Unschuldig!
Steve.”
Die Frage überraschte sie nicht. Andrew hatte mehr als einmal eine Bemerkung fallen lassen, wie sehr er sich wünschte, Steve könnte für immer in Monterey bleiben. Seine Anhänglichkeit an den Reporter machte ihr aus einem einzigen Grund Sorgen. Irgendwann würde Steve wieder abreisen, und dann würde er Andrew damit wehtun.
Sie warf ihre Jacke auf einen Stuhl, auf dem bereits drei andere lagen, und setzte sich zu ihm aufs Bett. “Ja, ich glaube, ich mag ihn”, antwortete sie. “Und du?”
“Ich mag ihn sehr”, sagte Andrew ehrlich. “Er ist cool. Er erzählt mir Geschichten von seinem Hausboot in Florida, und wie es einmal fast gesunken ist, und wie er und sein Freund ins Wasser springen mussten.” Er lachte. “Er ist lustig.”
Mit einer raschen Bewegung setzte er sich auf die Bettkante und begann, mit seinen Turnschuhen gegen den Bettkasten zu treten. “Tante Penny sagt, dass er ein Prachtkerl ist.” In seinen Augen war etwas Schelmisches zu sehen. “Findest du auch, dass er ein Prachtkerl ist?”
Julia musste unwillkürlich lachen. “Weißt du überhaupt, was das Wort bedeutet?”
“Na klar. Jimmys Schwester sagt es immer. Sie sagt, dass sie nur mit Prachtkerlen ausgeht.”
Weil Andrew so bezaubernd aussah, ergatterte sich Julia von ihm einen schnellen Kuss. “Ich schätze, dass manche Frauen Steve als Prachtkerl betrachten würden. Ich sehe ihn nicht wirklich so.”
Die Tatsache, dass sie gerade wie gedruckt gelogen hatte, und das auch noch gegenüber ihrem Sohn, ließ Julias Wangen erröten.
Bevor die Unterhaltung zu heikel wurde, gab sie Andrew einen kumpelhaften Klaps auf den Po. “Wie wäre es, wenn du jetzt nach unten gehst und auf Grandma wartest? Die muss jeden Augenblick da sein.”
“Okay.” Er rannte aus dem Zimmer.
Nachdem er gegangen war, tauschte Julia ihre schwarze Hose, die zu schick aussah, gegen eine ausgebleichte Jeans, die mehr zum “Raging Bull” passte. Sie beschloss, die blau gestreifte Bluse anzubehalten, streifte den schwarzen Blazer über und schob die Ärmel nach oben, um ein wenig legerer auszusehen.
Für jemanden, der sich keine Gedanken über sein Aussehen macht, gibst du dir verdammt viel Mühe, Mädchen.
Nein, eigentlich doch nicht, sagte sie sich, während sie ihr Haar bürstete. Nicht wirklich. Immerhin würde sie heute Abend zum ersten Mal seit ihrer Scheidung von Paul wieder mit einem Mann ausgehen. Sie war einfach etwas unschlüssig, weiter nichts.
Aber wenn wirklich weiter nichts war, wie erklärte sie sich dann diese verwirrenden Gefühle, die sie immer empfand, wenn sie an Steve Reyes dachte? Im einen Moment Verärgerung, im nächsten Übermut und freudige Erwartung.
Von ihrer plötzlichen Besessenheit wegen ihrer Kleidung völlig abgesehen.
Zum Glück gingen sie nur ins “Raging Bull” und nicht zu irgendeinem romantischen, abgelegenen Restaurant mit Kerzenlicht, wie Penny vorgeschlagen hatte. Dann hätte Julia Grund gehabt, sich Sorgen zu machen.
Was Steve anging, so würde sie ihn schnell wieder in die richtige Richtung lotsen, sollte er auf andere Ideen kommen, die über gutes Essen und angenehme Unterhaltung hinausgingen.
Schließlich war sie kein naiver Teenager mehr. Auch während ihrer Ehe mit Paul war ihr mehr als ein Romeo untergekommen, und sie hatte immer gewusst, wie sie mit ihm umgehen musste.
Nachdem das geklärt war, ging sie den Inhalt ihrer schwarzen Handtasche durch, warf ihren Lippenstift hinein und zog den Reißverschluss zu. Spontan nahm sie die Flasche Joy, die Penny ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, und sprühte ein wenig von dem teuren Parfüm hinter ihre Ohren.
Während sie sich weigerte, ihre letzte Handlung zu analysieren, machte sie das Licht aus und ging aus dem Zimmer.
Das “Raging Bull” war wie immer überaus gut besucht, als Steve und Julia um kurz nach sieben eintrafen. Da Julia eine der Kellnerinnen kannte, wurden sie schnell zu einem Tisch für zwei Personen im hinteren des Teil des Lokals gebracht. Die Kaugummi kauende Blondine nahm den Bleistift, den sie sich hinters Ohr gesteckt hatte, und deutete auf eine Schiefertafel, auf der die Tagesgerichte mit grüner Kreide geschrieben standen, nahm die Getränkebestellung auf und zog sich zurück.
Mit einem Blick auf die voll besetzte Bar und den konstanten Fluss an Besuchern, die ins Lokal drängten, nickte Steve zustimmend. “Sieht nach einer guten Wahl aus.”
“Wenn man Steaks mag und über den Lärm hinweghören kann, dann
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