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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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Wohlbefinden, doch ich denke nicht, dass du die Brechstange einsetzen musst.«
    »Aber es handelt sich um den Affenmann, Sir.«
    Sehr langsam und bedächtig schob sich Ulysses zwischen Nimrod und die Kreatur, hielt dabei seinen Hausdiener mit einer Hand auf Abstand. Trotz dieser entwaffnenden Geste blieb sein Körper angespannt, zum Kampf bereit, wenn es sein musste.
    »Da muss ich dich korrigieren, alter Knabe. Es handelt sich um einen Affenmann, nicht um Professor Galapagos.« Kühn tat Ulysses einen weiteren Schritt, seine Nase hatte er unabsichtlich gegen den Gestank gekräuselt. Er hatte solcherlei Kreatur bereits zuvor gesehen. »Genau genommen nehme ich eher an, dass wir es hier mit einem Homo Neanderthalensis zu tun haben.«
    »Einem was bitte, Sir?«
    »Ein Neandertaler, Nimrod. Evolutionstechnisch gesehen eine Sackgasse, nichtsdestotrotz ein Urahn der menschlichen Rasse. Ich glaube sogar, dass das hier unser Missing Link ist, sozusagen.«
    »Dennoch könnte er gefährlich sein, Sir.«
    Ulysses tat einen weiteren Schritt, senkte seine Taschenlampe und streckte die Hand nach der Kreatur aus. Langsam nahm der Neandertaler die Hände vom Gesicht und erwiderte die Geste, indem er sich Ulysses’ Hand mit einer fleischigen Pranke näherte.
    »Bisher sieht es wohl nicht danach aus, nicht wahr? Abgesehen davon, hast du die Fessel um seinen Fußknöchel nicht gesehen, die in der Wand verankert ist? Ich weiß, das ist ein Klischee – und dieser Kumpane hier könnte vermutlich unser beider Genick wie dünnes Geäst brechen – aber ich denke, er hat mehr Angst vor uns als wir vor ihm.«
    Für einen Augenblick berührten sich ihre Fingerspitzen und Ulysses verspürte eine Art Gemeinsamkeit zwischen ihnen – die Menschlichkeit, die er mit dem gefangenen Neandertaler teilte. Irgendwie wunderte er sich, dass jemand, der ein so großmütiges Wesen wie Geneviève Galapagos gezeugt hatte, so grausam zu dieser Kreatur hatte sein können. Dennoch war der Neandertaler weniger das Haustier des Professors als vielmehr das Ergebnis irgendeines unmenschlichen und unmoralischen Experiments.
    »Nimrod, wenn du bitte das Schloss dieser Fußfessel knacken würdest.«
    »Sind Sie sicher, Sir?«
    »Vertrau mir.«
    Sein Pflichtgefühl überwand die sehr überzeugende Stimme allen gesunden Bedenkens und Nimrod näherte sich der Kreatur. Sie schreckte vor ihm zurück und seine unverzügliche Reaktion war es, dasselbe zu tun. Doch langsam, mit ebenso bedachten wie vorsichtigen Bewegungen, erlaubte die Kreatur ihm, sie von ihrer Kette zu befreien.
    Ein schreckliches reptilhaftes Brüllen hallte dröhnend durch die Dunkelheit des Kellergewölbes; ein trotziges Gebrüll, wie von einem Krokodil in wilder, urzeitlicher Raserei. Es klang nach dem Versprechen eines grausigen Todes. Der Neandertaler heulte vor Angst jämmerlich auf. Ulysses gefror das Blut in den Adern.
    »Nun, was genau war das ?«
    Die Lichter ihrer Taschenlampen stachen in das dunkle Loch gegenüber der Zelle, als ob sie versuchten, die undurchdringliche Finsternis zurück in die Eingeweide der Unterwelt zu schicken, wohin sie gehörte. Stattdessen fanden sie einen eisernen, wie aus einem Guss geschaffenen Kanaldeckel.
    Das reptilhafte Brüllen hallte durch den Raum. Es drang von unterhalb ihrer Füße durch die Schlitze der Eisenplatte herauf. War es der Schrei eines bösartigen Sauriers, der nach dem Ausbruch aus dem Londoner Zoo noch umherirrte oder gehörte es gar zu etwas ungeheuer Schrecklicherem?
    Als das Echo verhallte, konnten sie das Geräusch fließenden Wassers hören, das ebenfalls von unten herauf drang und einen Schwall fauliger Luft mit sich brachte. Was auch immer dieses schreckliche Geräusch verursacht hatte, es lauerte irgendwo dort unten in dem widerlichen Labyrinth des städtischen Kanalisationssystems. Und das war es, wohin nun auch Ulysses Quicksilver gehen musste. Das Schicksal rief. Die Kreatur wartete bereits auf ihn.
     

Kapitel 12
    Ab nach unten
     
    Die verwinkelten, niedrigen Tunnel stanken fürchterlich, was nicht weiter verwunderlich war, da sich Ulysses und Nimrod auf Entdeckungstour im größten Kanalisationssystem der Welt befanden. Abfall, verursacht von Menschen, füllte das System mit fauligen Gerüchen, während braunes Wasser um ihre Fußknöchel wirbelte, manchmal auch bis zu ihren Knien hinauf, und ihre Hosenbeine und Stiefel durchnässte, als sie durch den Dreck stapften.
    Ulysses atmete gerade so viel durch die Nase, wie er musste

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