Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
geschrieben hat. Eine solche Belohnung fruchtet allerdings vor allem dann, wenn das Kind keine eigene Motivation mitbringt. Andernfalls, so haben Experimente gezeigt, kann die eigene Motivation durch Belohnungen korrumpiert werden. Wenn ein Kind gerne und mit großer Leichtigkeit Russisch lernt, plötzlich aber dafür belohnt wird, schließt es daraus, so als würde es sich selbst von außen beobachten: »Wenn mir jemand für das, was ich tue, etwas gibt, muss ich nicht unbedingt motiviert sein, es zu tun.« Der Wert der Aufgabe sinkt, die Motivation nimmt ab. Es ist wenig wahrscheinlich, dass ein Kind Ihnen solche Motivationsveränderungen und die Gründe dafür genau darlegen kann, denn auch diese Gedankenschleifen sind uns nicht immer bewusst.
Dieser Korrumpierungseffekt wurde in vielen Studien nachgewiesen, aber er hat auch seine Grenzen. Externe Verstärker bewirken nicht immer das Gegenteil, und so haben Gehaltserhöhungen, Schulterklopfen oder liebe Aufmerksamkeiten als Motivatoren durchaus ihren Nutzen. Die Wirkung solcher externen Verstärker kann erhöht werden, wenn man uns selbst an ihrer Höhe demokratisch mitwirken lässt. Ein Fabrikarbeiter, der mit darauf Einfluss gehabt hat, wie er und die anderen bezahlt werden, ist auch bei guter Bezahlung hoch motiviert. Weil er das Gefühl hat, die Motivatoren in der Organisation mit zu kontrollieren, erlebt er sich wenigstens zum Teil als selbstbestimmt. Wird ohne Mitspracherecht der Angestellten über eine Gehaltserhöhung entschieden, liegt der Schluss nahe, dass die Motivierung allein von außen kommt.
Paradoxerweise darf die Belohnung nicht direkt auf eine Leistung folgen. Folgt sie der Leistung auf den Fuß, schließt der Empfänger daraus, dass man ohne eigentlich keine Lust auf die Aufgabe hatte, und es wird ein eher demotivierender Bezug zwischen Arbeit und Belohnung hergestellt. Aber ein gutes Gehalt korrumpiert die Motivation nicht unter allen Umständen: Schließlich werden Gehälter in den meisten Berufen monatlich gezahlt und sind damit zeitlich unabhängig von einer Leistung. Dazu kommt, dass der Bonus häufig inhaltlich unabhängig von einer Einzelleistung ist. Hohe Löhne können deshalb positive Effekte zeitigen. Wichtig ist allein, dass die Belohnten eine Einzelleistung vom Lohn unterscheiden, in dem Sinne: »Ich habe auch ohne Belohnung gut gearbeitet, mein Gehalt kriege ich ja sowieso. Ich muss also motiviert sein.« Das Problem an zeitnaher und inhaltlich stark bezogener Belohnung ist, dass man nicht mehr genau auseinanderhalten kann, was einen motiviert, man selbst oder ein Anreiz von außen.
Hört sich kompliziert an? Ist es aber nicht. Wir alle kennen eine alltägliche Situation, bei der wir dies alles, ohne groß nachzudenken, vollkommen richtig machen: beim Sex. Oder haben Sie schon einmal direkt nach einer Liebesnacht ein Geschenk gemacht? Natürlich nicht. Man würde sich ja wie eine Prostituierte vorkommen, wenn dem Orgasmus sofort die lang ersehnte Einbauküche oder der Porsche folgte. Die Weisheit, »Schenke nicht in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Akt, der an sich Spaß macht«, spiegelt unser intuitives Verständnis um den Korrumpierungseffekt wider.
Anfeuern statt Kneten
Wie Decy und Ryan gezeigt haben, gibt es eine Form von Verstärkung, die durchaus gleichzeitig mit der Leistung erfolgen kann, ohne dass man Motivation einbüßt: das Anfeuern. In ihrem Experiment haben sie die intrinsische Motivation aus der Zeit erschlossen, die Versuchsteilnehmer freiwillig mit einer Aufgabe verbrachten, an der sie vorher schon gearbeitet hatten. Die Versuchsleiter hatten die Teilnehmer gebeten, ein Puzzle zu legen, und sie dabei entweder angefeuert oder mit Dollars belohnt. Eine Kontrollgruppe wurde nicht belohnt. Nachdem die Probanden diese Aufgaben zu Ende geführt hatten, verließ der Versuchsleiter den Raum. Die Versuchspersonen bat er, noch ein bisschen zu warten und in der Zeit zu machen, was sie wollten. Neben Magazinen, Spielen und anderen Dingen lag auch noch das Puzzle im Labor herum. Durch eine Einwegscheibe beobachteten die Versuchsleiter, ob und wie lange sich die Probanden aus eigenem Antrieb mit dem Puzzle beschäftigen würden. Es zeigte sich: Waren sie vorher angefeuert worden, spielten sie länger damit als Versuchsteilnehmer der Kontrollgruppe, die überhaupt nicht motiviert worden waren. Am wenigsten griffen aber die Versuchspersonen zu dem Spiel, die mit Dollars für ihre Leistungen belohnt worden waren. Während
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