodolfo stand auf und steuerte durch den Raum, heftigen Seitenböen trotzend, öffnete einen Schrank, zog eine Flasche heraus und navigierte zurück.
»Nun, wie ich sagte, Lancelot: geh zu dieser Person, schütte ihr dein Herz aus, erkläre ihr, daß es die höchste Pflicht einer Frau ist, für ihren Herrn und Meister zu sorgen, und daß du ihr zwar nur das elende Leben einer Leibeigenen bieten kannst, sie sich aber mit der Tatsache trösten kann, daß sie nicht ewig leben wird.«
»Das ist bestimmt eine überzeugende Methode«, sagte Lafayette, mit dem Flaschenkorken ringend. »Aber ich dachte, du seist derjenige, der das Mädchen will.« Er runzelte die Brauen und bemühte sich, seine Augen auf das verschwimmende Gesicht des Fürsten zu konzentrieren. »Oder habe ich da was durcheinandergebracht?«
»Bei Gott, Lancelot, du hast recht. Ich bin derjenige, der sie will.« Rodolfo schoß ihm einen feindseligen
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