Unmoralisch
Schlucken leerte sie ihr Glas, nahm dann das Schirmchen und steckte es in die Tasche. Dann winkte sie ihnen zu. »Viel Spaß noch, ihr zwei. Ich ruf dich morgen an, Boss.«
Stride nickte und schenkte ihr ein ironisches Lächeln. »Danke, Mags.«
Maggie zwinkerte ihm zu, während Andrea es sich auf dem Stuhl neben ihm bequem machte. Dann, bevor sie endgültig ging, beugte sie sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr: »Sie will dich, Boss. Versau’s nicht.«
3
Andrea streifte ihren Ledermantel ab und legte ihn über den nächsten Stuhl. Sie sah umwerfend aus. Der schwarze Rock bedeckte nur mit Mühe ihre Schenkel, und schwarze Strümpfe umhüllten ihre schönen, sportlich schlanken Beine. Sie trug eine pinkfarbene Satinbluse, die im Licht der Kasinolampen schimmerte. Die beiden oberen Knöpfe waren geöffnet und gaben ein Stückchen Haut frei, das sich beim Atmen leicht hob und senkte. Sie war sorgfältig geschminkt und hatte sich offenbar viel Zeit dafür genommen: heller Gloss auf den Lippen, lange, hell getuschte Wimpern und ein zarter Lidstrich. Um den Hals lag eine schmale Goldkette, und sie trug glitzernde Saphirohrringe, die ihre Augen noch blauer wirken ließen.
Ihre Aufmachung wirkte aufreizend, einladend, aber Stride merkte schnell, dass Andrea diese Pose nicht recht durchhielt. Sie fühlte sich sichtlich unwohl. Immer wieder zupfte sie an ihrem Rock und versuchte, ihn ein bisschen weiter über die Schenkel zu ziehen. Ihr Lächeln wirkte schüchtern, unbehaglich und alles andere als selbstbewusst. Sie spielte an ihrer Kette herum, drehte sie zwischen den Fingern und gab sich alle Mühe, ihm nicht direkt in die Augen zu schauen.
Stride sah, dass sie nervös war und nicht wusste, was sie sagen sollte. Und er wusste es auch nicht. Es war eine Ewigkeit her, seit er zum letzten Mal allein ausgegangen war und diesen tastenden Tanz mit dem anderen Geschlecht vollführt hatte. Er versuchte, sich zu erinnern, wie man das machte, aber er war so lange mit Cindy zusammen gewesen, dass ihm absolut nichts Schlaues einfiel. Sein letztes Date hatte er noch auf der High School gehabt, und er vermutete, dass keiner seiner damaligen Sprüche heute noch sonderlich intelligent klingen würde.
Schließlich räusperte sich der Croupier und deutete auf die Karten.
»Spielen Sie Black Jack?«, fragte Stride.
Andrea schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nein.«
»Mögen Sie die Automaten lieber?«
»Um ehrlich zu sein, ich habe noch nie gespielt«, gab Andrea zu. Sie sah ihn rasch von der Seite an. »Manchmal bin ich mit Robin hier gewesen oder im Black Bear, aber ich habe immer nur zugeschaut. Ich habe noch nie selbst gespielt. Das ist mein erstes Mal.«
Stride hörte den Croupier aufseufzen.
»Und was ist der Anlass?«, fragte Stride.
Andrea deutete mit dem Kopf zu den Automaten hinüber, die ihnen am nächsten waren. Stride drehte sich um und sah zwei Frauen, die so taten, als würden sie spielen, sich aber offensichtlich viel mehr für die Vorgänge am Black-Jack-Tisch interessierten. Sie flüsterten miteinander und grinsten. Die eine erkannte er als eine andere Lehrerin von der High School.
»Meine Motivationsgruppe«, erklärte Andrea. »Sie haben mich informiert, es sei Freitagabend, und als ordentliche geschiedene Frau müsse ich schließlich auch mal zeigen, was ich habe. Und das hier ist offenbar der angesagteste Ort in Duluth, wenn man über dreißig ist.«
»Also, ich bin froh, dass sie Sie überredet haben«, sagte Stride.
»Ja«, erwiderte Andrea. »Ja. Ich glaube, ich auch.«
»Wollen Sie spielen?«, fragte er. »Ich bin Ihnen gern dabei behilflich, ein bisschen Geld zu verlieren.«
Andrea schüttelte den Kopf. »Von dem Lärm hier kriege ich Kopfschmerzen.«
»Wollen Sie woanders hingehen?«, fragte Stride. »Ich weiß, wo es die besten Margaritas der Stadt gibt. Es ist direkt am See.«
»Und was ist mit Ihrer Partnerin?«
Er lächelte. »Mags kann ein Taxi nehmen.«
Stride warf einen Blick auf die Uhr. Es war schon fast halb zwei. Sie fuhren durch den Canal Park, wo immer noch viel Verkehr war und auf den Parkplätzen der Bars und Restaurants ein reges Kommen und Gehen herrschte. Er bog in die Straße ein, die auf die Brücke führte.
»Ich wusste gar nicht, dass es am Point eine gute Bar gibt«, sagte Andrea.
Stride warf ihr einen verlegenen Blick zu. »Also, ehrlich gesagt mache ich die besten Margaritas der Stadt«, sagte er. »Und ich wohne direkt am See.«
»Oh«, machte Andrea, und er
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