Unscheinbar
könnte Dinge aus der damaligen Zeit wissen, mit denen ebenfalls etwas anzufangen ist.“
„Der Pfarrer kommt eine ganze Weile nicht zurück. Aber für Internet und Sagenbuch weiss ich eine Lösung. Wir müssen zurück zu meiner Mutter. Sie ist wahrscheinlich die einzige, die zumindest in diesem Bezug hilfsbereit ist. Sonst können wir von niemandem etwas erwarten. Sonst noch etwas?“
„Der Balken und der Zapfen. Wir brauchen Jens‘ Akten.“
Ben lachte auf. „Natürlich. Und die Sonne hol‘ ich dir auch gleich vom Himmel.“
Emma verdrehte die Augen. „Das mein‘ ich ernst. Wie kommen wir an die Akten?“
Unschlüssig starrte Ben den Erdboden an. Schliesslich gab er nach. „Jens und Kevin sind im Einsatz. Jens wird uns nicht helfen und Kevin kann uns nicht helfen.“
Ben und Emma sahen sich wissend an. Gleichzeitig öffneten sie den Mund: „Liss.“
„Aber wo ist sie?“, fragte Emma.
„Wenn nicht hier, dann zuhause. Wie passend.“ Ben blinzelte anzüglich, was ihm einen bösen Blick von Emma einbrachte.
Sie gingen zusammen zu Jens‘ Haus. Kurz bevor sie dort ankamen, blieb Ben abrupt stehen. Er zog Emma in den Zwischenraum zweier Häuser. „Du bleibst hier. Wenn wir zusammen bei Liss auftauchen, bekommen wir nichts. Ich habe alleine mehr Chancen. Was denkst du, wonach ich suchen soll?“
Er alleine, mit Liss. Ein feiner Stich traf Emma hinterhältig in der Magengrube.
Sie sammelte ihre Gedanken.
Verdrängen. Auf das akute Problem konzentrieren.
„Der Unfall von Bernard und Käthe. Auf einem Foto in dieser Akte war etwas abgebildet, das aussah, wie durchlöchertes Holz. Daneben lag ein Zapfen. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Und die Polizei offenbar auch nicht. Wahrscheinlich trug es sich zu, wie bei Walter und dir, als ihr den Mini gefilzt habt. Man betrachtete das Holz wohl als unwichtig. Seltsam, aber nicht von Bedeutung. Wie es scheint, ist es aber sehr wohl von Bedeutung. Dann haben wir noch die Marienstatue, die aus ihrem Pavillon gefallen sein soll und Silina erschlagen hat. Das ist in sich schon viel zu seltsam, um wahr zu sein. Ausgerechnet Maria. Suchen wir nach solchen Einzelheiten. Gegenstände, die deplatziert wirken oder eine gewisse Symbolik haben. Ich bin sicher, da gibt es zu jedem Fall etwas. Ob es aus den Akten hervorgeht, ist allerdings fraglich.“
„Das werde ich dir beantworten.“
„Es sind aber einige Akten. Da brauchst du sicher viel Zeit. Mitnehmen kannst du sie alleine des Umfangs wegen nicht. Schon gar nicht auf dem Motorrad. Wenn Liss sie dir überhaupt geben würde. Es ist noch nicht einmal sicher, ob sie dich rein lässt.“
„Sie wird mich reinlassen. Keine Sorge. Was schlägst du bezüglich der Sagen vor?“
„Gib mir die Handynummer deiner Mutter. Ich werde sie anrufen und sie fragen, ob sie uns hilft. Sie ist doch zuhause, oder? Dann lass ich mich von ihr abholen und zu euch nach Hause fahren und fang dort schon einmal mit den Sagen an. Wenn du mehr hast, ruf mich an.“
Emma wusste, in welcher Hosentasche er sein Handy trug. Sie hatte es gesehen, als er es einmal kurz herausgezogen hatte, um einen Blick darauf zu werfen.
Sie griff ohne Umschweife in die Tasche seiner Jeans und zog es heraus. Das Telefon war nicht mit einem Code geschützt. Sie war sofort im Menu, als sie die Tasten entsperrte.
Sehr praktisch.
Emma gab ihre Nummer unter den Kontaktdaten ein und reichte ihm das Handy. „Könntest du?“
Er sah ihr nur verblüfft zu. Was er davon halten musste, wusste er. Er müsste empört sein. Aber er war es nicht. Wenn es etwas anzupacken gab, funktionierte sie offenbar ziemlich effizient.
Beeindruckend.
Emma zog ihr eigenes Telefon hervor. Als Ben nicht reagierte, fügte sie an: „Worunter du deine Mutter gespeichert hast, weiss ich leider nicht. Und in deinen Daten herumwühlen will ich eigentlich auch nicht.“
Ben erwachte aus seiner Starre. Er nahm sein Telefon wieder an sich und diktierte Emma die Nummer seiner Mutter.
„Sehr gut. Dann los. Lass dich nicht von ihr einwickeln.“ Aus einem Impuls heraus zog sie Ben am Kragen seiner Lederjacke zu sich hinunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Während sie an ihm vorbei ging und auf die Strasse trat, wählte sie Alices Nummer und nahm das Handy ans Ohr. Emma warf nur noch einen kurzen Blick über ihre Schulter.
Sie erwischte ihn gerade noch, wie er kurz die Hand auf die Stelle legte, wo zuvor ihre Lippen waren. Dann verschwand das Handy in der Tasche und er
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