Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Studien zeigen, wie begrenzt menschliche Selbsterkenntnis ist. Weder wissen wir, was uns alles beeinflusst, noch erkennen wir, auf welcher psychologischen Basis – Vernunft oder Bauch – unser Urteil gerade beruht. Es ist ja nicht nur der Rechtsdrall, der uns unwillentlich beeinflusst, sondern auch zahlreiche andere oberflächliche Reize wie die Farbe des Etiketts, die Freundlichkeit des Verkäufers, die Aufmachung des Verkaufsdisplays oder ob der Inhalt »light« oder »bio« ist, haben Auswirkungen auf unsere Entscheidungen. Und selbst wenn wir um einen Einfluss wissen, wie jetzt um den Rechtsdrall, ist es anstrengend und auf Dauer nervtötend, sich bei jedem Produkt bewusst zu machen, ob es rechts oder links liegt oder was uns sonst noch bei unserer Wahl beeinflussen könnte.
Ob wir mit dem Griff nach rechts tatsächlich einen großen Fehler begehen, hängt wiederum allein von einer genauen Analyse der wirklichen Kosten und Nutzen ab. Reduziert er meine Entscheidungszeit und führt dazu, dass ich mich schnell wieder anderen, wichtigeren Dingen als dem Sockenkauf widmen kann, dann können die damit verbundenen Kosten durchaus gering ausfallen bzw. kann der Zeitgewinn sogar von Nutzen sein. Was schert mich die Tatsache, dass andere Socken zwei Wochen länger halten als die, zu denen ich gegriffen habe? Vermutlich würde ein Sockenexperte eine bessere Wahl treffen und nicht wie ich auf die rechts liegenden Socken hereinfallen. Aber will ich mich wirklich so lange mit einer so uninteressanten Materie wie Socken befassen, nur um letztlich ein paar Euro zu sparen? Zudem wissen wir aus unserer Forschung, dass Menschen, die eine Entscheidung treffen müssen, gestresst sind; sie fühlen sich im Allgemeinen nach einer Entscheidung besser als davor . Eine Entscheidung zu treffen kostet Kraft und Energie, es stellt ein Problem dar, das es zu lösen gilt. Und Routinen helfen uns dabei. Bleibt die Frage, wie wir uns diese Automatismen psychologisch vorzustellen haben. Sehen wir uns das Gedächtnis noch einmal im Hinblick auf die Selbstregulation an.
Immer locker bleiben!
Die Forschung von Nisbett und Wilson mag einen beunruhigen. Ich habe jedoch daraus gelernt, mich in manchen Entscheidungssituationen entspannt zurückzulehnen. Reicht man mir in einem mir fremden Restaurant die Speisekarte, lese ich sie selten sorgfältig von Anfang bis Ende durch, sondern entscheide mich schnell für zwei Optionen, die mich spontan anlachen, lasse den Kellner später zwischen den beiden entscheiden und amüsiere mich lieber weiter über Gustafs Meckereien, was das Geschirr angeht. Ich werde eh nicht nur durchs Lesen herausfinden, was sich hinter Gerichten wie »Bauernhuhn mit Trüffel-Kastanien-Füllung« oder »Wildschwein mit Kirschschaum« wirklich verbirgt. Manchmal ist eine vernünftig aussehende Vorgehensweise, weil zeitraubend und hoffnungslos das Ziel verfehlend, schlichtweg unvernünftig. Lassen wir uns doch manchmal einfach von einem spontanen Eindruck verführen – Sie haben ja schon gesehen, hinterher verteidigen wir unsere Entscheidungen sowieso.
Im Gegensatz zu unserem Rechtsdrall basieren viele Heuristiken auf relativ vernünftigen Grundlagen. Finde ich es ethisch nicht vertretbar, dass ein Huhn in Käfigen gehalten wird, ist das Kaufen von als Bio ausgezeichnetem Geflügel zweckdienlich. Diese Heuristik Bio = gut ist aufgrund reiflicher Überlegung und auf der Grundlage vieler Informationen zustande gekommen und führt mich sicher und schnell zu meinem Ziel. Eine solche Heuristik wird nur dann zu Fehlentscheidungen führen, wenn mich jemand betrügen will, indem er zum Beispiel Broiler fälschlicherweise als Bio ausweist – was in Europa möglich, aber doch recht unwahrscheinlich ist. Wie im vorherigen Kapitel bereits angesprochen, sind Automatismen nicht per se fehlerbehaftet, sondern haben lediglich einen so schlechten Ruf, dass viele beim Speisekartenlesen oder wenn sie andere triviale Entscheidungen treffen müssen, so finster dreinblicken, als ginge es darum, die Aufklärung und das gesamte Abendland um jeden Preis (z. B. um den der Stimmung, der Zeit und der Energie) gegen den Angriff böser Buben zu verteidigen. Entspannen wir uns!
Häufigkeit und Zeitnähe:
Salz und Pfeffer des Gedächtnissystems
Wie wir gesehen haben, beginnt ein Entscheidungsprozess bei der Aktivierung von Assoziationen, etwa rechts = gut oder Bio= gut oder Frau = sozial kompetent. Und zwar sowohl wenn wir spontan handeln – dann müssen
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