Unschuldig!
du noch eine Runde durch dein Zimmer machst, müssen wir einen Pick-up mieten.”
“Nee.” Andrew legte die Angel in den Kofferraum von Coops Buick. “Ich bin fertig.”
Sie drückte ihn fest an sich und erinnerte ihn daran, jeden Tag anzurufen und auf seinen Großvater aufzupassen. “Ich liebe dich, Schatz”, sagte sie und schluckte, während sie versuchte, den Kloß in ihrem Hals zu ignorieren.
“Ich liebe dich auch, Mom.” Er sah zu Steve und streckte ihm die Hand entgegen, dann aber zuckte er nur kurz mit den Schultern und umarmte ihn ebenfalls.
Julia konnte an Steves Gesichtsausdruck erkennen, dass der spontane Liebesbeweis ihn völlig unvorbereitet getroffen hatte. Aber die Fassungslosigkeit hielt nicht lange an. Er hob Andrew hoch und drückte ihn an sich. “Hab viel Spaß, Kleiner.”
“Mach ich.”
Wenige Augenblicke später waren Andrew und Coop angeschnallt und fuhren hupend und winkend los.
Julia biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu weinen, und sah zu, wie der Wagen die Zufahrt entlangfuhr. Als Steve einen Arm um ihre Schultern legte, lehnte sie sich an ihn und war froh über eine körperliche und moralische Stütze an ihrer Seite. “Ich weiß, dass er nicht weit weg ist”, sagte sie. “Und ich weiß auch, dass er in guten Händen ist, aber …”
“Aber du bist seine Mutter und wirst dich immer um ihn sorgen.” Er küsste sie auf die Wange. “Komm mit”, sagte er und drehte sie herum. “Ich mache dir mein sofort wirkendes Allheilmittel.”
Sie sah ihn an, da sie nicht wusste, was sie erwartete. “Was soll das sein?”
“Café Cubano. Der hebt garantiert deine Laune.”
Sie brachte ein Lächeln zustande. “Und er erhöht den Blutdruck.”
“Oh.” Er drückte sie etwas stärker an sich. “Ich hatte gehofft, dass ich das auch ohne künstliche Anregungsmittel schaffen kann.”
Mit einem Lachen folgte sie ihm ins Haus.
“Coop?” Grace sah Julia an, als habe sie den Verstand verloren. “Du hast deinen Sohn, dein Ein und Alles, deinem
Vater
anvertraut? Einem Mann, der seine eigenen Kinder nicht mal vor einer streunenden Katze beschützen konnte?”
“Dad wird gut auf Andrew aufpassen, Mom. Ich weiß, dass du dir wegen seiner Alkoholprobleme Sorgen machst, aber er hat mir geschworen, dass er nie wieder einen Drink anrühren wird, und ich glaube ihm.”
Wenn sie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, war ihre Mutter unerbittlich, und so warf sie Julia jetzt auch einen durchdringenden Blick zu. “Wenn du wolltest, dass Andrew in Sicherheit ist, warum hast du ihn dann nicht zu Charles gebracht? Sein Haus ist eine Festung. Und du kannst über den Mann sagen, was du willst, aber er liebt Andrew und hätte gut auf ihn geachtet.”
“Ich will das nicht abstreiten. Und ich hätte auch kein Problem damit, ihn Charles anzuvertrauen. Vor allem jetzt nicht mehr, wo … sich die Dinge zwischen uns verändert haben.”
“Und warum hast du es nicht gemacht?”
“Weil Andrew sich bei Charles zu Tode langweilen würde. Wenn er aber mal für einige Zeit von zu Hause wegkommt, hat er vielleicht ein wenig Spaß.”
Grace zuckte resigniert mit den Schultern und begann zum dritten Mal, den Stapel Zeitschriften auf dem Couchtisch zu ordnen. “Du bist die Mutter, also nehme ich an, dass ich deinen Instinkten trauen muss. Ich möchte aber feststellen, dass es mir nicht gefällt.”
Sie ließ die Zeitschriften liegen und wandte sich Julia zu. “Geht es Andrew denn gut? Hast du von ihm gehört?”
“Es geht ihm gut. Wir haben telefoniert, bevor ich hergekommen bin.” Sie lächelte. “Ich soll dich von ihm grüßen. Und ich soll dir ausrichten, dass du auch hinkommen und etwas Zeit mit ihm und Coop verbringen sollst.”
Grace' Wangen röteten sich ein wenig. “Das hat er nicht gesagt.”
“Ich schwöre dir, er hat es gesagt. Er hat mich viel über dich und Dad gefragt. Ich habe ihm so viel beantwortet, wie ich konnte, aber ich glaube, den Rest solltest du ihm erklären.”
Grace verzog säuerlich das Gesicht. “Ich habe nichts dazu zu sagen …”
“Mom …”
Grace fuchtelte ungeduldig mit der Hand. “Nicht im Augenblick, Julia, bitte. Ich bin noch zu aufgeregt über das, was dir letzte Nacht zugestoßen ist, da kann ich nicht über meinen nutzlosen Ehemann diskutieren.”
Julia fühlte sich augenblicklich schuldig. “Ich wollte nicht, dass du dir meinetwegen Sorgen machst, Mom. Mir geht es gut, und daran wird sich auch nichts ändern. Steve sorgt schon
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