Unmoralisch
mit so viel politischem Ehrgeiz lässt Sie am Ende noch feuern, wenn er damit die Schuld von sich selbst abwenden kann.«
»Ja, das wäre Dan durchaus zuzutrauen«, sagte Stride. Sie hatte wieder »Jonny« gesagt.
»Macht Ihnen das denn gar nichts aus?«
Stride betrachtete die Windschutzscheibe, auf der die ersten Regentropfen landeten. »Es ist seltsam. Aber offenbar macht es mir wirklich nichts aus.«
Als Stride Serena im Büro abgesetzt hatte und über die Hangstraße zum Schulparkplatz fuhr, quietschten seine Scheibenwischer bereits empört, während sie sich wild hin und her bewegten und wahre Wassermassen von der Windschutzscheibe fegten. Stride beugte sich weit vor und kniff die Augen zusammen, um wenigstens ein Stückchen Straße im Scheinwerferlicht erkennen zu können. Irgendwo hoch oben am Sommerhimmel stand sicher noch die Sonne, aber angesichts der schwarzen Wolken direkt über ihm hätte es ebenso gut tiefe Nacht sein können.
Stride musste den ganzen Parkplatz umrunden, bis er schließlich ein Stück abseits Dan Ericksons Lexus entdeckte. Er wendete den Jeep und parkte neben Dans Wagen. Der Lexus war dunkelblau und hatte Rauchglasscheiben. Dan hatte die Scheinwerfer eingeschaltet und ließ den Motor laufen.
Der Regen prasselte in Strömen auf Strides Jeep nieder. Als er die Tür öffnete, trafen ihn die Regentropfen wie tausend winzige Nadelstiche. Er warf die Tür hinter sich zu und versuchte, die Beifahrertür des Lexus zu öffnen. Sie war verschlossen. Stride, schon jetzt bis auf die Haut durchnässt, klopfte an die Fensterscheibe. Dann hörte er ein leises Klicken und stürzte sich, gefolgt von einem Guss Regen, ins Innere des Wagens. »Freut mich auch, dich zu sehen, Dan«, murmelte er. Tropfen flogen durch den Wagen, als er die Ärmel seiner Jacke ausschüttelte.
»Das sind Ledersitze«, bemerkte Dan vorwurfsvoll.
Der Innenraum des Wagens roch nach Dans Frau – oder anders ausgedrückt: nach Geld. Stride wusste, dass der Lexus, wie alles andere auch, eigentlich Lauren gehörte und nicht Dan. Doch Dan passte sich seiner neuen Umgebung hervorragend an. An seinem linken Ringfinger glänzte ein protziger Ehering mit einem Rubin, und am Handgelenk trug er eine goldene Rolex. Sein dunkelblauer Anzug war offensichtlich maßgeschneidert und warf elegante Falten, ohne zu verknittern.
Im Hintergrund lief leise der örtliche Radiosender. Dan streckte die Hand aus und schaltete das Radio ab. Einen Augenblick lang saßen sie schweigend da, während der Regen auf das Dach trommelte.
»Bisher ist noch nichts in den Nachrichten«, sagte Dan. »Und so soll es auch bleiben.«
Stride schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Die Sache wird großes Aufsehen erregen, das weißt du doch genau. Wir können sie allenfalls noch ein paar Tage geheim halten, und das ist eine optimistische Schätzung. Eine undichte Stelle genügt.«
»Wer weiß davon?«
»Die Polizei in Vegas und ein paar Kollegen hier in Duluth. Und Emily und ihr Mann, Dayton Tenby.«
»Du hättest erst mit mir reden sollen, bevor du sie informierst.«
»Mein Gott, Dan, sie ist die Mutter«, rief Stride empört.
Dan seufzte. »Erzähl mir ganz genau, was passiert ist.«
Stride berichtete, wie Rachels Leiche in der Wüste vor Las Vegas gefunden worden war und dass man bei dem Mord eine Verbindung nach Duluth vermutete.
»Aber wir wissen noch nicht, was genau in Vegas passiert ist«, fuhr er fort. »Und wir wissen auch nicht, warum genau sie vor drei Jahren verschwunden ist. Stoner hat sie ja offensichtlich nicht umgebracht.«
»Habt ihr schon eine heiße Spur?«
»Bisher nicht, nein. Wir gehen die Ermittlungsakten des ursprünglichen Falls noch einmal durch, und dann werden wir anfangen, die Leute zu überprüfen, die damals in den Fall verwickelt waren.«
Dan runzelte die Stirn. »Je mehr Leute davon erfahren, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Sache ans Licht kommt.«
»Das ist mir durchaus klar. Aber hier handelt es sich nicht nur um alte Geschichten, sondern um eine aktuelle Mordermittlung. Rachel wurde vor nicht einmal einer Woche umgebracht, und ich will wissen, wer das getan hat. Wir geben nur aus dem Grund jetzt noch keine Pressekonferenz, weil ich das Überraschungsmoment für die Verhöre ausnutzen will.«
»Klasse«, sagte Dan. »Ganz große Klasse. Die Republikaner werden sich freuen.«
»Ich glaube an dich, Dan. Du wirst dich da schon irgendwie rausreden.«
Dan warf ihm einen scharfen Blick zu. »Das soll wohl ein
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