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Unschuldig!

Unschuldig!

Titel: Unschuldig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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begonnen, die Rettung seines jüngeren Bruders Ricardo zu planen, der idealistischer als Luis gewesen war und Kuba während Castros Machtübernahme nicht hatte verlassen wollen. Viele Jahre danach, als er erkennen musste, dass die Versprechen des Diktators niemals Wirklichkeit werden würden, war es zu spät.
    Im Frühjahr 1989 war Luis, der eine kleine Charterfluglinie besaß, mit einer seiner Maschinen um Mitternacht abgeflogen. Während er so tief flog, dass Castros Radar ihn nicht erfassen konnte, steuerte er einen verlassenen Strand an der Nordküste Kubas an.
    Die Mission nahm ein tragisches Ende. Luis' Maschine wurde von einer von Castros MIGs abgeschossen, und Ricardo war mit seiner Familie in Havanna geblieben, wo er weiter darauf wartete, dass der kubanische Diktator seine Einstellung zur Einwanderungspolitik änderte.
    Steve verdrängte die unerfreulichen Erinnerungen und bog in südlicher Richtung in die 31st Street ein. Obststände und Zigarrengeschäfte hatten dort Platz gemacht für einfache, gepflegte kleine Häuser mit winzigen Gärten, in denen die Wäsche zum Trocknen aufgehängt wurde. Als er an einem geöffneten Fenster vorbeiging, ließen ihn Salsa-Klänge lächeln, da sie einige lebhafte Erinnerungen aus seiner Zeit als Teenager weckten.
    Das Haus seiner Mutter lag am Ende eines Blocks, ein kleiner Bungalow im Farbton eines Pfirsichs gestrichen. Die gelbe Schaukel, um die er und seine Schwester sich als Kinder immer gestritten hatten, war immer noch da, wurde aber nur benutzt, wenn Lenas Kinder von Coral Gables zu Besuch kamen.
    Wie immer wartete seine Mutter bereits auf dem Fußweg auf ihn. Als sie ihn sah, lächelte sie. Sie war eine große, majestätische Frau mit dunklem Haar, das zu einem glatten Knoten zusammengebunden war, mit hohen Wangenknochen und einem langen, aristokratischen Hals.
    “Du hast gerade Evita verpasst”, sagte sie und küsste ihn auf beide Wangen. Dann fügte sie listig an: “Sie sieht heute sehr hübsch aus.”
    “Gut für Evita.” Er spürte, dass seine Mutter in der Stimmung war, ihn zu verkuppeln, und lenkte sie ab, indem er schnupperte. “Mmm, rieche ich da
puerco asado?”
    Anna Maria Reyes strahlte. “Würde ich irgendetwas anderes kochen, wenn du zu Besuch kommst?”
    “Du verwöhnst mich, Mama.”
    Sie öffnete das kleine weiße Gartentor und ging voraus. “Irgendjemand muss das ja machen.”
    Diese Bemerkung war ihre alles andere als subtile Art, ihn daran zu erinnern, dass er mit achtunddreißig Jahren noch immer nicht verheiratet war. Dieser Zustand war für sie Anlass genug, ihn immer wieder mit einigen der begehrenswertesten, jungen Frauen von Little Havana bekannt zu machen. Evita war natürlich eine von ihnen.
    Steve hatte es nicht eilig zu heiraten oder auch nur eine feste Beziehung einzugehen. Zwar hatte es nach Sheila andere Frauen gegeben, aber keine von ihnen hatte in ihm die Leidenschaft entfacht, die er für eine lebenslange Bindung für erforderlich hielt.
    Arm in Arm gingen er und seine Mutter auf die mit Fliegengittern geschützte Veranda, wo ein Tisch hübsch gedeckt war. Zwei große Gläser mit eisgekühltem Kaffee, das Lieblingsgetränk der Reyes', wartete bereits auf ihn.
    “Hier.” Anna Maria reichte ihrem Sohn eines der Gläser. “Wirst du mir verraten, warum du nicht wolltest, dass deine Schwester heute mit uns zusammen isst?”
    “Weil ich dir etwas sagen muss …”
    Sie warf ihm einen ironischen Blick zu. “Etwas, das sie nicht hören soll?”
    Er lächelte. Seine Mutter hatte es schon immer verstanden, seine Gedanken zu erraten. “Etwas, das sie nicht von mir hören soll. Wenn sie es nämlich von mir hört, fängt sie wieder mit einer ihrer Predigten an, und ehrlich gesagt bin ich dafür nicht in der Stimmung.”
    “Feigling.”
    Steve lachte. “Wenn es um Lena geht, ja. Dieses Mädchen ist brutal.”
    “Wenn Lena ihre Meinung sagt, dann nur, weil sie dich liebt und nur dein Bestes will.”
    Das stimmte. Als Kinder waren er und seine jüngere Schwester unzertrennlich gewesen. Aber irgendwann war ein Augenblick gekommen, da war sie zu seiner großen Schwester geworden, die kostenlos Ratschläge erteilte und ihn wegen seines lässigen Lebensstils kritisierte. Als glückliche Hausfrau und Mutter von zwei ungestümen Jungs war sie außerdem der Ansicht, es sei an der Zeit, dass Steve die Vergangenheit hinter sich ließ und sein Leben wieder in den Griff bekam. So wie er Lena kannte, bedeutete das nichts anderes, als

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