Unmoralisch
vierzig Grad«, fügte Maggie hinzu.
Serena nickte. »Ja, ich habe mich im Internet über Minnesota informiert, und das klang im Wesentlichen so, als wäre dieser Staat die Gefriertruhe des Landes. Aber das ist sehr angenehm. Zu Hause haben wir 45 Grad, das ist einfach nur noch heiß. Haben Sie schon mal Ihren Herd vorgeheizt und dann den Kopf reingesteckt? So etwa ist es in Vegas.«
»Ich habe in Reno geheiratet«, erzählte Maggie.
»Tatsächlich? Ich bin gern in Reno, ich liebe die Berge. Ich sage mir immer wieder, dass ich eines Tages aus der Wüste wegziehen werde.«
»Sind Sie verheiratet?«, fragte Maggie.
Serena schüttelte den Kopf. »Nein.«
Sie hatten Maggies Jeep erreicht. Serena setzte sich auf den Rücksitz und lehnte sich dann, nachdem alle eingestiegen waren, lässig über den Vordersitz, um weiter mit Stride und Maggie zu reden. Ihr Ellbogen streifte Strides Nacken, und er roch einen Hauch Parfüm. Ihr Atem duftete süß. Er nahm alles an ihr erschreckend deutlich wahr.
»Und Sie sind absolut sicher, dass die Leiche, die Sie da in der Wüste gefunden haben, Rachel Deese ist?«, fragte Maggie.
Serena nickte. »Ganz sicher. Die Fingerabdrücke entsprechen denen, die Sie ins nationale Computersystem eingespeist haben. Und eine Zeugin hat ihr Foto in einem Zeitungsartikel identifiziert. Es tut mir wirklich Leid. Ich weiß, dass ich Sie damit in eine schwierige Lage bringe.«
»So was sind wir schon gewöhnt«, bemerkte Maggie trocken.
»Weiß sonst noch jemand davon?«, fragte Serena.
Stride schüttelte den Kopf. »Nur wir und der Chef. Ich wollte nicht, dass etwas durchsickert, bis ich mit der Mutter geredet habe. Sobald andere Leute davon erfahren, werden sich die Zeitungen und das Fernsehen überschlagen.«
»Ja, ich kann mir vorstellen, dass die Nachricht hier ziemlich einschlägt. Ich habe die Zeitungsberichte gelesen. Ein eigenartiger Fall. Ich an Ihrer Stelle hätte auch gedacht, dass sie tot ist.«
»Vielen Dank«, sagte Stride.
»Aber sobald wir mit der Mutter gesprochen haben, sollten wir die Ermittlungsakten wohl doch wieder rausholen und damit anfangen, die Freunde des Mädchens zu überprüfen und alle, die sie gekannt haben.«
Stride drehte sich auf dem Sitz herum. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. »Inwiefern soll Ihnen das dabei helfen, einen Mord in Las Vegas aufzuklären?«
Serena nahm die Sonnenbrille ab, und Stride sah in ihre smaragdgrünen Augen. Als sie durch das Gate gekommen war, hatte er sie für jünger gehalten, doch aus der Nähe sah er die Zeichen von Reife in ihrem Gesicht. Sie hatte tiefe Lachfältchen. Wahrscheinlich war sie Mitte dreißig, was Stride immer noch sehr jung vorkam, aber ihr Gesicht offenbarte die Verständigkeit eines älteren, weiseren Menschen. Sie lächelte oft und gern, und ihre Augen blickten ihn amüsiert und herausfordernd an. Aber es lag auch eine gewisse Distanziertheit darin, ein Mangel an Vertrauen, der wie ein leichter Nebel zwischen ihnen hing. Er fragte sich, ob es wohl daran lag, dass auch sie die erotische Anziehung zwischen ihnen spürte.
Dann fiel ihm auf, dass sie seine Frage nicht beantwortet hatte.
»Also, Serena?«, fragte Maggie und warf einen Seitenblick zu ihnen herüber.
»Ich nehme an, Sie kennen beide die Range Bank«, sagte Serena.
»Sicher«, sagte Stride. »Ich habe mein Konto dort, wie die halbe Stadt. Aber was spielt das für eine Rolle?«
Serena beugte sich noch etwas weiter vor. »Die Spurensicherung hat in Rachels Wohnung einen Beleg aus einem Geldautomaten der Range Bank gefunden. Entweder war sie also in letzter Zeit hier, oder jemand von daheim hat ihr einen Besuch abgestattet.«
7
Stride holte Serena am Freitagmorgen um kurz nach neun in ihrem Motel ab. Er klopfte an ihre Zimmertür, und als sie öffnete, war ihr schwarzes Haar noch feucht vom Duschen, und ihre Haut leuchtete. Sie war ein bisschen weniger auffällig gekleidet, trug eine verwaschene blaue Jeans, ein enges, dunkelblaues T-Shirt und Cowboystiefel und lächelte ihn freundlich an.
»Hallo, Stride«, sagte sie. »Kommen Sie doch kurz rein. Ich bin fast fertig.«
Das kleine Zimmer war nach dem Duschen von feuchtem, duftendem Dampf erfüllt. Der Spiegel neben dem Fernseher war beschlagen. Auf der Kommode sah Stride ihren aufgeklappten Koffer und darin die zusammengefalteten Kleider. Ein großes Bett passte gerade zwischen die beiden Längswände.
»Tut mir Leid wegen dem Zimmer«, sagte Stride. »Im
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