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Unschuldig!

Unschuldig!

Titel: Unschuldig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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Stuhl auf. “Ich war wütend darüber, dass sie ihr Leben für den ersten Mann wegwerfen wollte, dem sie begegnete. Ein Mann, den sie kaum kannte.” Er atmete tief durch, als bereite er sich auf etwas vor, was er nur schweren Herzens aussprechen konnte. “Ein Kubaner”, sagte er schließlich.
    Julia saß fassungslos da. Diskriminierung war eine Schwäche, die sie nicht mit dem beliebten Exgouverneur in Verbindung gebracht hätte. Charles Bradshaw hatte die letzten vierzig Jahre Geld für die weniger Betuchten – darunter viele Einwanderer aus Mittelamerika – gespendet, damit sie ein besseres Leben führen konnten. Im Amt hatte er sich für höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen eingesetzt, und im Gegenzug hatte sich die hispanoamerikanische Bevölkerung hinter ihn gestellt, seinen Namen bei politischen Veranstaltungen gerufen, gedrängelt und geschoben, um seine Hand schütteln und sich bei ihm persönlich bedanken zu können. So ernst es ihm damit aber auch gewesen war, hatte Charles offenbar entschieden etwas dagegen, dass seine Tochter einen Exil-Kubaner heiraten wollte.
    Er ging zum Fenster und schwieg eine Weile. Seine Finger, die er hinter dem Rücken verschränkt hatte, bewegten sich unablässig.
    Als er wieder sprach, war seine Stimme ruhiger. “Als Sheila mich von New York aus anrief und mir sagte, dass sie einen Mann kennen gelernt hatte, den sie heiraten wollte, dachte ich, das sei nichts weiter als die Schwärmerei eines jungen Mädchens. Das geht vorüber, sagte ich mir. Als ich erkannte, dass sie es ernst meinte, versuchte ich, mit ihr zu reden. Ich sagte ihr, sie sei zu jung, zu impulsiv. Sie hat nur gelacht und gesagt, sie sei einundzwanzig Jahre alt und wisse, was sie mache. Weil ich nichts weiter davon hören wollte, beendete ich das Gespräch an diesem Punkt. Ein paar Wochen später rief sie wieder an, mit einer neuen schockierenden Nachricht. Sie war schwanger. Ich war außer mir vor Wut. Ich sagte ihr, sie wisse gar nichts über Steve Reyes, außer dass er irgendein Reporter war. Vielleicht war er nur hinter ihrem Geld her.”
    “Steve macht sich nichts aus Geld”, konterte Julia, verstummte aber sofort wieder. Warum verteidigte sie ihn? Den Mann, der sie belogen und benutzt hatte?
    “Das weiß ich inzwischen auch.” Charles lachte traurig auf und drehte sich zu ihr um. “Glaub mir, ich habe innerhalb weniger Tage die Erfahrungen eines ganzen Lebens gemacht.”
    Er sprach weiter in diesem flachen, monotonen Tonfall, der so untypisch für ihn war. “Ich stellte ihr ein Ultimatum. Ich sagte ihr, sie solle heimkommen, ansonsten würde ich sie enterben.”
    “O Charles.” Der Gedanke, dass sich ein Vater aus irgendeinem Grund von seinem Kind abwenden könnte, ging über Julias Fassungsvermögen hinaus.
    Ihr missbilligender Tonfall ließ Charles ein paar Mal nicken. “Ich weiß, ich hätte das nicht sagen sollen. Ich habe dafür teuer bezahlt.” Er blickte in die Ferne. “Ein paar Tage später war sie tot.”
    Sein Schmerz war so offensichtlich, dass sich Julias Herz ungewollt verkrampfte. “Das tut mir Leid, Charles.”
    “Es muss dir nicht Leid tun. Ich bin an jeder quälenden Minute meiner Trauer selbst schuld. Ich hätte nie den Mann angreifen dürfen, den sie liebte. Dadurch habe ich sie nur völlig von mir entfremdet.” Mit erhobenem Kopf sah er Julia in die Augen. “Ich bin vielleicht ein erfolgreicher Politiker gewesen, aber als Vater war ich ein völliger Versager. Ich habe meine Kinder geliebt, aber ich wusste nicht, wie ich es ihnen zeigen sollte, zumindest nicht auf die Art, die sie erwarteten. Ich wollte, dass sie erfolgreich wurden, stattdessen habe ich sie unterdrückt. Ich habe eines meiner Kinder gezwungen, das Zuhause zu verlassen. Und meinem anderen Kind habe ich es unmöglich gemacht, irgendetwas anderes zu sein als das, was ich wollte.”
    Er ging hinüber zum Kamin und berührte das gerahmte Foto einer fröhlichen, lächelnden Sheila. “Ich konnte mich nicht mal bei ihrer Beerdigung richtig verhalten.”
    “Wie meinst du das?” fragte Julia leise.
    “Steve kam zum Friedhof, wie ich es auch erwartet hatte. Also bat ich Garrett, ein paar Wachen am Tor aufzustellen. Als Steve auftauchte, haben sie ihn aufgefordert zu gehen.”
    Irgendwie konnte sich Julia nicht vorstellen, dass sich Steve anstandslos wegführen ließ. “Und das hat er mitgemacht?”
    “Er tat es für Sheila, damit es bei ihrer Beerdigung nicht zu einer Szene kommen konnte. Damit

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