Unschuldig!
ich werde am Morgen sofort abreisen.” Er nickte knapp. “Machen Sie meine Rechnung fertig.”
“Meine auch”, sagte Emilie Harris spitz und folgte ihm nach oben.
Entsetzt stand Julia da und sah ihnen nach, während sie sich fragte, was in ihrem Leben wohl noch schief gehen konnte. Innerhalb von nur vier Tagen hatte man sie des Mordes verdächtigt, ihr gedroht, ihr Kind und Geschäft abzunehmen, und jetzt das. Während ihr die Tränen in die Augen schossen, starrte sie auf die Glasscherben zu ihren Füßen. Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr aufregen sollte: dass sie ihre beiden einzigen Gäste verloren hatte oder dass es jemanden gab, der sie genug hasste, um einen Ziegelstein durch ein Fenster zu werfen und sie als Mörderin zu beschimpfen.
Der Wunsch, ihrer Verzweiflung freien Lauf zu lassen, war stark, aber irgendwie schaffte sie es, gegen ihn anzukämpfen. Sie musste sich zusammenreißen, allein schon wegen Andrew.
Während sie hörte, wie im Stockwerk über ihr Türen zugeschlagen wurden, wischte sie die Tränen fort und drehte sich um, erstarrte aber in ihrer Bewegung.
Andrew stand im Durchgang, der die Küche vom Foyer abteilte. Seine Augen waren vor Angst und Fassungslosigkeit weit aufgerissen.
“Andrew.” Rasch legte sie den Ziegelstein und die Zeitung auf einen kleinen Tisch und eilte zu ihm. “Wieso bist du auf?”
“Ich habe Mr. Woods' Stimme gehört.” Seine großen, treuen Augen suchten den Blickkontakt zu ihr. “Er hat gesagt, dass du meinen Dad umgebracht hast.”
Julia verspürte aufwallende Panik. Sie hatte sich so sehr bemüht, Andrew vor dem gehässigen Tratsch abzuschirmen, und jetzt war das Kind wegen eines unachtsamen, wütenden Mannes verwirrter als je zuvor.
“Er irrt sich, Andrew”, sagte sie in einem Ton, von dem sie hoffte, dass er sanft und beruhigend war. “Ich habe deinen Dad nicht umgebracht. Ich würde niemals so etwas tun.”
“Warum hat er das dann gesagt?”
Julia hielt seine Hände und streichelte sie sanft. “Ich weiß nicht, Andrew. Manchmal müssen Menschen jemandem die Schuld geben, und das ist oft ein Ehemann oder eine Ehefrau oder ein anderes Familienmitglied. Aber ich schwöre dir, dass ich es nicht getan habe.” Plötzlich zählte für sie nur noch, das Vertrauen ihres kleinen Jungen zurückzugewinnen. “Du glaubst mir doch, oder?” fragte sie besorgt.
Zu ihrer Erleichterung nickte er nachdrücklich, machte aber immer noch einen verstörten Eindruck, da er an ihr vorbei ins Foyer blickte. “Hat wirklich jemand einen Stein durch unser Fenster geworfen?”
“Oh, das ist überhaupt nichts, Darling.” Sie schaffte es, ihn anzulächeln. “Nur ein paar Kinder, die nichts Besseres zu tun hatten.”
“Mr. Woods hat gesagt, dass jemand auf uns schießen wird.”
Julia nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. “Mr. Woods weiß nicht, wovon er redet. Niemand wird auf uns schießen.”
“Aber wenn diese Leute zurückkommen?”
“Das werden sie nicht.” Als ihre Antwort ihn nicht beruhigte, schob Julia ihn fort von dem Durcheinander auf dem Fußboden. “Ich sage dir was. Warum hilfst du mir nicht, das hässliche Loch zuzumachen? Ich habe in der Garage ein Stück Sperrholz, das ganz genau passt. Das Problem ist nur, dass ich ein Paar kräftige Arme brauche, um es ins Haus zu tragen.” Sie grinste ihn an. “Habe ich einen Freiwilligen?”
Sein beunruhigter Gesichtsausdruck verschwand plötzlich. “Ich helfe dir.”
Zehn Minuten später hatte Julia das eingeschlagene Fenster mit dem Stück Sperrholz zugenagelt. Während Andrew ihr zusah, stieg sie von der Leiter und machte einige Schritte nach hinten, um ihre Arbeit zu begutachten.
“Hmm, nicht schlecht, wenn ich mich selbst loben darf. Was meinst du, Schatz? Habe ich eine Zukunft im Reparieren von Fenstern?”
Andrew verzog das Gesicht. “Ich weiß nicht, Mom. Das Holz ist ziemlich schief.”
Julia legte den Kopf schräg und versuchte, gut gelaunt zu klingen. “Nicht, wenn du es auf diese Weise betrachtest.”
Andrew lachte, sein erstes von Herzen kommendes Lachen, das sie von ihm seit Pauls Tod vor vier Tagen gehört hatte.
Sie fuhr ihm durch seine blonden Haare. “Nachdem wir das erledigt haben, könnte ich dich ja wieder ins Bett bringen, einverstanden? Es ist schon ziemlich spät.”
Er sah sie an, ein Hauch von Verlegenheit huschte über seine Wangen. “Kann ich bei dir im Bett schlafen, Mom? Nur heute Nacht?” Er zögerte
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