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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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der Heimatschutzbehörde. Das Büro wirkte unordentlich und kalt, und Stride war jedes Mal froh, wenn er es wieder verlassen konnte.
    Ein paar Meter entfernt hörte er das Geräusch des Aufzugs. Das kam um diese Zeit selten vor und konnte nur heißen, dass jemand von oben, aus den Büros der Stadtverwaltung, nach unten kam. Stride wartete, bis die Aufzugtüren sich öffneten, dann sah er K-2s zwergenhafte Gestalt.
    »Hallo, Jon«, sagte der stellvertretende Polizeichef, Kyle Kinnick, mit durchdringender Stimme.
    K-2 hatte einen leicht x-beinigen Gang, als er durch die offene Tür in Strides Büro kam. Mit gerunzelter Stirn musterte er das Papier, das sich auf dem Besucherstuhl türmte. Stride entschuldigte sich und verfrachtete den Stapel auf den Boden, damit sein Chef sich setzen konnte.
    »Sie glauben also, dass sie tot ist?«, fragte Kinnick ohne lange Umschweife.
    »Es sieht alles ganz danach aus«, erwiderte Stride. Es hatte keinen Sinn, die Sache schönzureden. Sie wussten beide, wie es stand. »Neun von zehn findet man zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebend wieder.«
    Kinnick nestelte an seinem Krawattenknoten. Er trug einen dunklen Anzug, der wie ein Sack an seinem schmalen Körper hing, und sah aus, als käme er gerade von der Stadtratsversammlung. »Mist. Wissen Sie, der Bürgermeister ist nicht gerade erfreut darüber. Wir kriegen inzwischen schon Anfragen von der überregionalen Presse. Die wollen wissen, ob es hier um einen Massenmörder geht, ob das was ist, was sie bringen können.«
    »Dafür gibt es keine Beweise.«
    »Seit wann scheren sich die Typen um Beweise?«, krähte Kinnick. Er begann, sich mit dem Finger im einen Ohr zu bohren, das wie ein Kohlblatt von seinem winzigen Kopf abstand.
    Stride grinste. Er musste an die letzte Abteilungsparty am St. Patrick’s Day denken, bei der Maggie K-2 als Gnom parodiert hatte.
    »Finden Sie das etwa lustig?«, erkundigte sich Kinnick.
    »Nein, Sir. Entschuldigen Sie. Sie brauchen mir nichts von den Medien zu erzählen. Bird lässt mir kaum einen Augenblick Ruhe.«
    Kinnick schnaubte verächtlich. Er ging barsch mit seinen Lieutenants um und bot eine hervorragende Zielscheibe für Spott, aber Stride mochte ihn trotzdem. Er war Verwaltungsbeamter und kein Polizist im Außendienst, aber er verteidigte seine Abteilung mit Zähnen und Klauen gegen die Stadtverwaltung und nahm es auf sich, bei jeder Interessengruppe der Stadt, von der Kindergartengruppe bis zum Rotaryklub, vorzusprechen und Werbung für die Verdienste der Polizei zu machen. Er zeigte sich seinem Team gegenüber äußerst loyal, und in Strides Augen galt das sehr viel.
    »Ihnen ist ja wohl klar, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt«, fuhr Kinnick jetzt fort. Er deutete mit der Spitze seines schwarzen Golfschuhs auf Strides überquellenden Schreibtisch. »Sie investieren selbst bereits viel zu viel Zeit in diesen Fall.«
    Es hatte wenig Sinn, den Chef daran zu erinnern, dass er Stride damit beauftragt hatte, sich persönlich um den Fall zu kümmern. Für K-2 war alles eine Frage des politischen und bürokratischen Kalküls. Und jetzt wollte die Stadtverwaltung, dass die Sache zu Ende gebracht wurde – und zwar bald. »Unsere Verbrecher zeigen sich kooperativ«, sagte Stride.
    »Es gibt nichts Großes, um das ich mich selbst kümmern müsste.«
    »Sie wissen so gut wie ich, dass wir bei diesem Fall schon längst jedes Maß überschritten haben. Die Chancen stehen schlecht, dass sich das jemals aufklärt. Ich muss Sie und Maggie da rausziehen. Geben Sie Guppo das Kommando, er kann sich weiter darum kümmern. Sobald sich was findet, steigen Sie wieder ein.«
    »Das liefert Bird doch nur neue Munition«, protestierte Stride. »Es ist zu früh dafür. Geben Sie uns noch ein paar Wochen. Wir wollen doch nicht, dass es aussieht, als würden wir uns um die Ermittlungen drücken.«
    »Glauben Sie etwa, ich tue das gerne?«, fragte Kinnick. Er kratzte sich am Kopf und strich sich das graue Haar glatt, das sich quer über seinen Schädel von einem riesigen Ohr zum anderen zog. »Immerhin ist Stoner ein Freund von mir. Aber Sie machen einfach keine Fortschritte.«
    »Ich brauche noch drei Wochen. Sie haben doch selbst gesagt, dass der Fall dem Bürgermeister wichtig ist. Wenn wir bis dahin immer noch nichts haben, bin ich Ihrer Meinung, dann ist die Spur kalt. Dann soll Guppo die Leitung übernehmen. Kerry hat er ja auch schon.«
    Kinnick wiegte den Kopf hin und her und runzelte die Stirn. Dann seufzte er,

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