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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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sich aus dem Schatten eines Baumes löste. Sie spähte in die Dunkelheit. Dabei passte sie nicht richtig auf. Mit dem Fuss tastete sie nach festem Untergrund. Sie spürte etwas, trat auf und glitt aus. Sie verlor den Halt.
    Bevor sie hart auf der Erde aufkam, war der Umriss bei ihr.
    An ihrer Seite wurde es warm. Die Erde spürte sie auch nicht unter dem Rücken.
    Joschua?
    Hatte sie das gerade ausgesprochen oder nur gedacht? Sie blinzelte benommen. Langsam nahmen die Konturen Form an. Sie wurden zu einem Gesicht. Ein sehr ernstes Gesicht.
    Kein aufheiternder Spruch?
    Sie wollte ihn fragen. Aber die Worte kamen einfach nicht über ihre Lippen.
    Ben setzte Emma kurz ab. Seine Motorradjacke war nicht gerade lang, aber sie schützte zumindest vor der kühlen Luft. Er legte sie ihr wortlos um die Schultern. Ohne die Arme in die Ärmel zu schieben zog er den Reissverschluss zu. Dann hob er Emma einfach hoch, als wäre sie federleicht.
    Wow, dachte Emma noch. Dann fielen ihr die Augen zu.
     
     

Strang 1 / Kapitel 28
     
    Sie hatte hinter ihrer Haustür gewartet. In der einen Hand ihr Telefon, in der anderen die Türklinke. Der Autoschlüssel steckte noch, die Handtasche lag zu ihren Füssen und die Jacke hatte sie auch noch an. Egal, was kommen würde, Alice war startklar. Als sie den Motor ihrer Maschine erkannte riss sie die Haustür auf. „Oh, mein Gott, was ist mit ihr passiert?“ Sie übertönte nur knapp das tiefe Grollen des Motors.
    „Das weiss ich selbst noch nicht. Sie stolperte wie ein angefahrenes Reh den Berg hinunter.“
    „Den Berg hinunter? Wie hast du sie gefunden?“
    "Erklär ich dir später." Ben hatte Emma vor sich hingesetzt. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust. Er sass beinahe auf dem Soziussitz. Eine reichlich ungemütliche Position, um ein Motorrad zu fahren. Zum Glück waren Bens Gliedmassen lang genug.
    Er drehte die Zündung aus und stellte die Maschine auf den Seitenständer, bevor er abstieg. Vorsichtig hielt er sie fest, als er sein Bein über das schlanke Fahrgestell hob. Dann zog er auch sie von der Maschine hinunter.
    Emma half ihm nach Kräften. Sie konzentrierte sich darauf, auf ihren eigenen Füssen zu stehen. Mit seiner Hilfe würde das sicher weitestgehend klappen. Ihre Mühe war aber umsonst. Er nahm sie wieder auf die Arme und trug sie in das Haus. Ohne Umwege steuerte er sein altes Zimmer an. Es war das wärmste Zimmer im Haus, da das Abluftrohr des Kamins im Raum integriert worden war.
    Ben fragte gar nicht erst danach, ob das Chemine eingeheizt war. Er konnte das Knistern des Feuers aus dem Wohnzimmer hören.
    Oben angekommen, setzte er Emma auf die Bettkante.
    „Schön sitzenbleiben. Ich muss noch Handtücher holen.“
    Mahnend hielt er ihr den Zeigefinger unter die Nase. Emma nickte schwach. Sie brachte sogar ein schiefes Lächeln zustande.
    Ben stiess beinahe mit seiner Mutter zusammen, als er das Zimmer wieder verlassen wollte.
    „Handtücher“, sagte Alice knapp und drückte Ben die Frotteewäsche in die Hände.
    Über ihre Schulter hatte sie sich einen Flanellschlafanzug gelegt. „So. Noch einmal. Wie hast du sie gefunden?“
    „Sie hatte sich mit dem Handy den Weg geleuchtet. Nachdem du mir gesagt hast, wo du den Schal gesehen hast, bin ich dorthin gefahren und habe mich umgesehen und das Aufleuchten zwischen den Felsen entdeckt. Schlussendlich musste ich nur noch dem Licht folgen.“
    „Gott sei Dank. Ich habe nichts gesehen, als ich dort vorbei gefahren bin, ausser eben den Schal am Baum. Natürlich habe ich mich gewundert, warum jemand seinen Schal an einen Baum hängt.Ich wusste ja nicht, dass es ihrer ist. Ich habe mir solche Sorgen gemacht, als ich sie auf dem Weg nirgends entdecken konnte, sie auch zuhause nicht antraf und sie auch nicht bei dir war.“
    „Es ist ja nochmal alles gut gegangen.“ Beruhigend legte Ben die Hand auf Alices Schulter. „Sie ist doch ziemlich fit und unbeschadet, findest du nicht?“ Sein verschmitztes Grinsen zeigte sofort Wirkung. Die Anspannung wich aus Alices Gesicht.
    „Recht hast du. Aber bevor sie dir dein Bett versaut, sollte sie in die Badewanne, denkst du nicht? Ist doch eh besser, wenn sie sich dort noch eine Weile auftaut.“
    „Wie ein eingefrorenes Hühnchen. Ins heisse Wasserbad und dann in die Pfanne.“
    Alice versuchte das Lachen zu unterdrücken, es gelang ihr aber nicht ganz. Sie riskierte einen vorsichtigen Blick zu Emma, die immer noch in sich zusammengesunken auf dem Bettrand sass. Angestrengt versucht

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