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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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einzigen Fensters am anderen Ende drang, tauchte den Gang in ein düsteres Zwielicht.
    Und jetzt, während sie mutterseelenalleine in der dunklen Stille stand, überkam sie ein seltsames Gefühl.
    Plötzlich knackte es hinter ihr. Der Schreck durchfuhr schlagartig jede Faser ihres Körpers. Das Herz polterte ihr gegen die Rippen und der Atem beschleunigte sich. Sie fuhr herum. Aber da war nichts.
    Das Haus. Es war nur das alte, hölzerne Gebälk.
    Aber nein. Da! Da war es wieder! Und stand da nicht jemand? Oder war es nur der Schatten des grossen Bauernschranks?
    Was es auch war, es war zu viel. Sie rannte los. Aber nicht die Treppe hinauf in ihre Kammer. Sie rannte auf ein anderes Zimmer zu, das hinter dem Treppenaufgang lag. Ohne weiter darüber nachzudenken öffnete sie die Tür, schlüpfte aus dem Gang in den Raum.
    Da knackte es wieder. Im Mondlicht blitzt kurz ein helles Augenpaar auf. Dann war der Schatten weg und die Stille kehrte zurück.
     
    Erst als Sandrine die Tür leise und vorsichtig hinter sich verriegelt hatte, gewahrte sie, was sie gerade im Begriff war zu tun. Mit dieser Erkenntnis kehrte auch das rasende Herzklopfen zurück.
    Auch in diesem Raum war das holzgerahmte Fenster nur mit einem schweren Vorhang bedeckt. So war das fahle Mondlicht nicht vollkommen ausgeschlossen.
    Sandrines Augen hatten sich längst an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Sie erkannte die Umrisse des massiven Schranks links vor ihr, des einfachen Tisches aus Tannenholz etwas weiter hinten im Raum auf der rechten Seite, und vor allem diejenigen des Bettes, das mit dem Kopfteil unter dem Fenster, gegenüber vom Tisch platziert war.
    Auf Zehenspitzen schlich sie sich an den Möbeln vorbei auf das Bett zu. Dort setzte sie sich auf die Bettkante und sah auf den Mann hinunter, dessen Gesichtszüge im Schlaf vollkommen entspannt waren. Vorsichtig hob sie ihre leicht zitternde Hand und strich federleicht über seine Wange. Sie wagte kaum, ihn zu berühren. Als er sich nicht rührte, wurde sie mutiger. Einem inneren Drang nachgebend, beugte sie sich nach vorne. Das lange Haar, das ihr ins Gesicht fiel, strich sie sich rasch hinter ihr Ohr.
    Erst hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange, die sie zuvor berührt hatte. Ohne zurückzuweichen öffnete sie die Augen und wartete eine Reaktion ab. Als nichts kam, schloss sie sie wieder. Mit einer Berührung, leicht wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, liess sie ihre Nasenspitze über seine Haut gleiten. Über die Wange, wo der leichte Kuss noch ruhte, zu seinen Nasenflügeln.
    Sie sog das Gefühl jeder Berührung in sich auf. Sein erdiger Geruch weckte ein nie gekanntes Verlangen.
    Bemüht, ihre Nervosität zu unterdrücken, schlug sie erneut die Augen auf und sah auf seine geschlossenen Lider, während sie ihren Mund langsam auf den seinen senkte. Auch dieser Kuss war nicht mehr als eine laue Sommerbrise. Aber diesmal verfehlte er die Wirkung nicht.
    Gregor stöhnte leise auf. Dann legte sich seine Stirn in Falten. Er schloss seine Augen mehrfach fest, bevor er sie schliesslich öffnete. Er sah Sandrine, realisierte es anfangs aber nicht.
    Dann kam die Erkenntnis. Sofort zuckte er leicht zurück. Er wirkte verwirrt und orientierungslos.
    „Sandrine?“ Verschlafen, mit belegter Stimme und nach wie vor schweren Lidern murmelte er ihren Namen. „Stimmt etwas nicht?“
    „So war es. Aber jetzt ist alles in Ordnung.“
    Er verstand nicht. „Aber was…“
    Jetzt oder nie.
    „Ssscht.“ Sie legte ihm den Finger auf den Mund. Gepackt vom Mut der Verzweifelten strich sie mit dem Finger über seine Unterlippe und umschloss sie dann mit ihrem Mund zu einem alles entscheidenden Kuss.
    Er wusste nicht, wie ihm geschah. Und er wusste nicht, wie er reagieren sollte.
    Das änderte alles. Aber nachdenken war in dieser Situation unmöglich. Ihre weiche Berührung, ihr warmer Körper, ihr heisser Mund. Er musste sie haben. Er wollte sie haben. Schon so lange. Und jetzt konnte er sie haben. Endlich.
    Seine Arme umschlossen ihren schmalen Körper, der unter dieser besitzergreifenden Geste wohlig erzitterte. Es war diese Vibration, die ihn wie ein Blitzschlag durchfuhr. Jetzt gab es kein Halten mehr.
    Gierig zog er sie fest in seine Arme. Sein Mund ergriff Besitz von dem Ihrigen. Seine Hände glitten in ihr Haar und krallten sich dort fest. Dann zog er ihren Kopf zurück, um sie ansehen zu können. Ihr Blick war verklärt, als sie die Augen öffnete und gleich darauf ängstlich.
    Aus ihrem Ausdruck

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