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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Spieltisch, vor einem schiefen Vorhang, der den kleinen Laden vom Rest des Wohnwagens trennte. Neben ihm auf dem Tisch stand eine Geldkassette aus Metall, deren Deckel offen war. Bobs T-Shirt schlotterte um seinen ausgemergelten Körper, und auch seine Shorts schienen mehrere Größen zu weit zu sein. An den Füßen trug er abgewetzte, alte Turnschuhe.
    Er hatte einen leicht irren Blick. Seine Augen waren winzig klein und stechend und hatten eine Sogkraft wie zwei schwarze Löcher. Er musterte sie beide nacheinander, erst Serena, dann Stride. An Stride blieb sein Blick länger hängen, und er kniff die Augen zusammen, als hätte er etwas Eigentümliches und Unerwartetes in seinem Gesicht entdeckt. Je länger Bob ihn anstarrte, desto mehr fühlte Stride sich wie ein Insekt, das mit einer Stecknadel in einen Sammelkasten gepinnt worden war. Und dieses unangenehme Gefühl ging noch sehr viel tiefer. Als er den starren Blick erwiderte, regte sich etwas in seinem Gehirn. Den kenne ich doch.
    Und trotzdem war der Mann ein Fremder.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Stride.
    Bob zuckte die Achseln. »Steht auf dem Schild.«
    »Wir können Ihren Namen leicht herausfinden«, sagte Serena.
    »Ach ja?«, fragte Bob spöttisch. »Ich habe keine Papiere, ich zahle keine Steuern, und Fingerabdrücke wurden auch nie von mir genommen. Erzählen Sie mir mal, wie Sie auch nur irgendwas über mich herausfinden wollen.«
    »Sie scheinen gar nicht dumm zu sein«, sagte Serena zu ihm. »Ich hatte mit einem verwirrten, alten Trinker gerechnet.«
    Bob schnitt eine Grimasse und deutete mit dem Daumen zum hinteren Teil des Wohnwagens. »Der Gin ist hinten. Falls ich doch noch kneifen will.«
    »Kneifen?«, fragte Serena.
    Bob strich sich über den langen Bart und zog an den verfilzten Strähnen. Dann hielt er sich den Finger wie eine Pistole an die Schläfe und drückte einen imaginären Abzug.
    »Sie wollen sich umbringen?«, fragte Serena. »Warum?«
    Bob richtete den Blick auf Stride und lächelte verschwörerisch, wie über einen Witz, den nur sie beide verstanden. »Sie wissen Bescheid.«
    »Warum sollte ich Bescheid wissen?«
    »Sie sind ein Mann. Was treibt Männer dazu, etwas zu tun?«
    »Eine Frau«, sagte Stride.
    Serena beugte sich näher zu Bob heran. »Meinen Sie Christi?«
    Bobs Ärger schien sich zu legen, und er blickte wehmütig drein. Als er Serena ansah, zitterte seine Stimme. »Sie sehen ihr ein wenig ähnlich. Sie hatte auch so grüne Augen wie Sie. Aber ihr Blick war kalt. Sie hat mich zerstört. Schauen Sie sich hier doch nur mal um. Schauen Sie sich an, wie ich lebe. Und trotzdem würde ich das alles noch einmal machen, wenn ich sie nur zurückhaben könnte.«
    Serena kniff die Augen zusammen. »So sehr haben Sie an ihr gehangen? War sie wirklich so gut?«
    »Nein, nicht gut. Gut war sie nicht. Sie war böse.«
    »Warum?«, fragte Serena. »Hat sie Sie abgewiesen?«
    Bob lachte laut auf. »Wenn es nur so einfach wäre! Passen Sie auf: Es ist, als hätte man die Schlüssel zu einem Palast. Und dann wechseln sie eines Tages einfach die Schlösser aus, und man schaut sich um und stellt fest, dass man alles aufgegeben hat, sein ganzes Leben zerstört hat, nur für einen Traum.«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«, fragte Serena.
    Bob machte eine ungeduldige Handbewegung. »Verschwenden Sie nicht meine Zeit. Wenn Sie mich fragen wollen, fragen Sie schon.«
    Stride wusste, was er meinte. »Haben Sie Rachel umgebracht?«
    »Irgendwer musste es ja tun«, sagte Bob.
    »Aber haben Sie es getan?«, fragte Stride noch einmal.
    »Das wollen Sie doch von mir hören, oder? Für Sie würde das doch alles sehr viel einfacher machen.«
    »Wir wollen nur wissen, was passiert ist«, sagte Stride.
    Bob schnippte eine Kakerlake vom Tisch, und sie flitzte in den hinteren Teil des Wohnwagens davon. »Nein, das wollen Sie nicht. Sie wissen schon alles, was Sie wissen müssen.«
    »Aber den Grund wissen wir nicht«, sagte Stride.
    Bob lachte. »Für sie war alles nur ein Spiel. Sie hat andere zerstört. Wenn man das tut, kommt irgendwann einer und schlägt zurück.«
    »Ich finde, wir sollten diese Unterhaltung woanders fortsetzen«, sagte Serena vorsichtig und tastete nach den Handschellen. »Am besten kommen Sie mit uns aufs Revier. Da können Sie sich waschen und etwas Vernünftiges essen.«
    Bob riss die Augen auf und maß sie mit dem Blick eines Raubtiers. »So leicht kommen Sie mir nicht davon«, knurrte er.
    Sein Tempo

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