Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
dann werden im Gedächtnis mehrere verschiedene Netzwerke aktiviert. Wenn man dagegen zunächst einmal Sicherheit herstellen muss, so zeigt die Forschung, verengt sich die Wahrnehmung, und man beginnt im Gedächtnis konzentriert nach gut erprobten Auswegen und Lösungsmöglichkeiten zu suchen. So werden Sie keinen kreativen Lösungsprozess in Gang setzen, wenn bei Ihnen eines Tages plötzlich das Wohnzimmer zu brennen anfängt. Vielmehr suchen Sie einen Ausweg, den Sie kennen, ohne ein Risiko einzugehen und sich selbst einen besonderen Erfindungsgeist beweisen zu müssen. Sie laufen raus, rufen die Feuerwehr und alarmieren die Nachbarn. Kreatives Denken erfordert jedoch Sicherheit; dazu gehört im Übrigen auch finanzielle Sicherheit, denn Kreativität muss man sich im wörtlichen wie im übertragenen Sinne leisten können. Wenn Ihnen nur ein begrenztes finanzielles Budget zur Verfügung steht, dann werden Sie nicht mit einem teuren Steinbutt herumexperimentieren, sondern sich genau an das Rezept der Fernsehköchin halten; wenn Sie dagegen Steinbutt im Überfluss haben, fangen Sie an, ihn auf ungewöhnliche Art und Weise zuzubereiten. Wenn Sie aus Geldmangel nur einmal in fünf Jahren in Urlaub fahren können, suchen Sie sich ein Ziel aus, das garantiert Spaß machen wird, und lehnen kreative Lösungen lieber ab: also lieber sichere Sonne auf Mallorca (wo man schon einmal gewesen ist) als eine abenteuerliche Schifffahrt durch die Mecklenburger Seenplatte (die man, so man Wessi ist, noch nie gesehen hat und die auch nicht unbedingt Schönwetter garantiert). Kreativ denken und handeln Menschen dann, wenn sie sich sicher fühlen und ihre Basisbedürfnisse befriedigt sind.
Hier kommt die Maus!
Die Geschichten von Mark-Rüdiger und Zö haben deutlich gemacht, dass Erziehung bei der Entwicklung von Bedürfnissen eine große Rolle spielt. Wie eben gezeigt kann man aber auch Situationen von Sicherheit bzw. Unsicherheit herstellen. Und man kann Menschen subtil zu einem annähernden oder vermeidenden Verhalten verleiten und sie dadurch kreativer oder analytischer machen. Letztere Idee war für Ron Friedman und mich ausschlaggebend für die Entwicklung der Maus , einer Aufgabe, die bei Versuchsteilnehmern Kreativität oder analytisches Denkvermögen auslösen sollte. 22
Wie Sie sehen, sind das Labyrinth und die Maus in beiden Versionen gleich, und die Aufgabe ist auch immer dieselbe: Finde den Weg für die Maus! Während in der Version, die den Promotion-Fokus einleiten soll, die Maus zu einem Käse geführt werden muss, soll sie in der anderen Version, die den Prevention-Fokus aktivieren soll, vor einer Eule gerettet werden. In der Promotion-Fokus-Version bewegt man sich für die Dauer von circa ein bis zwei Minuten – so lange also, wie man braucht, um die Aufgabe zu lösen – stetig auf eine Belohnung zu, während es in der Prevention-Fokus-Version darum geht, in das Mauseloch zu gelangen und damit in Sicherheit.
Wir ließen die Versuchsteilnehmer je eines der Labyrinthe lösen und baten sie dann, sich einer anderen, damit nicht zusammenhängenden Aufgabe zu widmen, nämlich der oben beschriebenen Ziegelstein-Kreativ-Aufgabe. Später ließen wir von Experten die Kreativität der dafür abgegebenen Lösungen einschätzen und fanden heraus, dass nach der Lösung des Promotion-Fokus-(Käse-)Labyrinths die Kreativität signifikant angestiegen, während sie nach der Lösung des Prevention-Fokus-(Eulen-)Labyrinths abgefallen war.
Solche Forschungsergebnisse lassen sich freilich nicht eins zu eins auf den Alltag übertragen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie nach der Käselabyrinthaufgabe wirklich kreativer sind. Schon gar nicht, wenn Sie wissen, was sie bewirken kann. Aber darum geht es auch gar nicht. Vielmehr versucht man in Experimenten wie diesen die generelle Idee bzw. Theorie des regulatorischen Fokus zu bestätigen: nämlich, dass man Kreativität beeinflussen kann, indem man Menschen in eine Situation versetzt, in der sie vorsichtig sind oder eifrig ein Ziel verfolgen – und dass solche Prozesse prinzipiell unbewusst ablaufen können. Subtile Stimulationen oder die Präsentation von Objekten, die mit Wachstum zu tun haben (die Maus zum Käse führen) können unbewusst zu einer Aktivierung vieler unterschiedlicher Assoziationsnetze führen; hat man dagegen Sicherheit vor Augen (die Eule als Gefahr), wird automatisch eine naheliegende Assoziation aktiviert. Sind solche gedanklichen Prozesse erst einmal
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