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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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und konzentrierte sich darauf, seinen Blutdruck nicht allzu sehr ansteigen zu lassen. Er versuchte, möglichst wenig von dem fauligen Geruch aufzunehmen. Nimrod rückte schlicht mit einem permanent naserümpfenden finsteren Blick durch die Tunnel, der seine Gesichtszüge verzerrt wirken ließ. Mit jedem Schritt spürten sie feste Klumpen von was-auch-immer um ihre Beine schwimmen; jedes Mal, wenn sie mit einem ihrer durchnässten Stiefel auftraten, spürten sie, wie sich der schlammige Dreck darunter umwälzte.
    Nach einem abwärtsführenden Schacht hatten sich die beiden Entdecker in einem beengten Betontunnel wiedergefunden. Der Schein ihrer Taschenlampen beleuchtete um die zwanzig Meter innerhalb des Tunnels in jede Richtung und offenbarte mit glitzerndem Schleim bedeckte Wände, währenddessen unaussprechliche Dinge und Getier durch die beharrliche Strömung des Abwasserkanals glitten. Sie stapften weiter vorwärts, darauf bedacht, möglichst leise zu sein. Jeder platschende Schritt, den sie, wie Betrunkene wirkend, in dem verdreckten Strom machten, jedes gesprochene Wort – sogar ihr Geflüster – wurde in unvorteilhafter Klarheit von der höhlenartigen Akustik des Ortes zurückgeworfen.
    Ulysses fragte sich, ob es wohl eines von Professor Galapagos abgebrochenen Experimenten hier herunter verschlagen hatte. Obwohl es danach aussah, als habe er all seine Kreationen in seinem gottlosen Labor verwahrt, hatten eventuell einige degenerierte Dinge überlebt und waren in die Abwässer unterhalb der Stadt entkommen. Sicherlich gab es allerlei Mythen bezüglich der Lebewesen, die in der Kanalisation der größten Stadt des Empires vor sich hin vegetierten, sich versteckten und unbehelligt blieben; von gigantischen Albinosalamandern und Krokodilarten aus antiken Zeiten bis hin zu eher weit hergeholten Gerüchten um eine Sippe kannibalistisch veranlagter Höhlenbewohner. Es war jedoch nicht unwahrscheinlich, dass sich hier unten andere Dinge angesiedelt haben könnten – Dinge, wie beispielsweise die Nachzucht aus diversen Experimenten eines obsessiven Wissenschaftlers.
    Sie hatten den malträtierten Neandertaler in der Kellerkammer zurückgelassen, da er unwillig schien, ihnen in die Kanäle zu folgen; möglicherweise, weil er wusste, was dort unten auf sie wartete, auch wenn er ihnen diesen Umstand nicht mitteilen konnte.
    An jeder Gabelung verharrten sie achtsam in dem Bewusstsein, niemals ganz auf das gefasst zu sein, was ihnen begegnen könnte. Manchmal klang das Gebrüll so nah, dass es hinter der nächsten Ecke des verzweigten Tunnelsystems lauern konnte, und ein anderes Mal klang es sehr weit entfernt, dann wiederum hörten sie beinahe eine Viertelstunde gar nichts mehr.
    War das Reptil oder der Dinosaurier – oder was auch immer es war – auf der Jagd nach ihnen? Witterte er ihr Blut sogar über den erdrückenden Gestank der Abwässer hinweg? Alsbald tat sich nörgelnd ein weiterer Gedanke in einem Winkel von Ulysses’ Verstand auf, den er eigentlich nicht wirklich zu berücksichtigen gedachte: jagten sie vielleicht nach dem transformierten Professor Galapagos, der sich erneut in etwas Fremdes, in eine absolut inhumane Gestalt zurückentwickelt hatte?
    Endlich begann sich der Tunnel zu weiten, die Decke wurde höher, und sie konnten Seite an Seite gehen, ohne sich bücken zu müssen. Weitere dreißig Meter entfernt erschien ein Gang zu ihrer Linken, der sich aus dem Schmutzwasser erhob. Es war eine wahre Erleichterung, endlich die Füße aus dem stinkenden Klärschlamm heben zu können.
    Ulysses hielt kurz inne. Vier Tunnel trafen an dieser Kreuzung zusammen, und jener, den sie sich ausgesucht hatten, wurde nach hinten breiter und höher, während die anderen Durchgänge in einem weiteren mündeten – dem größten von allen. Ein fernes Rauschen deutete an, dass sich in diesem Tunnel die tiefste Stelle der Abwasserkanäle befinden mochte und dieser womöglich in einem steilen Wasserfall münden könnte, der in noch unappetitlichere Tiefen des Kanalsystems hineinführte.
    Ulysses interessierte sich keinen Deut für diesen Tunnel. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe in den Gang, welchem sie sich zugewandt hatten. »Was ist, Sir?«, fragte Nimrod. »Was haben Sie entdeckt?«
    »Jemandes letzte Mahlzeit«, sagte Ulysses und betrachtete die angefressenen Überreste einer Ratte. Ihr Hinterleib war fort, der ölige Glanz ihrer bleichen Eingeweide wirkte im Licht der Lampe wie ein schmieriges Violett-Grau.
    »Und

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