Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
nur gelobt werden, weil der andere etwas im Schilde führt, wirkt es ebenfalls nicht. Lob muss authentisch rüberkommen, nur dann beziehen wir es auch auf unsere eigene Leistung.
Wie die Forschung von Jennifer Crocker eindrucksvoll zeigt, kann der Effekt besonders dramatisch sein, wenn Minderheiten oder benachteiligte Menschen gelobt werden. In ihren Experimenten wurden schwarze Versuchsteilnehmer von weißen Versuchsleitern gelobt. In der einen Versuchsgruppe hatten die schwarzen Versuchspersonen Augenkontakt mit den weißen Versuchsleitern; in der anderen gab es keinerlei Kontakt, und die Probanden hatten den Eindruck, der Versuchsleiter wüsste nichts über alle Teilnehmer außer das Ergebnis eines Tests, den sie durchführen sollten. Nachdem das Resultat feststand, bekamen alle Versuchsteilnehmer das gleiche Lob. Die Ergebnisse zeigten, dass bei denjenigen Schwarzen, die dachten, sie würden quasi anonym und nur nach Leistung beurteilt, der Selbstwert stieg. Bei denjenigen hingegen, die von den weißen Beurteilern gesehen wurden, sank der Selbstwert – obwohl sie gelobt worden waren. Sie dachten offenbar, dass der Weiße sie nur aus Mitleid, Freundlichkeit oder politischer Korrektheit mit Lob bedacht hatte.
In zwei weiteren Gruppen erhielten die schwarzen Versuchsteilnehmer von einem weißen Versuchsleiter negatives Feedback, teils anonymisiert, teils direkt. Und auch hier war zu beobachten: Negatives Feedback, das von einem Weißen kam, von dem die Probanden wussten, dass ihm ihre Hautfarbe bekannt war, wurde von ihnen nicht ernst genommen. Ihr Selbstwert sank trotz negativer Rückmeldung nicht. Jedoch sank der Selbstwert bei denen, die glaubten, fair, sozusagen »farbenblind« beurteilt worden zu sein.
Die Ergebnisse von Crocker zeigen, wie schwierig es ist, Menschen zu motivieren, deren Grundvertrauen durch jahrelange Diskriminierungen zerstört worden ist. In einem solchen Fall muss das Vertrauen sowohl in den Beurteiler als auch in das Feedback erst langsam aufgebaut werden. Nur eine Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung kann ungewollte Interpretationen verhindern. Zudem hilft es, Lob und Tadel so konkret wie möglich zu formulieren, sodass wenig Raum für ungewünschte Interpretationen bleibt.
Allgemeiner Wertzuwachs?
Schon in Prinzip 3 hatte ich anklingen lassen, dass der Wert eines Zieles mit der Nähe der Zielerreichung zunimmt. Je näher wir einem Ziel sind, umso mehr Energie investieren wir, um es zu erreichen. Während wir drei Wochen vor dem Examen noch relaxt unsere Bücher zusammensuchen, wächst eine Woche vor dem Prüfungstermin unser Arbeitspensum mit jedem Tag ebenso wie die Freude darüber, dass es bald hinter uns liegt. Gleichzeitig nimmt die Angst zu versagen zu. Schließlich, am Abend vor dem Examen, strengen wir uns noch einmal so richtig an, versuchen früh schlafen zu gehen und uns vorher die wichtigsten Dinge noch einmal anzusehen. Mit anderen Worten: Wir optimieren unseren Energieaufwand: Das Ansteigen unserer Motivation, je näher wir unserem Ziel kommen, ist ein wichtiger selbstregulatorischer Akt.
Nira Liberman und ich haben dieses klassische Phänomen genauer unter die Lupe genommen. Wie ich in Prinzip 4 gezeigt habe, denken Menschen über ihre Zukunft relativ abstrakt nach; alles, was die Gegenwart betrifft, ist dagegen relativ konkret. Das heißt: Konkrete Aspekte rücken mit der Zeit näher, und abstrakte Aspekte rücken in den Hintergrund. Sind konkrete Ziele also auch motivierender, je näher man ihnen kommt?
Untersuchungsmarathon
Um das herauszufinden, schrieben wir in Bremen Laufgruppen an und fragten, ob sie bereit wären, an einer Untersuchung zur Motivation teilzunehmen. Einige Läufer ließen sich auf das Experiment ein. In einem ersten Gespräch baten wir die Versuchsteilnehmer, uns zu sagen, warum sie bei der Laufgruppe waren. Einige hatten relativ konkrete Ziele wie »10 Pfund in einem halben Jahr verlieren« oder »500 Kalorien per Lauf verbrennen«. Andere nannten abstrakte Ziele wie »Gesundheit verbessern« oder »etwas für mich tun«. Da abstraktere Ziele, wie wir in Prinzip 4 gehört haben, in der Zukunft liegen, so argumentierten wir, würden diese Läufer ihre motivierende Kraft mit der Nähe zum Ziel eher verlieren. Mit anderen Worten, bei einem bestimmten Lauf sollte ein Ziel wie »fit bleiben« immer weniger motivieren, je länger ich laufe. Die Motivation bei konkreten Ziele, wenn ich etwa 500 Kalorien verbrennen will, steigt dagegen mit der
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