Unschuldig!
dass er heiraten und eine Familie gründen sollte.
“Was ist, Stefán?” fragte Anna Maria und sprach ihn mit seinem richtigen Namen an. “Was beschäftigt dich?”
Als er in Fort Lauderdale abgefahren war, hatte er kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt, seiner Mutter nichts von seiner Entscheidung zu sagen,
Gleic Éire
aufzuspüren. Nicht nur, weil sie dagegen sein würde – er wusste, dass sie das sein würde –, sondern auch, weil sie sich um ihn sorgen würde.
Aber bei den Reyes' war es nie üblich, den anderen zu täuschen, und daran sollte sich auch jetzt nichts ändern.
“Tim Malloy war heute bei mir”, sagte er beiläufig. Als sich die Augenbrauen seiner Mutter ein wenig zusammenzogen, erklärte er ihr den Grund für Tims Besuch.
Besorgnis stand in Anna Marias dunklen Augen geschrieben. “Ich dachte, du hättest mit diesen Männern abgeschlossen.”
“Das habe ich auch gedacht.”
“Bist du sicher, dass sie in Kalifornien sind? Oder ist das wieder eine falsche Fährte?”
“Tim glaubt, dass sie dort sind.”
Anna Maria schüttelte missbilligend den Kopf. “Das ist so lange her, Stefán. Kannst du die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Kannst du nicht dein eigenes Leben weiterleben und die Behörden ihre Arbeit machen lassen?”
Steve starrte in sein Glas Eiskaffee. Diese Frage hatte er sich Hunderte Male selbst gestellt, als er diese Bestien gejagt hatte. “Nein”, sagte er nur. “Ich kann es nicht.”
Der forschende Blick seiner Mutter blieb auf ihn gerichtet. “Liebst du Sheila immer noch? Machst du es deshalb?”
Er schüttelte den Kopf. “Nein, Sheila ist tot, und das habe ich akzeptiert. Was ich nicht akzeptiert habe, ist diese Tatsache, dass ihre Mörder davongekommen sind. Ich möchte sie für das zur Rechenschaft ziehen, was sie getan haben, Mama.”
Es war keine wirkliche Überraschung, dass Anna Maria nickte. Sie ist eine bemerkenswerte Frau, dachte Steve. Stolz, mitfühlend und genauso ein Verfechter der Gerechtigkeit wie er selbst.
“Ich denke, ich habe immer gewusst, dass du dich eines Tages wieder auf die Suche nach ihnen machen würdest”, sagte sie mit emotionsgeladener Stimme. “Jedes Mal, wenn ich den Namen
Gleic Éire
in Verbindung mit einem Bombenattentat höre, rechne ich mit deinem Anruf, weil ich denke, dass es jetzt so weit ist. Dass jetzt der Tag gekommen ist, an dem Stefán beschließt, sich wieder auf ihre Spur zu heften.”
Sie sah ihn eine Weile an, dann fügte sie hinzu: “Ich bin dagegen, das weißt du. Welche Mutter wäre das nicht? Aber ich verstehe, warum du gehen musst.” Mit ihren langen, schmalen Fingern berührte sie seine Wange. “Du bist deinem Vater so ähnlich – loyal, leidenschaftlich. Und du hast diesen verrückten Drang, dem Unrecht ein Ende zu setzen. So wie dein Vater.”
Steve stellte das leere Glas auf den Tisch. “Jetzt hörst du dich an wie Lena.”
“Ihr wird das nicht gefallen, das weißt du.”
Er lachte, erleichtert darüber, dass sie diese schwere Hürde überwunden hatten und immer noch lachen konnten. “Darum übertrage ich dir die aufregende Aufgabe, es ihr zu sagen.
Nachdem
ich abgereist bin.”
“Du passt auf dich auf”, sagte Anna Maria ernst.
“Das kann ich dir versprechen.”
Sie nickte kurz. “Gut, dann lass uns jetzt essen, bevor alles kalt ist.”
Augenblicke später genoss Steve den köstlichen Schweinebraten nach kubanischer Art, während er das Neueste aus der Nachbarschaft erfuhr, so wie jedes Mal, wenn er nach Miami kam.
Er holte das Beste aus seinem Besuch heraus, indem er einen Teil des Zauns reparierte, der vom Sturm umgerissen worden war, und er half ihr, den neuen Videorekorder zu programmieren. Da Lenas Kinder solche Videofanatiker waren, war Anna Maria nichts anderes übrig geblieben, als den Sprung ins 21. Jahrhundert zu machen und sich einen Rekorder anzuschaffen.
Gegen sieben Uhr war Steve satt und zufrieden darüber, dass er alles erledigt hatte, was es im Haus zu tun gab. Er versprach ihr noch einmal, dass er auf sich aufpassen werde, gab seiner Mutter einen Abschiedskuss und ging. Bevor er um die Ecke bog, blickte er noch einmal zurück und sah, dass seine Mutter auf dem Fußweg stand und ihm nachwinkte.
Steve winkte ebenfalls.
Es konnte eine ganze Weile dauern, ehe er wieder nach Hause zurückkehren würde.
Er stand am Heck der “Time Out”, die Ellbogen auf die Reling gestützt, während er zusah, wie die Dämmerung blaue Schatten warf.
Eine elegante Donzi mit
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