Unnatural History

Anspruch nehmen kann. Ich habe etwas Geld gespart …«
    »Machen Sie sich über ein Entgelt im Moment keine Gedanken«, unterbrach sie Ulysses.
    Sie lächelte plötzlich unter ihren Tränen. Geneviève nahm Ulysses Hände in die ihren und er bemerkte mit einem Mal eine berauschende Duftnote nach Jasmin, als sie sich bewegte. 
    »Oh Ulysses, Sie wollen mir also helfen?«
    Vielleicht lag es daran, dass er ein Quicksilver war, doch Ulysses konnte einfach keinem hübschen Gesicht widerstehen, und wenn dieses hübsche Gesicht einer jungen Frau in Nöten gehörte, machte es jegliches Bemühen um Abwehr nutzlos.
    »Ich werde tun, was ich kann.«
    »Wann können Sie anfangen?«
    »Nun, wie man so schön sagt: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. « Ulysses wandte sich seinem Hausdiener zu. »Nimrod, wir gehen aus.«
    »Sie wollen, dass ich den Phantom anwerfe, Sir?«
     »Ja. Ich denke, unser Gast hat zu dieser Stunde etwas Besseres als eine Hansomkutsche verdient, nicht wahr?«
    »Miss Galapagos wird uns begleiten, Sir?«
    Ulysses blickte zu Geneviève. Sie sah ihn unter langen, üppigen Wimpern hervor an, lächelte ihm schwach zu und nickte unmerklich.
    »Ja, wird sie.«
    Er geleitete die junge Dame aus dem Raum, wandte sich seinem mürrisch dreinblickenden Hausdiener zu und grinste ihn an. »Das Spiel hat begonnen, Nimrod.«
    »So scheint es wohl, Sir.«
    »Oh ja, das Spiel hat auf jeden Fall begonnen. Es fühlt sich gut an, wieder mitmachen zu können. Genau das habe ich vermisst.«
     
     

Kapitel 5
    Galapagos
     
    Das Automobil schnurrte sanft durch die gelb beleuchteten Straßen. Flackernde Bildschirme übertrugen Neuigkeiten an jeder Straßenecke und überall befanden sich riesige Werbeplakate der Großkonzerne. Das Spinnennetz der Überlandbahnen hob sich schwarz gegen das versmogte samtene Blau der Nacht über ihren Köpfen ab. Der Phantom überholte tuckernde Kutschen, deren glatte versilberte Fahrwerke inmitten der Lichtreflexionen der Stadt glitzerten. Der Motor lief beinahe geräuschlos, als das Auto zwischen die schmiedeeiseren Zäune von Queen´s Gate glitt, die das Royal College of Music umschlossen. Die Strahlen der Frontscheinwerfer streiften für einen Moment die Bettler und Straßendirnen, welche die Straße säumten, bevor sie sich wieder in der Dunkelheit verloren.
    Es gab wenig Verkehr zu dieser Zeit und würde auch erst wieder bei Tagesanbruch geschäftiger werden, wenn die letzten Nachschwärmer die Straßen verließen.
    Nimrod lenkte den Mark IV Silver Phantom in die Cromwell Road. Ulysses betrachtete die kathedralenähnlichen Türme des Museums aus seinem Fenster heraus, ein schattenhafter Ausschnitt von South Kensington breitete sich dahinter aus.
    Das Auto kam außerhalb des Haupttores zum Stehen und Nimrod schaltete den Motor ab. Ulysses öffnete seine Tür und stieg aus, bevor er sanft Genevièves Hand ergriff und ihr heraushalf. Er konnte sich einen zögerlichen Blick auf ihre Beine nicht verkneifen, als sie anmutig aus dem Wagen stieg. Geneviève sah hoch und kurz trafen sich ihre Blicke. Ulysses lächelte vertrauensvoll. Das Lächeln, das sie ihm dafür entgegenbrachte, war betont zurückhaltend und einen Moment später unterbrach sie den Augenkontakt. Während sie ihr Jäckchen drapierte, bückte sich Ulysses hinab in das Auto, um ein paar Worte mit seinem Hausdiener zu wechseln.
    »Nimrod, ich möchte, dass du hier auf mich wartest, nur für den Fall.«
    »Sie denken, der Mörder könnte noch dort drin sein?«
    »Es ist nur eine Ahnung – ein Gefühl, das ich habe.«
    »Sind Sie sicher, dass das eine gute Idee ist, Sir?«
    »Nimrod, du klingst wie eine alte Nanny«, schalt ihn Ulysses. »Uns wird schon nichts passieren. Ich passe auf uns auf«, fügte er hinzu und tätschelte seinen Gehrock. »Und nebenbei bemerkt, die Metropolitan Police Ihrer Majestät wird wohl ebenfalls ein Auge auf uns haben.«
    Zwei Roboter-Bobbys standen vor dem Eingang. Nimrod sah zu Ulysses, sparte sich zwar jeglichen Kommentar, hob jedoch eine Augenbraue in unverhohlener Skepsis.
    »Keine Sorge, altes Haus«, lächelte Ulysses. »Wenn ich die Grauen von Kathmandu und die Hänge des Mount Manaslu überleben konnte, kann mir das Natural History Museum von South Kensington nichts bieten, mit dem ich nicht fertig werden würde.«
    »Gibt es ein Problem, Mr. Quicksilver?«, fragte seine neue Klientin und blickte ihm über die Schulter.
    »Überhaupt nicht, Miss Galapagos.« Mit einem