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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Sommer ist hier immer sehr viel los.«
    Serena zuckte die Achseln. »Das ist schon in Ordnung.«
    Sie setzte sich aufs Bett und steckte sich kleine, silberne Ohrringe in die Ohren. Ihre Fingerspitzen schienen dabei ihre Ohrläppchen zu liebkosen. Stride konnte die Augen nicht von ihr abwenden. Serena hob den Kopf, sah seinen Blick und wandte sich erst nach einem langen Moment verwirrt ab.
    »Ich habe auf dem Weg hierher vom Handy aus Rachels Mutter angerufen«, sagte Stride, um seine Verlegenheit zu überspielen. »Und ich habe sie endlich erreicht. Wir können zuerst bei ihr vorbeifahren.«
    »Haben Sie es ihr schon erzählt?«
    Stride schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe ihr nur gesagt, dass ich mit ihr reden muss. Aber sie ahnt bestimmt schon etwas.«
    Serena stand auf. Sie standen so dicht beieinander, dass sie sich hätten küssen können, und Stride verspürte das wilde Verlangen, genau das zu tun.
    »Fahren wir«, sagte er.
    Draußen stiegen sie in seinen Jeep. Die Bezüge der Sitze fielen fast auseinander, und am Armaturenbrett klebten unzählige Post-Its mit Notizen zu den verschiedenen laufenden Ermittlungen. Im Tassenhalter steckte ein mehrere Tage alter Kaffeebecher, und auf dem Boden lagen Teile der Duluther Tageszeitung verstreut.
    Serena bemerkte Strides Verlegenheit und lächelte. »Nur keine Sorge. Ich mag es, wenn ein Auto bewohnt wirkt. Wie alt ist denn der Kaffee?«
    »Sehr alt.«
    »Gibt’s hier irgendwo ein Starbucks?«
    »Noch nicht. McDonald’s ist das höchste der Gefühle. Wollen Sie kurz da anhalten?«
    »Unbedingt.«
    Sie holten sich zwei dampfende Becher Kaffee, und Stride warf den alten Becher weg. Er hatte sich außerdem eine Portion Röstkartoffeln bestellt, die er auf der Fahrt verzehrte. Serena ließ den Arm aus dem Beifahrerfenster hängen. Der Fahrtwind wehte herein und zerzauste ihr das frisch gebürstete Haar, während sie ungerührt ihren Kaffee trank. Stride sah immer wieder verstohlen zu ihr hinüber, und ein oder zwei Mal erwiderte sie seinen Blick. Sie redeten nicht viel.
    Auf der Straße hatten sich noch ein paar Nebelbänke gehalten. Stride schaltete die Scheinwerfer ein, als er hindurchfuhr. Als sie oben auf dem Hügel angekommen waren und die Stadt sich unter ihnen ausbreitete, sah er, wie Serena sich vorbeugte und auf den See hinunterschaute, der durch den Nebel nur halb zu sehen war.
    »Das ist ja unglaublich«, sagte sie leise. »Wenn man so lange in der Wüste lebt, vergisst man manchmal, dass es anderswo noch Wasser und Bäume gibt.«
    »Ich war noch nie in der Wüste«, sagte Stride.
    »Noch nie? Das sollten Sie aber unbedingt ändern. Die Wüste hat ihre ganz eigene Schönheit.«
    »Sind Sie in Las Vegas geboren?«, fragte Stride.
    »Nein, in Phoenix.« Ihre grünen Augen blickten in die Ferne, und er hatte das Gefühl, einen empfindlichen Punkt getroffen zu haben. »Ich bin mit einer Freundin nach Vegas gegangen, als ich sechzehn war«, fuhr sie fort.
    »Das ist jung«, bemerkte er und fragte sich, wovor sie wohl davongelaufen war. Serena sagte nichts mehr.
    Stride folgte der kurvigen Straße bergab bis zur Schnellstraße und fuhr dann Richtung Süden. Es war der schnellste Weg in das Viertel, wo Emily und Dayton Tenby lebten. Sie hatten geheiratet, als Emily noch im Gefängnis gewesen war. Vor einem halben Jahr war sie auf Bewährung entlassen worden.
    »Mir ist kalt«, sagte Serena und rieb sich die Arme.
    »Ich habe noch einen Pulli im Kofferraum. Wollen Sie den haben?«
    Serena nickte und zog dann die Nase kraus. »Hier riecht’s nach Zigaretten. Rauchen Sie?«
    »Früher«, gab Stride zu. »Vor einem Jahr habe ich endgültig damit aufgehört. Aber hier drinnen hält sich der Geruch leider noch.«
    »War es nicht schwierig aufzuhören?«
    Stride nickte. »Doch. Aber ich habe im letzten Jahr erlebt, wie ein Kollege an Krebs gestorben ist. Er war knapp zehn Jahre älter als ich. Das hat mir Angst gemacht.«
    »Umso besser für Sie«, sagte Serena.
    Stride fand das Haus der Tenbys ohne Schwierigkeiten. Es lag nur zwei Blocks von der Kirche entfernt, wo Maggie und er Dayton vor über drei Jahren im Schnee einen Besuch abgestattet hatten. Er hielt am Straßenrand an und holte einen rostroten Wollpullover aus dem Kofferraum. Serena zog ihn auf dem Weg zum Haus über und schob dann die Ärmel bis zu den Ellbogen hoch.
    »Sie retten mir das Leben«, sagte sie und drückte ihm den Arm.
    Emily öffnete ihnen, gleich nachdem sie geklingelt hatten. Stride hatte

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