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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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und wenn du es ihr nicht sagst, dann hol ich sie mir.“ Martin warf seinem Bruder einen vielsagenden Seitenblick zu. „Mein kluger, kleiner Bruder. Alles bekommst du in den Griff. Du bist unser kleines Büchergenie und schmeisst hier alles, was mit Papieren zu tun hat. Undenkbares hast du geschafft. Der Hof floriert und das ist nicht nur Vaters harter Arbeit zu verdanken, sondern auch deinem Geschäftssinn. So viele kannst du überzeugen, dann wird es dir bei Sandrine auch gelingen. Du magst es ihr nicht sagen? Dann schreib ihr! Heute Nacht soll es sternenklar sein. Eindeutig eine Nacht für den Alpsee. Leg ihr einen Zettel aufs Kissen, dass du sie dort treffen willst.“
    Unsicher schaute Gregor in die Richtung, in die Sandrine verschwunden war. „Ja, ich bin der Bücherwurm. Das ist es ja gerade. Was will eine Frau wie sie mit einem Kerl wie mir?“
    „Finde es heraus.“ Herzlich klopfte Martin Gregor auf die Schulter. Dann ging er.
     
    Als Sandrine am späten Nachmittag in ihre Schlafkammer trat, fand sie auf ihrem Kopfkissen eine Nachricht vor. „Um Mitternacht beim Alpsee. Sei vorsichtig!“
    Keine Unterschrift? Das machte nichts. Solch mahnende Worte benutzte nur einer.
     
     

Strang 2 / Kapitel 11
     
    Der See lag etwas oberhalb des Hofes in einer Mulde, die die Natur genau dafür geschaffen zu haben schien. Rundherum fanden sich einige wenige Bäume und darüber wölbte sich mitternachtsblau der Himmel, über und über mit funkelnden Sternen bespickt.
    Pünktlich um zwölf Uhr nachts fand sich Sandrine beim Alpsee ein.
    Aber sie traf niemanden an.
    Etwas verwundert entschloss sie sich zu warten. Anfangs ging sie auf und ab, dann setzte sie sich auf einen Stein und liess den Blick über den See gleiten und über die Natur in die er eingebettet war.
    Nach einer Weile fröstelte sie. Warum kam niemand?
    Das passte nicht zu ihm. War etwas geschehen? Kaum.
    Er kannte den Weg in- und auswendig. Schliesslich waren die Jungs oft hier. Eine tiefe Enttäuschung begann sich breit zu machen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Vielleicht hatte man sich einen Scherz auf ihre Kosten erlaubt. Einen wirklich schlechten Scherz. Aber warum nur? Womit hatte sie das verdient?
    Sie war so tief in ihre Gedanken versunken, dass sie das Rascheln hinter sich beinahe überhört hätte.
    Sandrine horchte auf.
    „Entschuldige.“
    Sie sah sich nicht um. Das musste sie nicht. Sie kannte seine warme Stimme.
    Zögernd trat er näher. „Dddu fragst dich sicher, wwwas das hier soll?“
    „Nun, ich hatte gehofft, ich wüsste es.“ Ihre Worte klangen enttäuscht – was ihn mehr traf, als er geahnt hatte.
    „Aber es war doch seine Schrift auf dem Brief, oder? Warum kommt er dann nicht?“ Als sie sich umdrehte und ihn offen ansah, schimmerten Tränen in ihren Augen.
    Es brach ihm das Herz. Sollte er die Wahrheit sagen? Und sich das Messer selbst noch tiefer in die Brust rammen? Nein. Er würde damit leben müssen, dass ihr Herz nicht ihm gehörte. Und sie musste nie davon erfahren, wer die Notiz wirklich verfasst hatte.
    „Dddu kennst ihn doch. Er hat auf den letzten Mmmetern den Mut verloren.“
    „Und du hast seinen angefangenen Weg beendet?“
    „Uuum dich zu holen, damit du nicht noch lllänger hier draussen sssitzen musst und vergggeblich wartest.“ Antonius reichte ihr seine Hand und half ihr aufzustehen. Dann legte er behutsam den Arm um ihre Schultern.
    Der Geruch ihrer Haare brachte ihn schier um den Verstand.
    Bereitwillig liess sie sich auf die schützende Geste ein. „Du bist ein guter Mann und mir ein wirklich guter Freund. Ich danke dir.“
    Dieser dankbare Blick aus den traurigen blauen Augen würde er niemals vergessen.
    Und ihre Worte, die sein Innerstes versengten wie es nur Gift konnte, ebensowenig.
     
    Erst auf dem Hof unterbrach er den Körperkontakt. Sie hauchte ihm wortlos einen Kuss auf die Wange, drückte noch einmal fest seine Hand in warmer Dankbarkeit und huschte dann ins Haus. Während er alleine draussen zurückblieb.
     
    Vorbei an den Zimmern, hinter derer geschlossener Türen die Schlafgeräusche der Bewohner zu vernehmen waren, schlich sie zum Treppenaufgang, der in ihre Kammer führte. Den Fuss bereits auf der ersten Treppenstufe abgesetzt, stoppte sie in ihrer Vorwärtsbewegung. Hin und her gerissen zwischen weitergehen und umkehren blieb sie stehen. Es war mucksmäuschenstill. Für eine Weile hörte sie nur ihren eigenen Atem. Das silberne Mondlicht, das durch die dicken Vorhänge des

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