Unschuldig!
haben es zum Unfalltod erklärt.”
“Was quasi bedeutet, dass sie die
Gleic-Éire
-Theorie nicht glauben.”
“Wichtiger ist noch, dass Charles Bradshaw nicht an die Theorie glaubt.”
Der Name verursachte bei Steve einen üblen Nachgeschmack. “Warum nicht? Die haben seine Tochter umgebracht.”
“Er glaubt, dass Pauls Exfrau seinen Sohn ermordet hat. Und das will er auch beweisen.”
“Gibt es irgendwelche Beweise?”
Tim zuckte mit den Schultern. “Nur Indizienbeweise. Sie gibt zu, dass sie zur Tatzeit vor dem Haus von Bradshaw geparkt hat. Dann hat sie es sich anders überlegt, ist nicht hineingegangen, sondern stattdessen wieder zurückgefahren. Jedenfalls sagt sie das.”
Diese letzte Bemerkung weckte erneut Steves Interesse. “Glaubst du, dass sie es getan haben könnte?”
“Vielleicht.” Tim streifte sein Jackett ab. “Aber ich setze mein Geld auf
Gleic Éire.”
Steve dachte an all die Bombenanschläge, für die
Gleic Éire
verantwortlich war, vor allem an den einen, der sein Leben zerstört hatte. “Jemanden aus nächster Nähe zu erschießen, ist nicht deren übliche Vorgehensweise”, bemerkte er.
“Einen kranken, alten Mann von einer Klippe zu stoßen, passt aber auch nicht zu ihnen. Ich verwette ein Jahresgehalt, dass sie es waren. Bradshaw war nicht nur Ratsmitglied, sondern auch Mitglied der Kommission zur Verbrechensbekämpfung und sollte am nächsten Morgen eine wichtige Pressekonferenz geben, die auch im Fernsehen gesendet worden wäre.”
Wieder verriet Steves Gesicht seine Aufmerksamkeit.
“Einige der Bewohner, mit denen sich mein Reporter unterhalten hat, sagen, dass Bradshaw genügend Beweise gegen einen örtlichen Gangsterboss vorlegen wollte, um Anklage zu erheben. Andere meinen, die Pressekonferenz habe
Gleic Éire
gegolten. Ein paar Leute behaupten sogar, Paul hätte das Basislager der Gruppe aufgedeckt, aber das sind pure Spekulationen.” Seine Stimme ließ ein Mitgefühl erkennen, das er nur selten an den Tag legte. “Und du kannst mir glauben, dass ich nicht hier wäre, wenn ich dich bei diesem Job nicht für den besten Mann halten würde.”
Der beste Mann für den Job. Steve unterdrückte ein seine eigenen Fähigkeiten abwertendes Lachen. Das hatte er auch von sich gedacht, als er sich vor acht Jahren daran gemacht hatte, diese Bastarde aufzuspüren. Die Spur eines ehemaligen Soldaten der IRA hatte ihn bis nach Kalifornien geführt, war aber dann im Sande verlaufen, sodass er schließlich hatte einsehen müssen, dass er nicht so gut war, wie er dachte.
Die Möglichkeit, dass sie die ganze Zeit dort gewesen waren, weckte in ihm den Wunsch, seine Faust mit aller Macht gegen eine Wand zu schlagen.
“Wenn sie in Kalifornien sind”, sagte Tim, als hätte er seine Gedanken gelesen, “bist du der Einzige, der sie ausfindig machen kann.”
Steve starrte auf seine Finger, die den Hals der Bierflasche umschlossen. Was würde er nicht alles dafür geben, den obersten Boss zu finden, die Hände um seinen Hals zu legen und zuzusehen, wie er sein Leben aushauchte.
Er hatte oft davon geträumt, es waren Albträume, die immer damit endeten, dass er mit wild pochendem Herzen und schweißgebadet aus dem Schlaf hochschreckte.
Und jetzt eröffnete sich tatsächlich eine Gelegenheit, dass er seinen gesichtslosen Feind zu fassen bekam, einen Mann, von dem manche behaupteten, er sei so diabolisch clever, dass nicht einmal das FBI auch nur eine leise Ahnung von seiner Identität und seinem Aufenthaltsort hatte.
“Ist das FBI informiert worden?” fragte Steve.
“Die örtliche Polizei hat es vor ein paar Tagen in Kenntnis gesetzt, aber man erwartet sich von dort keine große Hilfe. Du weißt, wie wortkarg FBI-Agenten sein können, wenn es darum geht, der Presse Informationen zukommen zu lassen.”
Es folgte eine Stille, die mehrere Sekunden lang anhielt und von keinem der Männer gestört wurde.
“Was sagst du, Kleiner?” fragte Tim schließlich. “Willst du noch einen Anlauf wagen?”
Langsam richtete Steve den Blick auf seinen ehemaligen Boss. “Warum bist du auf einmal so versessen darauf, dass ich die Story mache? Nach dem Bombenanschlag hast du alles unternommen, um mich davon abzuhalten,
Gleic Éire
nachzujagen. Wieso hast du deine Meinung geändert?”
“Acht Jahre sind seitdem vergangen. Du bist ruhiger geworden, du gehst logischer vor. Nach Sheilas Tod warst du wie ein Wahnsinniger. Du hattest keinen Plan, keine Strategie, du wolltest einfach nur
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